Wie hätte sich ihre 62 jährige Mutter anders verhalten können?
Im Jahr 1987 war eine Bekannte von mir 18 Jahre alt.
Ihre Mutter war damals 62.
Ich nenne meine Bekannte hier mal Nicky.
Nicky wusste das sie lesbisch ist als sie 18 war und die machte den großen Fehler damals das sie sexuelle Fantasien auf ein Blatt Papier schrieb und das lag auf einer Kommode.
Nicky war damals arbeitslos und lag noch im Bett als sie ihre Mutter fürchterlich schreien hörte" Du Sa.u, Du stinkige lesbische S.."
Und das mehrmals hintereinander.
Sie ging nach unten in die Küche und ihre Mutter hatte das Blatte Papier in der Hand
Die Mutter tobte und schimpfte und war außer sich
Nicky log und behauptet das sie den "Scheiß abgeschrieben habe von einer VHS Kassette des Bruders.."
Ihre Mutter glaubte das nicht und tobte weiter.. Immer wieder" Du Sa..,Du stinkige lesbische S.."
Nicky nahm ihr Fahrrad und fuhr zu einer befreundeten Familie die damals auf einem Campingplatz war.(20 km entfernt von Nickys Wohnort)
Sie hatte totale Angst, weiche Knie und Scham und Schuldgefühle.
Nicky hatte keine Freundin und war sehr einsam
Das sie damals gut mit dem Fahrrad noch fuhr sehe ich als Wunder an.
Blieb dort eine Woche und die Familienmutter rief Nickys Mutter an
Jedoch Nicky erzählte aus Scham nicht den wahren Grund warum sie abhaute.
Nach 1 Woche kam sie wieder heim
Geredet wurde sehr wenig und es dauerte fast ein halbes Jahr bis sich alles wieder einigermaßen einrenkte.
Welches Verhalten war falsch bei der Mutter und welches Verhalten falsch bei Nicky?
Was hätte anders verlaufen können?
Wie ist DEINE Meinung hierzu?
3 Antworten
Beide haben Fehler begangen. Die Mutter hätte ihrer Tochter beistehen sollen und sich nicht von antiquierter Intoleranz leiten lassen sollen. Und die Tochter hätte dagegenhalten und zu sich stehen sollen. Aber selbst wenn sie abgehauen wäre, hätte sie den echten Grund der anderen Familie nicht verheimlichen sollen. Man darf sich nie für seine sexuelle Ausrichtung schämen. Wenn solche Beleidigungen nicht ans Licht kommen, motiviert man dazu, dass sich das wiederholt. Soviel zur Theorie.
In der Praxis war die Mutter eine alte Schabracke, die sichtlich überfordert war und denkbar ungeschickt reagiert hat. Sollte das nicht entschuldigen, eher erklären. Und die Tochter, die kaum sozialen Umgang hatte, hat nicht die Möglichkeit gekriegt, sich mental zu festigen und auf Unterstützung zu hoffen und ist im Affekt geflüchtet. Ebenfalls menschlich, wenn auch ebenfalls nicht geschickt.
Zu der Zeit war so eine Reaktion eher normal. Gut, etwas übertrieben, aber meine Mutter wäre auch erst Mal ausgeflippt, wenn ich lesbisch gewesen wäre. So was gehörte sich halt damals einfach nicht. Und offen zugegeben hätte man es auch nicht.
Gut, eine solche Wortwahl gab es in meiner Familie nicht.
Es war halt eine andere Zeit.
Und in vielen Ländern ist es heute leider immer noch eine Schande.
Das war seinerzeit und auch weit danach typisch, so was hat die "Älteren" zumeist einfach überfordert. Teilweise habe ich noch in den 2000ern solche Reaktionen mitbekommen, etwa als sich ein Freund von mir 2013 (!) als schwul geoutet hat - vor allem auf dem Land ist so was heute noch schlimm und die herbe, aggressive Wortwahl der alten Frau führe ich auf ländliches, primitives, wenig gebildetes Milieu zurück, wo man oft heute noch (!) so redet und der dort normale Umgangston eigentlich nur beleidigend ist - das sind rückständige Gegenden, in denen eigentlich immer nur gemeckert, geschimpft und gepöbelt wird und in denen Intoleranz und katholische Prägung bis hin zu rosenkranzartiger Pseudo-Frömmigkeit nah beieinander stehen. Die Frau wird es nicht besser gewusst haben, was aber ihren unangebrachten Ton nicht relativieren soll - böse wird's nicht mal gemeint gewesen sein, aber auf dem Land wird oft mehr gepöbelt als normal und sachlich gesprochen.