Wieso gibt es oft zu wenig Verständnis für Autisten?
Ich bin selber Asperger-Autist.
Ich erlebe einige Alltagssituationen, in denen ich für unterbelichtet erklärt werde. Zum Beispiel gehört dazu das Einkaufen. Manchmal nimmt meine Mutter mich mit, da ich kein Auto habe (ich kann wegen meinem Autismus nicht fahren. Viele können das, ich aber nicht). Ich fühle mich an der Kasse öfters überfordert. Deswegen kann ich oft nicht mitdenken und zücken zum Beispiel mein Geld nicht bis ich erneut dazu aufgefordert werde oder tu meine Sachen erst zu spät in den Einkaufswagen. Meine Mutter packt das dann für mich in schneller Geschwindigkeit ein. Ich fühle mich genervt von ihrem Verhalten. Sie sagt dann immer ganz penetrant: "Komm, ich mach das". Wenn ich alleine einkaufen gehe klappt das doch auch. Ich bin nur nicht so schnell wie manche andere. Soo langsam allerdings auch wieder nicht. Ich fühle mich dann so als könnte ich nichts auf die Reihe kriegen.
Wenn wir manchmal normal in der Stadt sind und ich mir etwas kaufe, sagt sie mir manchmal wie einem kleinen Kind, dass ich mein Geld rausholen muss, als wäre ich 2 Jahre alt oder so. Dabei bin ich 25. Natürlich weiß ich wie das geht, bin nur manchmal wegen der Oberflächlichen Interaktion an der Kasse verwirrt. Aber nicht weiter schlimm.
In der Schule damals wurde ich gemobbt und habe fast nicht gesprochen aus Angst und Unwohlsein. Deswegen wurde ich von meinen Lehrern ebenfalls fertig gemacht. Sie haben ständig Gespräche gewollt und mich immer misinterpretiert. Ich wurde öfters der Klasse vorgeführt und musste am als einziger Anfang der Stunde aufstehen und fragen als Prüfung beantworten. Ich habe oft kein Wort rausbekommen, aber es wurde immer weiter gemacht, obwohl alle gelacht und beleidigt haben. Die Lehrer hat das amüsiert.
Dann gibt es noch Situationen, in denen ich angeschrien oder ausgelacht werde, weil ich die Intention von anderen nicht immer verstehe. Ich wurde deswegen schon oft beleidigt.
Außerdem ist mir aufgefallen, dass viel über die Köpfe von Autisten hinweg entschieden wird. Die Bedürfnisse werden missachtet, nur damit der Autist besser in die Gesellschaft passt.
Ich betreibe seit meiner Schulzeit exzessives Masking. Seit dem habe ich ständig Kopfschmerzen, wenn ich zuhause zur Ruhe komme, weil es so anstrengend ist. Und ich erlebe immer wieder unverständnis von den Leuten, die meinen alles besser über mich zu wissen. Ich sei ja nur ein dummer Autist. Dabei bin ich nichtmal soo tief im Spektrum. Ich lebe ganz normal mit meinem Mann zusammen. Ich bekomme ganz normal ein selbstständiges Leben auf die Reihe.
10 Antworten
Hey,
es tut mir leid, dass du diese Erfahrungen machst.
Zu deiner Frage, warum viele Menschen offenbar kein Verständnis haben: Es ist immer schwierig, sich etwas vorzustellen, was einem nie widerfahren ist. So wie ich mir als Frau schwer vorstellen kann, wie ein Mann z.B. Sexualität erlebt. Oder wie sich ein Kind nicht vorstellen kann, wie ein Erwachsener denkt. Einfach deswegen, weil man eine ganz andere Denkstruktur hat, Dinge anders wahrnimmt. Vielleicht ist das ein bisschen wie mit deiner eigenen Wahrnehmung: So wie du vielleicht Schwierigkeiten damit hast, dich in andere hineinzuversetzen, fällt es den anderen eben auch schwer, sich in dich hineinzuversetzen.
