Woher weiß man so viel über unser Universum, andere Sonnensysteme, unserem Platz in der Galaxie, andere Galaxien etc.?

12 Antworten

Hallo FlorianMaurer,

allerdings befürchte ich das vieles in dieser Wissenschaft mit Hilfe von höherer Mathematik zustande gekommen ist,

Ja.

Kann man nicht anders sagen. Astrophysik ist als Teilgebiet der Physik fast so etwas wie angewandte Mathematik. Sie gehört zu den exakten Naturwissenschaften... und die arbeiten eben mit mathematischen Modellen.

Sehr grob gesprochen, betrachtet man die Fülle an Beobachtungsdaten, die man hat... und versucht darauf basierend Hypothesen aufzustellen, was für Prozesse da in der Natur ablaufen, die zu dem Satz an Beobachtungsdaten führen.

Diese Hypothese übersetzt man in eine mathematisch exakte Sprache als Beschreibung des Prozesses... und daraus macht man dann Vorhersagen für künftige Beobachtungen.

Man sagt dann also so was wie "wenn meine Hypothese stimmt und dieser Prozess in der Natur so abläuft, wie ihn mein Modell nun beschreibt", dann müssten wir exakt folgendes beobachten, wenn wir dies hier machen...

Je mehr Beobachtungsdaten Vorhersagen eines Modells bestätigt haben, desto gesicherter gilt dies als gute Beschreibung der Natur - zumindest mit der bis dahin zur Verfügung stehenden Messgenauigkeit. Der nächste Schritt wäre dann, mehr ins Detail zu gehen... und immer so fort.

Also: Wir wissen so viel über das Universum, weil wir seit Jahrzehnten (um nicht zu sagen Jahrhunderten) eine unheimliche Fülle an Beobachtungsdaten gesammelt haben. Aus diesen konnten wir, weil da oben dieselbe Physik gilt, wie hier unten, physikalische Modelle entwickeln, die uns sagen, welche Prozesse da oben laufen. Diese Modelle werden dann wieder kritisch in weiter Beobachtungen geprüft und nur beibehalten, wenn sie sich in Beobachtungen bestätigen. Das ganze ist ein selbstkorrigierender, aber fortlaufender Prozess.

Harald Lesch erklärt es hier recht schön:

https://www.youtube.com/watch?v=Kv5KwxtxpYE

Und ja, ohne Kenntnisse der Universitäts-Mathematik sind die Originalveröffentlichungen von Astrophysikern praktisch unlesbar.

Das macht aber nichts, weil Wissenschaftskommunikation heute ernster genommen wird als je zuvor: Unser naturwissenschaftliches Wissen ist ein Schatz der gesamten Menschheit... und viele Naturwissenschaftler arbeiten daran, zumindest die gesicherten Erkenntnisse und die spannendsten gerade aktuellen Forschungsfragen einer breiten Mehrheit der Bevölkerung verständlich zu erklären.

Du brauchst also gar keine Berührungsängste zu haben, sondern musst einfach nur mit den etwas leichter verständlichen Texten anfangen, die ganz gezielt für wissenschaftliche Laien geschrieben sind.

Lohnenswert sind alle Folgen "Alpha Centauri" von Harald Lesch, von denen ich eine oben von YXouTube verlinkt habe. Hier sind alle zu finden:

http://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/alpha-centauri/alpha-centauri-videothek-videos100.html

Und auch sein YouTube-Kanal zusammen mit Josef Gaßner ist toll, für mich einer der besten deutschsprachigen Science-Kanäle im Web. Dort findest Du 1 bis zwei neue Videos pro Woche mit absolut laienverständlichen Vorträgen.

https://www.youtube.com/user/UrknallWeltallLeben/videos

Nett zu hören ist auch Florian Freistetters Podcast, die "Sternengeschichten"

https://www.youtube.com/user/sternengeschichten/videos

Auch Freistetter ist Astrophysiker. Sein Blog

http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/

Ist mMn der beste Astronomie-Blog im Web... und es ist fast jeden Tag dort was los. Lohnt sich immer.

Daneben kannst Du zu einfacheren Büchern greifen. In denen kommt praktisch keine Mathemathik vor.

Mein Lieblingsbuch ist der Klassiker von Carl Sagan "Unser Kosmos". Ich finde es immer noch lesenswert, obwohl es schon so viele Jahre auf dem Buckel hat. Kein Buch erklärt so schön interdisziplinär wie Wissenschaft funktioniert und wie wissenschaftliche Entdeckungen immer auch erst ermöglicht werden, wenn die Freiheit des Denkens gesellschaftlich möglich ist. Das Buch zeigt unseren Platz im Kosmos und ist über die daraus resultierende Verantwortung für unseren Planeten heute so aktuell wie in den 1980ern, wenn nicht mehr. 

