Wie findet ihr die „Cancel Culture“?
Und die Täter sind ja mitten unter uns. Deshalb möchte ich die konkret mal fragen, ob euch die reingewaschene Kunst, Komik, Satire und Gesellschaft so gefällt?
Ich weiß, du trittst vielleicht nur für EINE spezielle Minderheit oder empfundene „Ungerechtigkeit“ ein, aber 20 Meter weiter in der nächsten Wohnung sitzt vielleicht schon der Nächste, der auch über irgendwas empört ist und etwas abschaffen will, weil das gerade im Trend ist und einem Macht verleiht.
Wie findet ihr es, dass die Hypermoral momentan die Gesellschaft „reinwäscht“? Bis unser Leben aussieht, so aalglatt und überzeichnet, wie das neuste IPhone oder ein Tesla. Langweilig, steril und der Leidenschaft beraubt?
9 Antworten
"Cancel Culture" hat genau den gleichen falschen Gedanken als Ursache wie "Das darf man ja heutzutage gar nicht mehr sagen!". In allen diesen Fällen wird unterstellt, dass es so etwas wie eine "Meinungsdiktatur" oder gar "Zensur" gäbe. Bis zu dem Punkt, wo behauptet wird, die Meinungsfreiheit in Deutschland sei eingeschränkt bis abgeschafft.
Meinungsfreiheit ist und bleibt aber ein Abwehrrecht des Bürgers gegenüber dem Staat! Bedeutet, sie ist nur dann und dort eingeschränkt, wo der Staat per Gesetz und Gerichtsurteil die Äußerung einer Meinung sanktioniert. Dies ist nach wie vor ausschließlich der Fall, wenn es um die damit in Zusammenhang stehenden Straftatbestände des Strafgesetzbuches geht, wie zum Beispiel Beleidigung oder Volksverhetzung. Da kommt es zu einem Gerichtsverfahren und bei einem erwiesenen Verstoß gegen diese Gesetze zu einem Urteil mit Geld- oder (selten) Freiheitsstrafe.
Wenn hingegen andere Menschen der geäußerten Meinung widersprechen, wenn sich Menschen über eine Meinung aufregen oder wenn juristische Personen wie Fernsehsender oder soziale Netzwerke ihre Plattform einer Person nicht mehr zur Verfügung stellen, ist das weder eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, noch "Cancel Culture", sondern sogar ein Ausdruck davon, dass die Meinungsfreiheit existiert! Nur eben auch in der Form, dass man widersprechen darf. Oder auch eine Art Hausrecht geltend macht und die Personen aus seinem "Wohnzimmer" rauswirft, wie im echten Leben auch.
Und es geht dabei doch keineswegs darum, irgendwas "glatt" und "steril" oder so zu machen. Es geht dabei um Fälle, wo rote Linien und Grenzen überschritten wurden. Grenzen, die bis vor gar nicht allzu langer Zeit maximal still und heimlich hinter geschlossenen Türen mal minimal überschritten wurden, inzwischen aber laut brüllend überrannt und zertrampelt werden, weil sie nach und nach immer weiter ausgedehnt wurden...
Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht im Grundgesetz. Das Grundgesetz regelt ausschließlich das Verhältnis zwischen Bürgern und dem Staat. Somit bezieht sich das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auch einzig und allein auf dieses Verhältnis.
Und ja, verdammte Axt, "Cancel Culture" ist einer dieser vielen Begriffe, die aus der rechten Ecke tönen, mit denen man dieser Ecke nach dem Mund plappert, wo man sich mindestens zu deren Instrument, wenn nicht sogar zu einem Teil davon macht! Wer da nicht stehen will, sollte einfach noch mal genauer hinterfragen und recherchieren, wo eventuell der Fehler in der Argumentation oder den Fakten liegen könnte, auf deren Basis man zu dieser Ansicht und Äußerung gelangt ist. Und wer das nicht tut, naja, der scheint sich in dieser Ecke ja doch ganz wohl zu fühlen...
Der Begriff Meinungsfreiheit kann weiter gefasst werden.
Der Begriff Cancel Culture wird auch aus der rechten Ecke geäußert. Das ist in der Tat korrekt, aber kein Grund, ihn deswegen abzulehnen. Denn nicht alles, was aus der politisch Rechten stammt, ist automatisch schlecht.
Man sollte Argumente nach ihrem Inhalt beurteilen und nicht nach ihrem Verfasser. Wenn ein rechtsgerichteter Mensch sachlich und begründet Kritik äußern kann, ist diese genauso ernst zu nehmen wie die sachlich und begründete Kritik aus der linken Ecke.
Wenn du den Begriff Cancel Culture nicht näher betrachten möchtest und den Anhängern sogar unterstellst, sie würden sich womöglich in der rechten Ecke wohl fühlen, dann arbeitest du dich an ihrer Person ab und nicht an ihren Argumenten.