Was deine Mutter angeht: Sie meint es sicher nicht böse. Scheinbar ist sie etwas ungeduldig, vielleicht ist es ihr aber auch gar nicht bewusst. Hast du sie mal darauf angesprochen, dass du es nicht gut findest, wenn sie so über dich hinweggeht? Sie denkt vermutlich, dass sie dir einen Gefallen tut. Falls sich das nicht bessern sollte, würde ich vorschlagen, alleine oder mit deinem Mann einkaufen zu gehen. Ich weiß nun nicht, wie du das Einkaufen durchdenkst, aber ich versuche immer zu Uhrzeiten einkaufen zu gehen, wenn nicht so viele andere Menschen einkaufen, das nimmt etwas den Zeitdruck, insbesondere beim Einpacken.
Bist du mit anderen Autisten vernetzt? Ich weiß nicht, ob es da Netzwerke oder Hilfsangebote gibt. Für Kinder gibt es die wohl. Aber ich kann mir vorstellen, dass das auch im Erwachsenenalter eine Möglichkeit wäre. Vielleicht hilft der Austausch.
Ja, das stimmt. Sie verstehen es nicht, aber deswegen muss man ja nicht denken man wäre etwas besseres und einen so herablassend behandeln.
Da hast du absolut recht. Ich fürchte aber, dass man wenig daran ändern kann. Die anderen denken sich immer ihren Teil. Auch über "Normalos". Manch einer wird herablassend behandelt, weil er arm ist, ein anderer, weil er tatsächlich ein wenig dumm ist, ein Letzter vielleicht, weil er eine dunkle Hautfarbe hat.
Einfach drüber stehen. Du weißt, dass du genügst, dein Mann weiß es, das reicht :-)
Ich sage es Ihr schon seit Jahren. Es ist nicht Ihre ungeduld, sie hält mich für unfähig, nur weil ich darin nicht so gut bin wie andere. Sie möchte mein bestes, aber kann es einfach nicht lassen.
Das ist blöd. Vielleicht solltest du dann einfach deinen Frieden damit schließen. Ich handhabe das zumindest so. Wenn ich einem Menschen etwas nicht abgewöhnen kann, ganz egal wie sehr ich es versuche, und es mich nicht allzu sehr beeinträchtigt, dann versuche ich es einfach gelassen zu sehen. Ich denke mir dann so was wie: "Ach, dann mach es halt." Für mich ist das deutlich einfacher, als mich jedes mal darüber zu ärgern, dass der andere sich für mich unerwünscht verhält. Die Einstellung braucht allerdings Zeit, das entwickelt sich nicht von heute auf morgen.
Ich mache den Großeinkauf nicht so gerne alleine, weil ich kein Auto habe. Mein Mann kommt immer erst gegen 18:30 von der Arbeit. Wir machen das öfters auch zusammen. Mich stört das alles nicht, es gibt keine Probleme. Andere machen nur ein Problem daraus.
Dann sche*ß auf die anderen! Du bist niemanden Rechenschaft schuldig ;-)
Hey. Ich habe zwar gesehen dass Deine Frage schon länger her ist und hoffe dass es Dir mittlerweile in einigen Situatioenn besser geht, aber ich dachte ich schreibe mal was ich dazu denke, da ich mich in dem was Du schreibst (wenn auch in kleinerem Ausmaß) wiederfinden kann. Ich denke das Grundpronlem liegt darin, dass in der heutigen Gesellschaft (okay ich habe natürlich nicht erlebt wie es früher war) vieles sehr schnell gehen muss und alle Leute auf schnelllebigkeit ausgerichtet ist. Schuld daran ist denke ich u.a. die Digitalisiereung die uns aber auch mindestens genau so viele gute Sachen bringt. So wie die Gesellschaft einen haben will, werden natürlich auch Kinder erzogen, damit die später rein passen und einen Beruf finden. Das würde das Verhalten Deiner Mutter erklären. Aber sie könnte auch ganz ganz anders mit Dir umgehen und Dich anders unterstützen, nicht erst in der Situation selbst. Würde sie sich mit Autismus mal ernsthaft befasst haben, würde sie Die villeicht helfen indem sie mit dir über die Situationen spricht, was Du anders machen könntest. Und nicht erst wenn die Situation da ist, sie sollte eingesehen dass Du ein Erwachsener 25 jähriger bist. Mir selbst hilft es immer, die Situationen, die in meinem Leben nicht klappen, für mich in Ruhe durchzugehen und zu reflektieren. Vieles klappt dann besser, manchmal auch nicht; und das ist auch okay. Und wichtig: Es gibt immer Nischen. Du musst nicht hundert prozentig so sein wie es gesellschaftlich anerkannt ist und musst trotzdem nicht am Rande der Gesellschaft leben. Und es gibt immer irgendwelche Berufe, die man machen kann, auch wenn man anders ist. Es gibt viele brillante Autismus Menschen.
