Was ist konservativ?
Ich würde mich eigentlich als konservativ bezeichnen. Nur, dass die Definition dessen, was konservativ ist, halt ziemlich schwankt.
Mit der Jungen Union kann ich z.B. nichts anfangen. Die sind mir zu brachial und zu sehr an Wirtschaft interessiert. Deshalb kann ich auch mit Friedrich Merz wenig anfangen.
Ich bin eher konservativ wie Konrad Adenauer, Norbert Blüm, Angela Merkel.
Ich bin sehr katholisch aufgewachsen und studiere Theologie. In meiner Stadt sind Konservative wie Alfred Dregger (CDU) oder Erzbischof Johannes Dyba begraben. In Fulda hat die CDU seit der Nachkriegszeit jede Wahl gewonnen und vorher wurde stets das katholische Zentrum gewählt. Von der Kultur her ist Fulda eigentlich viel mehr fränkisch als hessisch, was sich auch an der Architektur zeigt. War Fulda doch auch tausend Jahre fränkisch und noch gar nicht so lange preußisch/hessisch. Aber ich schweife ab...
Jedenfalls ist ja gerade die Kirche eigentlich ein Gegner von extremem Kapitalismus. Nicht umsonst wurde Papst Franziskus von Kommentaren der WELT mehrfach Kommunist genannt und dass der Kommunismus auf den Hl. Thomas Morus zurück geht. (Wenngleich die Kirche Marx und Nachfolger strikt ablehnt.) Aber jedenfalls fremdel wegen deren totaler Kapitalismus-Gläubigkeot auch mit der Jungen Union.
In meinen Augen geht die CDU den Weg von einer geistlich-philosophischen Idee hin zu einer Partei, die höchstens durch die Bejahung des Kapitalismus und Stammtisch-Parolen zusammen gehalten wird. Vorallem in der JU wird das ganz deutlich. In der JU wird nicht mit Philosophen oder Kirchenlehrern argumentiert, sondern der Kapitalismus mit Ludwig Erhard gerechtfertigt. Eigentlich rechtfertigt die JU alles mit Erhard. Der bei meinem Adenauer doch so verhasst war. Man könnte sagen, von der Brachialität wird die CDU immer mehr zur CSU, wo es doch bei Strauß schon mehr um Kapitalismus ging als um dahinter stehende moralische Werte.
Ich bin also mit der CDU zunehmend unzufrieden. Die AfD ist keine Alternative, weil dort erst Recht kein moralisches Konzept erkennbar wird.
Und dann ist eben die Frage: Was ist konservativ eigentlich? Geht es um die Gestaltung der Gesellschaft nach einem zugrundeliegenden Werte Konzept, dass philosophisch und religiös begründet ist oder geht es um bei Konservativen um Staatsgrenzen und Wirtschaftsmacht?
Beide Seiten scheinen den Begriff "konservativ" für sich zu verwenden, obwohl sie nicht viel miteinander zu tun hat. Das preußisch stramme nationale Denken eines Gaulands hat kaum etwas mit der spirituellen Tiefe eines Adenauers zu tun.
Ist konservativ "Preußens Gloria"? Ist konservativ "New York, New York"? In meinen Augen sollte es eher "Ein' feste Burg ist unser Gott" sein.
Was trägt den Konservativismus? Ist es Nationalismus (Gauland/Söder)? Ist es Wirtschaft (Merz/Erhard? Ist es ein moralisches Konzept (Adenauer/Blüm)?
Wie seht ihr das alles?
4 Antworten
So wie du es darstellst, würde ich dich unter den kirchlich-lila Konservativen verorten. Also gläubig-chistlich wertkonservati. Nach meinem Shubladensortiersystem ordne ich dir ein gesellschaftlich fast reaktionäres Wertesytem mit deutlicher Verurteilung von Abteibungen, einem Familienbild aus den 1940ern und auch einem Auftrag zum erhalt "der Schöpfung" zu.
Konservativ fasse ich allerdings weiter. Dazu gehört aus meiner Sicht hauptsächlich das Bewahrende, was in der Konsequenz auch progressiv sein kann. Ein anscheinender Widerspruch der auch prinzipiell natur-. und friedensbewahrenden Grünen.
Konservativ im Sinne eines Hemmschuhs gegenüber allen Veränderungen hat gesellschaftliche Berechtigung, allerdings wird daraus schnell ein Revisionismus oder eine stark rückwärtsgewandte Auffassung, wenn aus dem Hemmschuh ein Betonpfahl wird. Also im Strom der gesellschaftlichen Entwicklungen starr an einer Stelle bleibt.
Der Versuch der afd beispielsweise, sich als konservativ dartustellen, knn nicht akzeptiert werden, denn die sind eindeutig auf Destruktion aus.
Du kannst 10 Leute befragen und bekommst unter Umständen 10 verschiedene Ansichten.
