Zeitdilatation - ein Widerspruch?

5 Antworten

Nach der speziellen Relativitätstheorie müsste aus dem Bezugssystem von Uhr B in Uhr A die Zeit langsamer verlaufen sein.

ja, das ist korrekt. und zwar nicht nur aus dem Bezugssystem von uhr B aus betrachtet, sondern diese aussage gilt natürlich in jedem bezugssystem.

die zeit welche uhr A anzeigt lässt sich berechnen mit 

Integral[0,T] dt Wurzel[1-(v(t)/c)²], 

wobei T die zeit auf uhr B bei der rückkehr von uhr A ist, und v(t) die geschwindigkeit von uhr A relativ zu Uhr B zum zeitpunkt t (im bezugssystem von uhr B).

Aus dem Relativitätsprinzip folgt aber, dass man aus dem Bezugssystem von Uhr A auch die Uhr B als nahe der Lichtgeschwindigkeit beschleunigtbetrachten kann...

nein, das ist nicht korrekt und hier liegt auch dein Fehler. das relativitätsprinzip der SRT beschränkt sich auf inertialsysteme.

und durch die beschleunigung von uhr A befindet sie sich nicht (zumindest nicht die ganze zeit über) in einem inertialsystem. während einer gleichförmigen bewegung ist es dasselbe uhr B als ruhend und uhr A als bewegt oder uhr A als ruhend und uhr B als bewegt anzusehen. während einer beschleunigten bewegung von uhr A gilt das aber nicht mehr.

falls sich uhr A während des fluges irgendwann einmal gleichförmig bewegt, dann kann man für diesen flugteil tatsächlich das relativitätsprinzip der SRT anwenden und folgern, dass für uhr B die zeit von uhr A langsamer läuft und für uhr A die zeit für uhr B langsamer läuft (was kein widerspruch ist, nur ein ausdruck der relativität der gleichzeitigkeit).

das von dir beschriebene szenario beinhaltet aber dass uhr A auch beschleunigt, und damit gilt dies nicht mehr.

Welche Uhr würde welcher nachgehen....

uhr A geht nach (um den oben beschriebenen betrag)

...und wieso?

siehe oben

SlowPhil  06.03.2019, 23:35
das relativitätsprinzip der SRT beschränkt sich auf inertialsysteme.

Ich würde es nicht „das Relativitätsprinzip der SRT“ nennen, sondern einfach das Relativitätsprinzip. Als Prinzip - was etwas anderes ist als konkrete Umrechnungsformeln - stammt es bereits von GALILEI. Ein neues Prinzip hat EINSTEIN nicht eingeführt, sondern GALILEIs Relativitätsprinzip als Erster konsequent und ohne Rückgriff auf metaphysische Begriffe wie den des Äther auf MAXWELLs Elektrodynamik und insbesondere auf seine Wellengleichung angewandt. Ansonsten hast Du natürlich völlig Recht.

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SlowPhil  04.01.2021, 13:56
das relativitätsprinzip der SRT beschränkt sich auf inertialsysteme.

Das dachte ich vor zwei Jahren auch, aber das stimmt nicht ganz. Das Ruhesystem des Erdbodens und ein Koordinatensystem, in dem sich der Erdboden als riesiges Laufband darstellt, auf dem ein Zug permanent auf der Stelle rollt, sind auch untereinander äquivalent, aber sie sind beides keine Inertialsysteme.

Ihre jeweilige Abweichung davon, ein Inertialsystem zu sein, ist dieselbe, das ist entscheidend.

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Hallo Dispatch265,

kein Widerspruch, schlechtes Wording. Das Wort "Zeitdilatation" suggeriert nämlich, die "bewegte" Uhr sei an ihrem "auseinander gezogenen" Zeittakt klar von der "ruhenden" Uhr unterscheidbar, zumindest theoretisch.

Diese Vorstellung passt aber nicht in die Spezielle Relativitätstheorie (SRT),*), denn diese ist die konsequente Anwendung von GALILEIs Relativitätprinzips (RP) auf MAXWELLs Elektrodynamik – deshalb heißt EINSTEINs Arbeit von 1905 auch 'Elektrodynamik bewegter Körper'. Dort nennt er die Lichtgeschwindigkeit noch V, heute wird sie mit c bezeichnet.

Die Raumzeit: Eigenzeit und Koordinatenzeit

G'scheit SRT betreiben kann man nur, wenn man die Raumzeit als ein Ganzes denkt, das erst von einer Uhr U, die zugleich als Bezugskörper fungiert, in Zeit ("vorwärts") und Raum ("seitwärts") zerlegt wird.

Die Reise von A
Nun lässt man die Uhr A auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigt durch den Raum fliegen.

Es muss nicht fast c sein, es genügt, wenn das Tempo nicht sehr klein im Vergleich zu c ist. Schon z.B. 0,28c machen einen deutlich messbaren Unterschied von 4% bzw. 4⅙% aus: 100 Tage Koordinatenzeit legt der Reisende in 96 Tagen Eigenzeit zurück.

Bezugssystem vs. Ruhesystem
Nach der speziellen Relativitätstheorie müsste aus dem Bezugssystem von Uhr B ...

Du meinst Σ, ein Ruhesystem von B (es lassen sich natürlich mehrere definieren, die relativ zueinander verschoben und/ oder verdreht sind). Ich kann mein Ruhesystem zum Bezugssystem wählen, muss es aber nicht, und im Alltag tut das auch niemand:

Angenommen, ich sitze im Zug von Wuppertal nach Köln, es sei eine gerade Strecke und das Tempo des Zuges sei konstant. Natürlich kann ich ein Koordinatensystem als Bezugssystem verwenden, in dem der Erdboden ein riesiges Laufband ist, und sagen: "Ich fahre gegen das Laufband an und lasse Köln auf mich zukommen." Die meisten werden sagen: "Ich fahre nach Köln."