Das autistische Spektrum ist sehr groß. Der Autist ist an das Verhalten der anderen gewöhnt, der "normale" Mensch ist aber nicht an die Verhaltensweisen eines Autisten gewöhnt. Jedes ungewöhnliche Verhalten stößt zunächst auf Ablehnung. Aber das Verhalten deiner Mutter wäre verbesserungsfähig. Dein Mann scheint den Umgang mit dir gelernt zu haben und deshalb gibt es mit ihm keine Probleme.
Das Masking ist auf Dauer keine Lösung sondern verstärkt möglicherweise die Probleme, vor allem für dich selbst. Helfen tut normalereweise eine Klarstellung der Situation, bei der auch die Besonderheiten deines Verhalten dargestellt werden. Autisten sind zum Teil nur Menschen, die mit menschlichen Interaktionen und speziell mit Stress nicht so leicht umgehen können, aber andererseits manchmal sogar besondere Begabungen haben. Die Sorgfalt der Arbeitsweise von Autisten ist in den Betrieben bekannt. Wenn diese wertvoll ist, dann müssen die Schwierigkeiten bei der Kommunikation eben in Kauf genommen werden. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit ist das dann aber auch für die übrigen Mitarbeiter meist kein Problem mehr.
Bei Autisten muß man nicht gleich an Kinder denken, die stundenlang mit dem Kopf gegen die Wand schlagen, auch wenn es so etwas gibt.
ich bin ADSler und kenne das gewissermaßen auch.
dass dich deine mutter so behandelt finde ich definitiv verbeserungswürdig, vielleicht kannst du sie ja mal darauf ansprechen.
bei solchen situationen an der kasse kannst du ja vll mal erwähnen, dass du autist bist, wenn du möchtest? kassierer/innen die du dort öfter siehst wissen das dann vll beim nächten mal und haben verständnis.
und/oder z.b. sagen "sorry, war im gedanken versunken".
mir passiert sowas auch manchmal :D
ansonsten kannst du vll auch versuchen, dass es dir egal wird. ich meine die person siehst du evtl nie wieder, soll sie doch denken was sie will.
am ende will ich noch sagen, dass allgemein niemand alles weis und niemand perfekt ist. jeder hat seine fehler :)
Das liegt daran dass es in der Gesellschaft immer noch viele Vorurteile und wenig Wissen über Autismus gibt
Danke :)
Ja, das stimmt. Sie verstehen es nicht, aber deswegen muss man ja nicht denken man wäre etwas besseres und einen so herablassend behandeln.
Ich sage es Ihr schon seit Jahren. Es ist nicht Ihre ungeduld, sie hält mich für unfähig, nur weil ich darin nicht so gut bin wie andere. Sie möchte mein bestes, aber kann es einfach nicht lassen.
Ich mache den Großeinkauf nicht so gerne alleine, weil ich kein Auto habe. Mein Mann kommt immer erst gegen 18:30 von der Arbeit. Wir machen das öfters auch zusammen. Mich stört das alles nicht, es gibt keine Probleme. Andere machen nur ein Problem daraus.