So klar ist der Begriff eben nicht definierbar. Bzw. gibt es zahlreiche Mischformen.
Für mich hat konservativ mit "Wertbewahrend" zu tun. Man ist wenig offen gegenüber Neuerungen, egal welcher Art. Ein weiterer Begriff dafür ist Traditionalisten. Religiös wäre die katholische Kirche konservativ - als Beispiel Erzbischof Marcel Lefebvre - und auf der anderen Seite die Freikirchen (Brüdergemeinde, Baptisten..)
DER hier ?
1964
https://www.youtube.com/watch?v=jpfA-d_YeGc
mit Zigarre :-)
1968:
https://www.youtube.com/watch?v=DI7Kw9TWS98
und
Weder Blum noch Merkel noch die Union sind oder waren konservativ.
Der Begriff Konservativ ist doch ziemlich klar definiert, wenn man nur danach sucht.
Es basiert grundsätzlich auf der Definition von klassisch rechts.
Während klassisch rechte an einem Wirtschaftlich überwiegend Marktorientierten verfahren interessiert sind in dem der Grundsatz von einer durch natürliche unterschiede gebildeten und damit ungleichen Gesellschaft gilt .
Rechts hält gewisse ungleichheit für gerechtfertigt und legt einen höheren Wert auf Wirtschaftliches und persönliches Privateigentum wie Erbe, erwirtschaftetes Geld, Betriebe , Immobilien und legt Wert darauf ( zumindest im großen und ganzen ) dass kein Dritter oder kein Staat Anrecht auf diese hat , solange sie klar dein Besitz sind .
Rechts geht davon aus, das basierend auf Natur, Gesellschaft, unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen - Menschen gleich zu machen oder gleicher zu machen weder für die Wirtschaft noch für die Einzelpersonen erstrebenswert ist. Eher sollte jeder nach seinen Möglichkeiten arbeiten und sich anstrengen können ohne dem utopischen Gedanken zu erliegen, am Ende stehe ich genauso dort wo Person x steht.
Ungleichheit und soziale Hierarchie sind normal und wünschenswert.
Während linke sagen ( ich gehe jetzt vom pauschalen und klassischen Stereotypen beider Seiten aus ) , dass es der Gesellschaft nicht hilft wenn die einen ihr Vermögen verwalten anstatt davon mehr abzugeben im Sinne des kollektivs sagen klassisch rechte wie ich, dass es sein Recht ist und bleiben sollte sein Geld zu verwalten , dass reiche Menschen ein teureres Leben führen und dass diese Leute den kleinen durch ihr Investment in den Markt, das ankurbeln der Wirtschaft etc PP im Sinne eines dauerhaft funktionierenden Staates nützlicher sind, als wenn sie Almosen werfen.
Klassisch Konservative sind sogar der Meinung, es gibt gewisse Hierarchien und Klassen die gar nicht aufgelöst werden sollten oder dass gewisse Änderungen gar nicht eintreten sollten , während klassisch liberale meistens davon ausgehen, dass Änderungen in Ordnung sind wenn sie Teil eines freien Prozesses der Gesellschaft und Wirtschaft sind
Und jetzt noch mal im Detail: im Unterschied zu klassisch Liberalen sind die meisten Konservativen für eine Ungleichheit welche über den freien Markt hinaus geht.
Sie akzeptieren diese Unterschiede nicht nur dann, wenn sie Prozess des freien Marktes sind sondern akzeptieren sie auch als Folge von Erbfolge, Tradition, Kultur etc
Es gibt Institutionen und Autorität welche nicht hinterfragt werden sollte und die gängige Meinung ist, dass es eine klare Verteilung von Kompetenz geben sollte , da man die Gesellschaft sich nicht selbst verwalten lassen kann. Der Glaube in eine instabile Gesellschaft und eine Gesellschaft in der Normen , Sitten und Leitlinien für Ruhe und Sicherheit sorgen ( etwas das liberale so gar nicht teilen ) , sie sind oftmals deutlich weniger Marktliberal sondern oft an gewissen Formen des staatlichen Eingriffs oder Mitwirken und gewisser Sozialstaatlicher Normen interessiert
Änderungen nur wenn sie klar als sinnvoll ersichtlich sind
Wenig Verständnis für das liberale Wesen der unkontrollierten Mechanismen bei Reformen und Freiheit
Der Staat dient nicht den Leuten sondern andersrum
Liberale sind dafür schneller zu handeln und den Prozess des Wandels sich selbst verwalten zu lassen - Konservative stehen bezüglich so etwas strikt dagegen
Usw
Das beste Bsp für Konservative ( sowohl Marktliberale als auch nicht ) wären
Margaret Thatcher
Ronald Reagan
Ronald Schill
Roland Koch
Jörg Meuthen
Gerolf Annemans
Filip Brusselmanns
Viktor Orban
Silvio Berlusconi