Es ist ein geläufiges Scheinargument Menschen in die Rechte Ecke zu stellen. Es ist bekannt als argumentum ad hitlerum. Du lieferst dafür gerade ein Paradebeispiel.
Nenn doch mal ein konkretes Beispiel, wo von "Cancel Culture" gesprochen wurde und es nicht um Äußerungen ging, wo die Kritik an diesen Äußerungen nicht darauf basierte, dass die Äußerungen sexistisch, rassistisch, antisemitisch, gewaltverherrlichend oder anderweitig nicht mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Einklag zu bringen waren.
Von Frontal 21 gab es dazu kürzlich ein ganz gutes Video mit ein paar Beispielen: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/cancel-culture-redefreiheit-100.html
Es geht aktuell nicht wirklich um die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Dieses Cancelling wird ja nicht von staatlicher Seite betrieben. Der Staat garantiert Meinungsfreiheit (s. Artikel 5 GG), der steht gar nicht zur Debatte.
Die freiheitlich-demokratische Grundordnung IST doch der gesellschaftliche Minimalkonsens. Eben das, was im Grundgesetz und unseren anderen Gesetzen steht. Nur dass dieser seit einigen Jahren immer weiter ausgehöhlt wird, dass inzwischen so einige Äußerungen, die dem entgegenstehen, immer "normaler" werden, weil sie so oft und so laut von ein paar wenigen wieder und wieder herausgebrüllt wurden... Und genau DAS findet zum Glück die weniger brüllende, aber immer noch deutlich größere Mehrheit halt nach wie vor nicht okay - und macht dann das eine oder andere Wohnzimmer für diese Menschen mal zu. Woraufhin es dann "Cancel Culture!!!" heißt...
Dann würde mich ja mal interessieren, welche schlimmen Aussagen Herr Thierse, Frau Wagenknecht und Herr Abdel-Samed, die alle drei im Bericht von Frontal 21 Erwähnung finden, so schlimmes gesagt haben, sodann ihre Meinung gecancellt wurde.
Der Westen zeichnet sich durch seine Meinungsfreiheit aus. Meinungsfreiheit ist ein ganz zentraler und wichtiger Baustein in einer Demokratie.
Die Cancel Culture bedroht diese Meinungsfreiheit, da sie diese faktisch abschafft. Wenn Meinungen unerwünscht sind und ihre Äußerung fatale Konsequenzen haben können, dann entsteht früher oder später eine Meinung, die geäußert werden darf und über abweichende Meinungen wird geschwiegen. Wer möchte schon gern seinen Arbeitsplatz verlieren oder in die rechte Ecke gestellt werden.
Wir sind derzeit in den Anfängen einer Cancel Culture. Es wird aber langsam mehr, weswegen jetzt gehandelt werden muss.
Cancel Culture ist zutiefst illiberal und mit der Aufklärung, die Europa nachhaltig prägte, unvereinbar.
Daher sollte jeder Demokrat und Befürworter eines freien Meinungsaustausches die Cancel Culture ablehnen und sich entschieden dagegen wehren, wenn Menschen von Cancel Culture betroffen sind.
Diskriminierung oder Verherrlichung von Gewalt etc. haben in der Gesellschaft oder Kunstformen nichts verloren.
Ein Glück ist das so schwammig, diffus und unreflektiert, dass man am Ende alles darüber abbügeln kann.
Sorry, aber das find ich bestenfalls albern. Ich hör von dem Begriff immer nur, wenn Leute nicht mit Kritik klarkommen, und rumjammern, dass man ihnen doch ihe Meinung nicht verbieten darf. Was nie passiert, Leute die das behaupten verstehen nicht, dass ihre Meinung zwar von Meinungsfreiheit geschützt ist, das gleiche aber auch für Kritik an ihrer Meinung gilt. Ja, man darf zB homophobe Meinungen haben, aber es ist genauso legitim eine (negative) Meinung dazu zu haben und auszudrücken.
Wie schon wer anderes sagte, über Csncel Culture zu reden, solange Serien wie South Park legal sind, ist lächerlich.
Mittlerweile muss man für nicht genehmigt Meinungen aber berufliche Nachteile in Kauf nehmen und das ist ein totales No-Go
Wie wärs mal mit eindeutigen Beispielen! Bisher mehr als I-Phone und Tesla?
Das ist ja furchtbar. Diese Kinder da auf der gelben Seite. Wie in der Kindershow 1,2 oder 3.
Meinungsfreiheit muss nicht zwingend allein durch den Staat eingeschränkt werden. Das ist ein Trugschluss. Und der Vergleich mit "Das darf man ja heutzutage gar nicht mehr sagen" ist nur ein Versuch die Kritik an der Cancel Culture in die rechte Ecke zu rücken.