Früher wurde bei mir als Kind ADHS diagnostiziert. Ich war ein sehr hyperaktives Kind – laut, zappelig, immer im Mittelpunkt und voller Energie. Ich konnte nie still sitzen, hab ständig geredet und wollte immer die Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Ich war wirklich sehr selbstbewusst – mir war egal, was andere über mich denken. Wenn man sich heute Familienvideos anschaut, merkt man direkt: Ich war einfach anders.
Leider kam das nicht immer gut an. Viele mochten mich nicht, weil ich so laut, hibbelig und oft ungeduldig war. Ich konnte niemanden ausreden lassen und war oft einfach „zu viel“. Freunde hatte ich deshalb auch nicht viele.
Nach der Diagnose bekam ich über acht Jahre lang Medikamente – zuerst Medikinet, später Concerta. In der Pubertät habe ich sie dann auf eigenen Wunsch einfach abgesetzt. Damals habe ich keine große Veränderung gespürt, aber heute denke ich, dass das nicht ganz ohne Folgen geblieben ist. Ich glaube, dass dadurch mit der Zeit auch depressive Phasen kamen, viele Selbstzweifel, und mein Selbstbewusstsein, das früher so stark war, ist langsam verschwunden.
Ich hab viele Jahre lang versucht, das Thema ADHS zu verdrängen, weil es mir richtig unangenehm war. Meine Mutter hat das oft vor anderen erwähnt – zum Beispiel, wenn ich mich mal nicht “angepasst” verhalten habe, kam gleich: „Meine Tochter hat ADHS.“ Das war für mich sehr beschämend, und irgendwann habe ich begonnen, mein Wesen zu unterdrücken. Ich wurde ruhiger, angepasster – aber irgendwie auch trauriger.
Heute bin ich erwachsen, Mutter eines wundervollen Kindes und irgendwie merke ich: Das ADHS ist noch da. Gerade im Alltag als Mutter merke ich oft, wie schnell ich den Überblick verliere, tausend Dinge gleichzeitig mache, alles anfange, aber nichts zu Ende bringe, ständig Sachen vergesse, meine Gedanken laut sind und ich innerlich einfach unruhig bin.
Seit etwa einem halben Jahr setze ich mich wieder bewusst mit dem Thema auseinander und akzeptiere zum ersten Mal so richtig, dass ich wohl wirklich ADHS habe. Ich hatte bereits ein Vorgespräch und einen Fragebogen ausgefüllt – die Fachleute meinten dort auch, dass der Verdacht ziemlich deutlich ist. Ich habe jetzt bald meinen Termin für die offizielle Diagnostik und soll danach eventuell wieder medikamentös eingestellt werden.
Jetzt meine Frage an euch:
Wer von euch nimmt (wieder) Medikamente im Erwachsenenalter?
Wie habt ihr euch nach Beginn der Medikation gefühlt?
Hat sich euer Alltag verändert – vielleicht sogar verbessert?
Habt ihr das Gefühl, wieder mehr Selbstvertrauen oder ein klareres Selbstbild zu bekommen?
Konntet ihr euer „Ich“ besser leben oder wiederfinden?
Ich bin mir über mögliche Nebenwirkungen bewusst – und wie gesagt, ich hab früher schon jahrelang Medikamente genommen. Aber ich frage mich wirklich: Kann man durch die richtige Behandlung wieder mehr zu sich selbst finden? Wird es leichter im Alltag? Fühlt man sich „stabiler“?
Ich freue mich auf eure Antworten .
Liebe Grüße !!