Wer kennt's - kodderig?

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Kodderig kenne ich vom norddeutschen Zweig der Familie. Dafür gibt es beim Scrabble 13 Punkte 😁 Ansonsten nutze ich das Wort nicht im Alltag.

In den norddeutschen Sprachraum deutet auch die Wortherkunft. Fundstücke dazu.

https://www.ndr.de/kultur/norddeutsche_sprache/plattdeutsch/woerterbuch101.jsp?suchbegriff=Kodderig

https://www.dwds.de/wb/koddrig#:~:text=In%2520der%2520Bedeutung%2520'unversch%C3%A4mt%252C%2520frech,dessen%2520Ursprung%2520ebenfalls%2520dunkel%2520ist.

https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article173449832/Plattwort-kodderig.html

Oh ja, ein Wort, das ich schon länger nicht mehr gehört habe.

"Mir ist kodderig" , wenn es einem kalt, übel, elend, unwohl, ekelhaft ist, ist es einem kodderig, das hat meine Biebricher Oma immer gesagt.

Das Wort ist hier in Hessen nicht so gängig.

Schön, dass Du es mal wieder in Erinnerung gebracht hast.

Nie gehört.

Obwohl es als "kodderich" dem Ruhrpottslang zugeordnet wird und ich in der Nähe des Potts wohne.

Nach anderen Quellen wird die Heimat des Wortes in Norddeutschland vermutet.

Wie dem auch sei: Vermutlich haben nur noch Insassen des Seniorenheims das Wort in Gebrauch. Außerhalb dessen wird es genau so gut verstanden wie Kisuaheli oder andere Bantu-Sprachen.

Zu früheren Zeiten gab es noch Kesselflicker, Scherenschleifer, Karussellbremser und Kotter-Sammler.

Ach du meine Güte, was ist denn nun Kotter? – Viele sagen auch Kodder.

Da war das fahrende Volk, das in unsern Landen umherzog und den Leuten verschiedene Dienstleistungen anbot. Und jene hatten ein fürchterliches Mundwerk, und daher reden die Leute im Norden unserer Republik auch oftmals von einer Kotterschnautze, die zwar jeder kennt, aber niemand mehr weiß, was „Kotter" oder „kottern" ist.

Denn Kotter ist gleich Schrott. Es ist eigentlich das, was die Bodenentrümpler von deinem Dachboden zur Wiederverwertung bringen. Zu meiner Zeit war Schrott konkret altes Eisen und andere Buntmetalle. Und jene Leute waren die Schrottis, die ein loses Mundwerk hatten (es gibt sogar einen Film darüber "Schrotten!"). Doch die uralte Bedeutung wäre „schwatzen“ oder besser „frech und garstig reden“.

Denn jene Schrottis bzw. Kottersammler waren Jenische und sprachen jenisch.

Hey Tschabo, latscho Devis, tschie Kotter?

Hallo Junge, schönen guten Tag, sprichst du die Kottersprache?

Und im Plattdeutschen wurde einem dann ganz kodderig, wenn er solchen Leuten begegnete, so als hätte man gestern die ganze Nacht mit solchen Leuten durchzecht.

Natürlich gibt es viele kluge Leute, die das anders sehen und meinen, es besser zu wissen. Aber ich bezeichne solche Darstellungen einfach nur als Geschwafel, weil man es halt besser weiß, was man als Kind gesprochen und gelebt hat.

Alter 77 Ort Celle, wie im Film.

Ich benutze "kodderig/Kodder-" in 2 Bedeutungen.

  1. Mir ist heute total kodderig zumute. / Mir geht es heute ganz kodderig. = Mir ist heute gar nicht gut/wohl. (Von einem "kodderigen"🤢 Zustand bis zum "Kotzen"🤢 ist es oft nicht weit. Das🤮 kann, muss aber nicht passieren.)
  2. Ich hab' 'ne ziemliche Kodderschnauze. = Ich habe ein ziemlich loses/freches Mundwerk. (Das ist natürlich nicht immer der Fall. Ich kann sehr schnell umschalten, je nachdem was das Thema ist und mit wem ich in welcher Situation spreche.)

P.S. Ich habe keinen festen Sprachraum, bin gebürtig aus Niedersachsen, habe aber die meiste Zeit in Süddeutschland im Dreiländereck D-CH-F gelebt, lebe jetzt wieder höher im Norden. Die obigen Ausdrücke kenne und benutze ich seit meiner Kindheit. Heute 70+.


