Was haben viele Leute gegen Dialekte?

4 Antworten

Den Artikel hat ein gebürtiger Niedersachse geschrieben, der in Westfalen aufwuchs, später offenbar länger in Berlin lebte und dann nach Franken gezogen ist. Und da fängt es schon an: In Niedersachsen gibt es großteils keinen echten Dialekt, d.h. es wird nach der Schrift gesprochen und in Berlin ist das, von Ur-Berlinern abgesehen, ähnlich. In Westfalen ist der Dialekt hingegen stellenweise problematisch: Ich kannte etwa einen Westfalen (ich weiß nicht genau, wo der her war - ich meine, es war so die Ecke Siegen/Sauerland), der mit Familie so Ende der 90er ins Fränkische zog. Als die Kinder sich in der Schule vorstellten, verstand ihre Sprache niemand, weil sie eben sehr breites Westfälisch und dazu noch sehr schnell sprachen (eine Tochter kannte ich; die stellte sich vor mit dem Hinweis, sie käme aus "Nohraahn-Wesfaahn"; so in etwa klang das, weil das alles sehr eigen betont wurde und der Lehrer daneben stand und das dann übersetzen musste) - und auch der Westfale selbst und seine Frau hatten extreme Probleme wegen ihres Dialekts - man hat die Leute nicht verstanden, erst als sie grundsätzliches Hochdeutsch sprachen, war überhaupt so etwas wie Kommunikation möglich. Es gab damals ernsthaft Leute, die dachten, diese Familie seien Holländer.

Ich frage mich halt immer, warum haben manche Menschen so eine starke Abneigung gegen Dialekte? Die sind doch nichts schlimmes.

Manche finden das unprofessionell oder provinziell; bei einem Norddeutschen kommt eventuell fehlendes Verständnis hinzu - und was der Bauer nicht kennt, das frisst er auch nicht.

Der ganze "Blog" des Mannes wirkt wie eine Sammlung von Glossen eines eher linksgrün denkenden Menschen, denen man leider oft eine gewisse Steifheit und Überheblichkeit nicht absprechen kann - dieser Text, der zunächst diverse Figuren von Astrid Lindgren beschreibt und auch wieder gewisse Personenkreise ins Lächerliche zieht, die ihm scheinbar nicht gut genug sind, passt dazu. Das kommt teilweise herablassend rüber; der ganze Blog wirkt wie das Gedankengut einer Person, die gegen jeden und alles austeilt, der anders ist, egal ob es ein typischer Franke ist oder jemand, der Katzen hat (auch dazu findet sich ein Text) - das sind Leute, die sind gegen alles und deswegen darf man so einen Text eigentlich gar nicht ernst nehmen.

XXX

Ich persönlich mag es, wenn sich jemand zu seiner Herkunft bekennt und man ihm zumindest anhört, wo dass er herkommt. Es gibt nicht viel, das noch befremdlicher wirkt als gestelztes Hochdeutsch, das jemand spricht, weil er damit professionell wirken möchte und krachend scheitert. Man muss aber aufpassen - ein zu intensiver Dialekt erschwert die Kommunikation durchaus!

Zu mir selber: Ich spreche wie ein hochdeutsch erzogener bayrischer Schwabe mit verständlichem, aber deutlich erkennbarem Dialekt. Ich war irgendwann selber erschrocken, als ich mich gehört habe und den Vergleich zu früher und meiner Heimat hatte: Aus einem fast zwanghaft hochdeutsch Erzogenen wurde nach Jahren ein bayrischer Schwob', der irgendwas zwischen Hochdeutsch und Dialekt spricht und wie ein hochdeutsch erzogener Einheimischer klingt. Die Erklärung dahinter ist einfach: Man nimmt es im Alltag automatisch auf, je länger dass man da ist und je intensiver man sich am Alltag der "Wahlheimat" beteiligt. Und das ist auch gut so.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Dialekte sind wirklich nicht schlimm. Ich habe als Kind drei fließend gesprochen und kann trotzdem gut hochdeutsch reden.

Hallo,

mal ganz davon ab, dass eh niemand "Reines Hochdeutsch" spricht - es fließen immer Regiolekte und Dialekte mit ein; je nach Sprecher mehr oder weniger - finde ich persönlich es schade, dass die Dialekte immer mehr ins Hintertreffen geraten, und hoffe, dass sie erhalten bleiben, denn mit dem Aussterben der Dialekte ginge auch die Vielfältigkeit verloren. Sprache - und damit auch Dialekte - ist nämlich viel mehr als nur Verständigung!

Nur dumme Menschen diskriminieren andere, andersdenkende und anderssprechende Menschen!

Ganz davon ab ist das Beherrschen eines Dialektes von Vorteil beim Erlernen einer Fremdsprache.

Wer neben Hochdeutsch Dialekt spricht, findet auch zu Fremdsprachen einen leichteren Zugang.

(Quelle: zeit.de/wissen/2013-05/leserartikel-dialekt-sprachkompetenz)

https://www.apotheken-umschau.de/familie/entwicklung/foerdern/dialekt-vorteil-oder-nachteil-fuer-kinder-791179.html

AstridDerPu

Ich mag Dialekte und fände es sehr traurig, wenn sie nach und nach verschwänden. Das wäre ein unwiederbringlicher Verlust deutschen Kulturguts. Man sollte bzw. kann Dialekte dort sprechen, wo sie hingehören, nämlich zu Hause in der Familie, unter Freunden, Bekannten und Kollegen, falls diese auch in der Gegend beheimatet sind, in Geschäften etc. in der betreffenden Region.

Aber man sollte auf jeden Fall in der Lage sein, sofort auf Standarddeutsch umzuschalten, falls jemand den Dialekt nicht versteht. Es macht überhaupt nichts, wenn dann noch ein z. B. hessischer oder schwäbischer Tonfall hörbar ist und sich auch mal ein dialektaler Ausdruck in die Rede verirrt, aber es sollte insgesamt verständliches Standarddeutsch sein. Sowohl Ausländer, die Deutsch gelernt haben, als auch Deutsche aus anderen Regionen sowie Österreicher und Schweizer sollten einen verstehen können, ohne dauernd nachfragen zu müssen.

Das funktioniert doch bei denjenigen Küstenbewohnern, die in ihrem Alltag Plattdeutsch (eine andere Sprache mit eigener Grammatik!) sprechen, in der Regel auch problemlos. Sie sprechen 2 Sprachen nebeneinander und schalten auf Standarddeutsch um, sobald es nötig ist.

adabei  10.01.2024, 11:02

Auch da kann ich jedes Wort unterschreiben.

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