Unbedingt die gebundene Ausgabe mit den über 500 farbigen Abbildungen gebraucht kaufen... ist ein echtes Schnäppchen für so ein schönes Buch

https://www.amazon.de/gp/offer-listing/3860472445/ref=dp_olp_used?ie=UTF8&condition=used

Wenn Du ein aktuelleres Buch suchst, das laienverständlich wirklich viele Themen der Astrophysik streift, dann würde ich zu "Urknall, Weltall und das Leben - Vom Nichts bis heute Morgen" von Harald Lesch und Josef Gaßner raten. Dem hier:

https://www.amazon.de/dp/B01B2XNVY0/ref=dp-kindle-redirect?_encoding=UTF8&btkr=1

Das ist als Dialog der beiden geschrieben. Man fühlt sich also beim Lesen ein bissi so, als säße man im Zug neben zwei Astrophysikern und hört ihnen beim Fachsimpeln zu. Weil es auch schwierigere Themen behandelt, geht es aber ein wenig ins Eingemachte. Vielleicht liest Du vorher ein paar leichter geschriebene Bücher von Lesch, etwa
"Kosmologie für Fußgänger: Eine Reise durch das Universum"
" Weißt du, wie viel Sterne stehen?: Wie das Licht in die Welt kommt"

Wenn Du das alles durch hast, weißt Du eine ganze Menge, auch ohne Formeln zu schwingen...

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
FlorianMaurer 
Fragesteller
 07.11.2018, 10:25

Danke für die ausführliche Antwort. Von Harald Lesch hab ich bereits einiges gelesen und auch gesehn, bin ein rießen Fan. Er schafft es schwierige Sachverhalte für Laien wie mich verständlich zu machen. Von Carl Sagan habe ich der Drache in meiner Garage gelesen und im Moment bin ich bei Neil DeGrasse Tyson, und das Buch "Das Universum ist eine Sch*** Gegend" von den österreichischen Science Busters hat mir sehr gut gefallen, allerdings tauchen in meinem Kopf trotzdem immer wieder fragen auf, die entweder in den Büchern erklärt wurden, ich allerdings nicht verstanden habe oder mir bisher noch nicht so klar waren etc. Deine Büchgertipps und Blogs werde ich insofern noch nicht bekannt genauer unter die Lupe nehmen, danke dafür.
Ich bin nach und nach mehr begeistert von diesem Blog. Der rege Austausch zu allen möglichen Themen ist echt bemerkenswert.

1

Mathematik ist da immer dabei! Wobei höhere Mathematik so "mystisch" klingt. Es ist keine höhere sondern eigentlich recht simple Mathematik.

Du musst aber auch bedenken, dass unser Sonnensystem noch relativ unbekannt ist. Es kann schon vorkommen, dass man auf einmal einen neuen Planeten findet usw.

Wichtig für die Beobachtungen und Annahmen sind Raum und Zeitkonstrukte.

Schlicht und einfach durch Beobachtung

nematode  07.11.2018, 03:53

Und zwar schon seit Hunderten von Jahren. Mit der modernen Satellitentechnik setzen wir dem nur noch ein Sahnehäubchen auf.

1

Mathematik hat natürlich etwas damit zu tun, vorwiegend ist es aber die Beobachtung, was die Menschheit bereits seit Jahrtausenden macht. Heute wird das natürlich durch ultrastarke Teleskope und diverse technische Gerätschaften, wie z. B. Gammastrahlenspektrometer u. ä. unterstützt.

Maldweister74  06.11.2018, 10:24

Ohne Mathematik, gäbe es immer noch das Modell vom "Teller" mit "Deckel" drauf, in dem Löcher sind, wodurch Licht scheint.

1

Schau dir mal den Blog von Florian Freistetter an: Astrodicticum Simplex. Und wenn du gerne Podcasts hörst, abbonniere seine "Sternengeschichten" (Ist einer meiner zwei Lieblingspodcasts.)

Freistetter ist Astronom und erklärt vom Urknall bis zur Umlaufbahn des Mondes unser Universum. Genialer und sympathischger Typ! Unterstützenswert.

Er gehört darüber hinaus auch noch zu den Science Busters - Youtube kucken!

Zum Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=sErT3e1U-eM