Physikraxi  18.04.2025, 09:02

Ich denke, du weißt, was Kotter ist. Wenn nicht, dann lese meinen Beitrag und lass uns darüber raten, ob Kotter oder Kodder. Denn im Plattdeutschen nannte man es definitiv Kodder. Und im Film kann man es hören, weil es aus Celle kommt und die es dort sehr scharf und deutlich auf Hochdeutsch aussprechen.

spanferkel14  18.04.2025, 14:21
@Physikraxi

Nein, Kotter kenne ich nicht.

Jenische hat es an der Nordsee nie gegeben, weder als Sesshafte noch als fahrendes Volk. Mag sein, dass sie bis Celle vorgedrungen sind. Aber da oben hinter dem Deich sind weder Jenische noch ihre Sprache bekannt.

Dicke Bauern mit stattlichen Höfen gab es nur in der Krummhörn mit ihrem nährstoffreichen Marschland. Die Geest- wie auch die Torfbauern dagegen waren zumeist arm und hatten ihre liebe Not, ihre Familien satt zu kriegen. Die Schwindsucht grassierte. Da war nichts übrig für fahrendes Volk. Auch Ketelböters und Lepelgeters (Kesselflicker + Löffelgießer) kamen aus den eigenen Reihen. Es gab Sinti, die waren aber meistens gar nicht unbetucht, waren sie doch vor allem als Pferdehändler tätig.

Egal, bei uns auf Platt heißt es (wie du ja selbst schon bemerktest) kodderig, wenn einem übel ist, und das kommt nicht von den Jenischen. In Celle mag das anders sein. Das weiß ich nicht.

Physikraxi  18.04.2025, 15:04
@spanferkel14

Es mag ja sein, dass Du die Jenischen nicht kanntest, aber sie waren überall. Oder bist du nie auf den Rummel oder in den Zirkus gegangen? Denn sie kamen jedes Jahr und waren nicht überall gern gesehen, weil sie eine fürchterliche Kotter- oder Kodderschnauze hatte und ihre ganz eigene Sprache hegten, was viele auch als Rotwelsch verstanden sehen wollen.

Der Volksmund bezeichnete sie gerne als Kackos oder Zigeuner, obwohl es keine waren. Meine Oma sagte mal:

Hoffentlich ist bald der Rummel wieder da, denn meine Schere funktioniert nicht mehr gut.

Und in Celle und hatten einigen Sippen ihr Winterlager. 

Selbst Hermann Löhns erwähnte sie und nannte sie Mascher.

spanferkel14  18.04.2025, 16:59
@Physikraxi

Warum stellst du Behauptungen über andere Regionen auf, die du nicht belegen kannst? Selbstverständlich bin ich auf den Jahrmarkt gegangen. Damals kannten wir fast alle Schausteller, denn sie kamen mit ihren Fahrgeschäften und Buden größtenteils aus der Region, und sie kamen immer wieder. Martin und Guste Meyers sowie Ferdinand Müllers Pferdekarussells, Langenscheidts Kettenflieger, Lemmers Berg- und Talbahn, Krischan Heilig, der gute Geist bei Kalli Meyers Auto-Rennbahn, nicht zu vergessen Schippers & von der Ville, die auch in anderen Ecken Deutschlands sehr bekannt geworden sein dürften. Die Kinder der Schausteller wurden immer für die Zeit des Jahrmarktes bei uns in die Klassen eingeschult und wir fanden es natürlich toll, wenn wir sie in ihren Wohnwagen (die bei uns auf dem Marktplatz standen) besuchen durften. Auch die Budenbetreiber kamen aus der Umgebung. Das waren allesamt keine Zigeuner, und ihre Helfer rekrutierten sie meistens vor Ort. Und das Lustige ist, die Bratwurstbudenbesitzer stammten sogar aus meiner Heimatstadt. Mit einer Tochter ging ich in dieselbe Klasse, mit ihrem Bruder in die Tanzstunde. Beide Familien betreiben ihre Geschäfte heute noch, nun wohl schon in der 3. oder 4. Generation. Erzähl du mir was von Jenischen auf unseren Märkten. - Beim Zirkus, das weiß ich nicht, ich erinnere mich an Zirkus Busch, Althoff, Barum und Sarrasani. Die Kinder waren auch manchmal bei uns in der Schule, aber teilweise hatten die wohl auch ihre eigenen Lehrer.