Konstante vs. nicht konstante Geschwindigkeit
Aus dem Relativitätsprinzip folgt aber, dass man ... auch die Uhr B als ... beschleunigt betrachten kann ...

Nein, das tut es nicht. Die Geschwindigkeit von B ist zwar relativ, aber die ganze Zeit über konstant.

...und Uhr A als still stehend....

Nur auf dem Hin- oder dem Rückweg, keinesfalls beides, denn:

Nach einer gewissen Zeit fliegt Uhr A zur Uhr B zurück.

Das passiert freilich nicht von selbst. A muss umkehren, d.h., seine Geschwindigkeit von +v› nach −v› ändern, um zurückzukehren.

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*) Eher passt sie in die LORENTZsche Äthertheorie (LÄT), die an der Vorstellung des absolut ruhenden Äther festhält, von dem sie gleichzeitig vorhersagt, dass er physikalisch nicht greifbar ist. Sie macht nämlich dieselben Voraussagen macht wie die SRT.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Wenn sich etwas der Lichtgeschwindigkeit nähert bekommt es mehr Energie. Durch die Geschwindigkeit. Das bringt den raum dazu gebeugt zu werden. Da Raum und Zeit fest miteinander verbunden sind führt das dazu das die Zeit "langsamer" vergeht je schneller man sich bewegt. Das ist aber nur wahr wenn man einen Bezug hat. In deinem fall zwei Uhren. 

Aus der Sicht der Uhr die mit annähernden Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist scheint es als würde die Uhr die sich nicht bewegt schneller laufen. Während sie selber normal weitertickt. 

Aus der Sicht der Uhr die sich nicht bewegt scheint es als würde die Uhr die sich bewegt nicht mehr ticken. 

Es gibt auch praktische beispiele dafür. Die Satelliten die das GPS erstellen ("") fliegen mit rund 13.932 km/h in einem relativ niedrigen orbit um die Erde. Ein essentieller Bestandteil des GPS systems sind Uhren. Alle Uhren müssen genau gleich schnell schlagen. Dadurch das die Satelliten mit so einem Affentempo unterwegs sind greift die Relativität der Zeit. Die Uhren in den Satelliten laufen in relation zu denen auf der Erde langsamer. Um das auszugleichen laufen die Uhren in den Satelliten ungefähr 38 Mikrosekunden schneller als die auf der Erde. Dadurch das sie schneller laufen sind die Uhren synchron. 

Ich sehe Zeit als konstante Größe an. Der Umstand, daß je nach Konstellation wirkender Kräfte innerhalb einer Zeiteinheit mehr oder auch wenige Takte erfolgen, sehe ich nicht als Folge einer Zeitdilatation (an die ich nicht glaube) an, sondern als Folge anderer Wirkmechanismen.

Letztlich ist "Zeit" in meinen Augen lediglich ein willkürlich definierter Ausschnitt aus "Ewigkeit", innerhalb dessen wir in geordneter Reihenfolge und innerhalb von Teilen des möglicherweise auch Unendlichen wahrnehmen und agieren.

SlowPhil  06.03.2019, 23:10
Ich sehe Zeit als konstante Größe an.

Wenn sie irgendetwas nicht ist, dann eine konstante Größe. Du meinst vielleicht „absolute Größe“, aber das ist im Grunde reine Metaphysik, ähnlich wie die noch von LORENTZ beibehaltene Unterscheidung zwischen der „Äther-Zeit“ und der „Ortszeit“, die eine „bewegte“ Uhr misst.

Wenn zwei Objekte aneinander vorbeigleiten, kann man jedes von beiden mit gleichem Recht als ruhend betrachten. Das ist nicht erst EINSTEIN, sondern GALILEI.

Der Umstand, daß je nach Konstellation wirkender Kräfte innerhalb einer Zeiteinheit mehr oder auch wenige Takte erfolgen, sehe ich nicht als Folge einer Zeitdilatation (an die ich nicht glaube) an, sondern als Folge anderer Wirkmechanismen.

„Andere Wirkmechanismen“ ist ziemlich unklar formuliert. Das könnte alles Erdenkliche sein, und eine „Theorie“, die bestimmte Messresultate auf „andere Wirkmechanismen“ zurückführt, ohne diese näher zu benennen, ist keine.

Dafür muss sie nämlich Aussagen treffen, die sie falsifizierbar machen, d.h., sollte sie falsch liegen, bekommt man das auch experimentell raus.

Nein, die Sache ist ganz einfach, wie EINSTEIN gesagt haben soll: Zeit ist das, was man mit einer Uhr messen kann, alles andere ist Metaphysik. Wie schon GALILEI sagt, kann man in seinem Labor nicht durch rein physikalische Experimente feststellen, ob, wie schnell oder in welche Richtung man sich bewegt. Und wie MICHELSON wider Willen herausgefunden hat, kann man es nicht einmal durch Messung der Lichtgeschwindigkeit.

Ob „tatsächlich die Zeit“ z.B. in der Nähe einer schweren Masse langsamer ist oder „nur“ sämtliche Vorgänge langsamer ablaufen, ist einerlei, denn die grundlegenden Vorgänge sind das einzige, woran wir ein Zeitmaß festmachen können.

Für Objekte, die sich im Weltraum geradlinig-gleichförmig relativ zueinander bewegen, lehne ich allerdings mit Hinweis auf GALILEIs Relativitätsprinzip den Terminus „Zeitdilatation“ ab.

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