Warum ist man südlich der Alpen "kitschiger"?
Ich mein das gar nicht abwertend. Im spanischen oder italienischen Kirchen stehen z.B. öfter mal Wachsfiguren rum. Die Figuren sind teils sehr realistisch und tragen auch echte Gewänder. Es gibt SEHR viele Kerzen, viele Bilder, usw. In Venedig waren die Wände einer Kirche z.B. mit Samt überzogen, das hat sehr gemütlich gewirkt.
Dagegen sind deutsche Kirchen doch oft recht kühl und ernst.
Aber auch die Straßen sind in Südeuropa oft wesentlich bunter und geschmückter als in Mitteleuropa.
5 Antworten
Dagegen sind deutsche Kirchen doch oft recht kühl und ernst.
Aber auch nur die evangelischen.
Die katholischen bieten auch in D genug Gold und Prunk, dass man sich sich gut ablenken kann.
Man lebt dort den Prunk mehr. Es sind auch eben uralte Riten, die beibehalten wurden. Dort lebt die Geschichte weiter. Bei der Semana Santa in Spanien, kann ein goldbestickter Marienumhang einer der Throne, die durch die Straßen getragen werden, gut und gerne eine halbe Million Kosten. Dafür kommen die Gemeindemitglieder auf oder es werden Spendenaktionen gemacht.
Es gibt kulturelle Unterschiede, die sich auch in der Religion ausdrücken. Katholische Kirchen sind meistens viel mehr ausgeschmückt aus die nüchternen evangelischen Kirchen oder gar jene der Reformierten. Die Unterschiede drücken sich auch in den Stilrichtungen aus. Romanische und gotische Kirchen sind nüchterner ausgeschmückt und wirken vor allem durch ihre erhabene Architektur, barocke Kirchen wirken mit ihren Verzierungen und Farben viel verspielter, was man vor allem bei Kirchen im Stil des Spätbarock und des Rokoko durchaus als kitschig empfinden kann. In Deutschland gibt es vor allem in Bayern viele Beispiele dieser Art.
Wobei das mit der Gotik oft täuscht. HEUTIGE gotische Kirchen sind relativ schlicht. Weil sie nämlich mit der Zeit geplündert oder umdekoriert wurden.
Zu damaligen Zeit waren die Kirchen oft zugestellt mit Altären, Bildern, Figuren, usw., die gestiftet wurden. Nach dem Konzil von Trient hat man versucht, dieses Chaos zu bändigen und hat mehr System in das Ganze gebracht.
Die Kunst wurde nun genutzt, um theologische Aussagen zu vermitteln. Nicht mehr, nur um sie zu sammeln.
Weil die Reformation in diesen Ländern so gut wie keine Rolle gespielt hat bzw. spielt. Sie liegt soweit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, das sie keine gesamtgesellschaftliche Relevanz hat. Und weil das so ist, fehlt es südlich der Alpen auch an Kirchen, in denen keine Heiligen verehrt werden.
Dort wird vor allen Heiligen vor allem Maria verehrt, ja bei manchen (insb. Frauen) irrtümlich sogar vor Jesus.
Das mag mit der Mentalität und dem Klima zusammenhängen. Im Norden hat man einen anderen Humor.
Wie mein (holländischer) Chef mal meinte: Das kleinste Buch der Welt ist die Gesamtausgabe des deutschen Humors. Der sah aber auch positive Seiten: Schicke einen Deutschen in den Dschungel und er kommt mit einem Porsche wieder rausgefahren.
Evangelische Kirchen gibt es in Spanien praktisch nicht. Das wären dort irgendwelche umgebauten Büros oder Läden.