Warum hat Deutschland so spät angefangen Kolonien zu gründen?

8 Antworten

Eigentlich hatten wir gar keine Kolonien, sondern Schutzgebiete.

Kolonien hatten die Engländer. Diese wurden erobert und die Einheimischen mittels Marionetten und Ausspielen der ethnischen Gegensätze zwischen Eingeborenen beherrscht. Divide et Impera.

Deutschland hingegen hatte nur Schutzgebiete. Diese entstanden aus Verträgen, die deutsche Firmen mit eingeborenen Herrschern schlossen. Die Eingeborenen erhielten Schutz vor Sklaverei (nicht nur der indigenen afrikanischen, sondern auch der arabischen) sowie vor ihren ständigen Fehden und Kriegen untereinander und Deutsche entwickelten das Land durch den Bau von Eisenbahnen, Brücken, Schulen, Krankenhäusern, kurz: Sie schufen eine moderne Infrastruktur, wovon die Einheimischen enorm profitierten. Der Lebensstandard der Afrikaner wuchs, ihre Sterblichkeit sank. Sie erhielten Zugang zu moderner Bildung und grundlegenden demokratische Reformen. Die Eingeborenen profitierten davon sogar mehr als die Deutschen selbst, für welche die Kolonien stets ein Verlustgeschäft waren. Der deutsche Weltverbesserungsidealismus hat sich damals in der Kolonialzeit ähnlich ungehemmt ausgehemmt ausgetobt wie beim heutigen Versuch der Deutschen, durch Masseneinwanderung die halbe Welt zu retten. ("Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.")

Gewiss, die Engländer taten dies auch. Doch England hat das alles nur aufgebaut, um die farbigen Völker auszubeuten. Die Menschenleben der Inder, Afrikaner, Iraner (eigentlich ging es schon mit den keltischen Iren los) zählten in England nichts. Deutschland hingegen hat eine konstruktivere Kolonialpolitik betrieben, also, wie man heute sagen würde, "Win-Win-Situationen" für Deutsche wie für die Eingeborenen geschaffen.

Warum waren wir so spät dran? Das hing mit Frankreich zusammen, das seit 1648 eine Einigung Deutschlands verhinderte und die deutschen Fürsten ähnlich gegeneinander ausspielte wie die Engländer dies mit den indischen und afrikanischen Fürsten taten. Auch hier das perfide, aber leider effektive Spiel des "Teile und Herrsche". Erst als Frankreich 1871 endlich besiegt war und die Deutschen eine gewisse Freiheit und mit dieser einen Nationalstaat gewannen, konnte man sich daran machen, auch wenigstens einen kleinen Platz an der Sonne zu gewinnen, wie es unser Kaiser später einmal formulierte. Natürlich war das Frankreich und England ein Dorn im Auge, doch 1885 konnte man sich in Berlin dennoch halbwegs einigen, ohne dass die Deutschen wieder einmal völlig zu kurz kamen. Erst 1919 hat Frankreich deutsche Länder und England die deutschen Kolonien geraubt.

Deutschland begann im Vergleich zu anderen europäischen Mächten relativ spät mit dem Erwerb von Kolonien. Das lag vor allem daran, dass es bis 1871 keinen einheitlichen deutschen Nationalstaat gab, sondern viele Einzelstaaten, die keine gemeinsame Außenpolitik betrieben. Nach der Reichsgründung lag der Fokus zunächst auf der innenpolitischen Stabilisierung und der Festigung der neuen Machtverhältnisse. Reichskanzler Bismarck stand kolonialen Bestrebungen lange ablehnend gegenüber, da er sie für wirtschaftlich unrentabel und politisch riskant hielt. Erst mit dem wirtschaftlichen Aufschwung im späten 19. Jahrhundert und wachsendem Druck von Handelsinteressen, nationalistischen Kreisen und der Öffentlichkeit kam es zu einem Umdenken. Im Zuge des sogenannten „Wettlaufs um Afrika“ wollte auch das Deutsche Reich nicht leer ausgehen und begann ab 1884 mit dem Aufbau eigener Kolonien. Im Vergleich zu Großbritannien oder Frankreich verfügte Deutschland allerdings über keine lange koloniale oder maritime Tradition, was den späten Einstieg zusätzlich erklärt.

Ich glaube, die Frage ist nicht zu beantworten, ob es uns heute besser oder schlechter ginge. Alle anderen Kolonialmächte haben auch viele Ressourcen in die Erhaltung ihrer Macht in den Kolonien gelegt, und sie bis heute alle verloren.

Bismarck wollte nicht, er wusste das es Zuschussgeschäfte werden würden, zumal die meisten Kolonien schon andere Staaten belegt gewesen sind und es nur noch unattraktive Gebiete gab. DE ist es und würde es auch nicht besser gehen, die Geschichte zeigte ja die Gräueltaten mit dem Genozid in Südwest und anderswo ist es nicht viel besser gewesen.

https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2022/06/genozid-in-namibia-so-dachte-der-erste-deutsche-voelkermoerder

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Weil Bismarck klug genug war sich erstmal darauf zu konzentrieren das junge Kaiserreich am Leben zu halten, bevor man angefangen hat andere zu unterdrücken.

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SirSilenius  25.05.2025, 21:17

Ja, das stimmt. Der späte Wettlauf um Afrika hat dann aber deutlich mehr Kosten als Nutzen gebracht, von allen Massenmorden mal gar nicht zu sprechen.

Das Deutsche Reich hatte nie eine Kolonie, sonder ledeglich Schutzgebiete, das steht sogar bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Kolonien
Die Kaiserliche Schutztruppe beschützte dort die deutschen Farmer und Händler in diesen Schutzgebieten.

Das deutsche Personal der Schutztruppe in Kamerun bestand 1914 lediglich aus 185 deutschen Offizieren. Unteroffiziere und Soldaten waren Einheimische:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schutztruppe_f%C3%BCr_Kamerun

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