Warum haben sich Interviews in Bewerbungsprozessen als Auswahlkriterium so festgesetzt?
Ja, diese Frage ist vollkommen ernst gemeint. Es ergibt für mich rein wirtschaftlich betrachtet keinen Sinn.
Was ist daran so schlimm?
Aus einem persönlichen Gespräch lassen sich überhaupt keine objektiven Kriterien entnehmen, die etwas über die Eignung und Qualifikation des Bewerbers verraten. Es bleiben also nur subjektive Kriterien übrig, die sich überhaupt nicht abmessen lassen. z.B optisches Erscheinungsbild, "Cultural Fit", "Team Match", Geschlecht etc.
Und daran werden Bewerber dann aneinander verglichen. Das schafft weder Fairness noch Transparenz. Und für den Unternehmenserfolg trägt das auch nicht bei, weil am Ende nur Leute eingestellt werden, die der Personaler symphatisch findet.
Introvertierte oder Menschen, die einfach ein bisschen anders ticken als der Durchschnitt (z.B neurodivergente Mensch wie ich mit meiner ASS) werden systematisch ausgegrenzt und aussortiert, obwohl sie im Beruf hohe Leistungen erbringen würden.
Was gäbe es für Alternativen?
Zum Beispiel Tests, praktische Aufgaben, situative Fragen oder Fallstudien. Sie geben erstens viel bessere und vorallem zuverlässigere Ergebnisse. Das größte Benefit aber wäre, dass die Ergebnisse klar messbar und so auch miteinander vergleichbar werden. Das würde willkürliche und unfaire Entscheidungen ausschließen und würde auch eine klare Transparenz anbieten.
Oder ganz simpel einfach die Bewerbungsunterlagen mit sämtlichen Arbeits- und Schulzeugnissen oder ggf. Projektzertifkaten.
Es gibt ja in manchen Bewerbungsprozessen auch Assessment Center. Aber ein Interview ist dann trotzdem immer dabei. Eigentlich sollte es garkeine Interviews geben. Weil der subjektive Eindruck bei manchen Bewerbern alles versauen kann, obwohl sie im Auswahlverfahren abgeliefert haben.
Also warum gibt es immernoch überall Interviews, obowohl sie das unzuverlässigste, subjetivste und damit auch fehlerbehafteste Instrument für die Auswahl von Kandidaten sind?
Ist vielleicht einfach nur Bequemlichkeit und Tradition der Grund? Weil man es immer schon so gemacht hat und man für nichts Neues offen ist. Wir sollten uns als Gesellschaft schließlich weiterentwickeln, anstatt alte Normen blind weiterzuführen. Dazu gehört es auch, manche Dinge zu überdenken und zu hinterfragen.
Wenn mir irgendeiner gute Argumente für Interviews liefern kann, wäre ich daran sehr interessiert, diese nachzuvollziehen. Aber ich kann aus rein logischer Sicht keine einzigen finden
Warum? Wissen alleine reicht nicht. Dann könnte man auch gleich einen Roboter einstellen. Ein Mensch ist mehr als reines Können. Das Mehr bringt kein Test ans Tageslicht.
Man muss Wissen und Können voneinander unterscheiden. Unter Können verstehe ich alle Fähigkeiten, die ein Mensch hat. Und die sind schon ausschlaggebend für den Unternehmenserfolg
7 Antworten
Man kann denjenigen kennenlernen. Ich meine, was sagt es dir wenn derjenige stinkend und mit fettigen Haaren kommt? Ich gebe dir vollkommen recht dass es nicht allzuviel bringt. Aber manche Dinge lassen sich dann eben herausstellen.
Sobald ich erste Mitarbeiter einstelle habe ich ähnliche Dinge wie du vorgeschlagen hattest vor. Eben einen Test, eine Situation oder ähnliches. Würde ich eine Immobilienmakler Firma gründen, dann würde das Gespräch mit einem spontanen Verkauf einer Immobilie als Test zu tun haben. Natürlich nur an mich, ist klar. Wenn ich denke derjenige kann verkaufen, dann hat die Person sehr gute Chancen genommen zu werden. Abschlüsse wären mir da komplett egal, diese würde ich gar nicht beachten. Wichtig ist mir, ob jemand als Immobilienmakler gearbeitet hat und ob er den Test besteht.
Gleiches gilt für viele andere Branchen auch. Je unwichtiger die Tätigkeit desto weniger Tests natürlich. Ne Putzkraft ist vermutlich direkt eingestellt da brauch ich keinen Test. Eine Assistenz ebenso, denn wenn sie nicht gut performed wird sie in der Probezeit gekündigt.
Im Finanzsektor wären mir zb Zertifikate und Performance Berichte am liebsten. Ein Studium eher zweitrangig, das sagt noch nichts über die Person aus. Ebenso wäre es mir da egal, ob die Person stinkend zum Vorstellungsgespräch kommt. Wenn die Person was drauf hat, dann hat er den Posten trotzdem. Ich spreche hier von einem Trader der keinen Kundenkontakt hat.
Im großen und ganzen bin ich bei dir. Ein Bewerbungsgespräch sollte nur klären wie die Person erscheint bzw einen kleinen Einblick in den Charakter geben.
es ergibt für mich rein wirtschaftlich betrachtet keinen Sinn.
Wirtschaftlich betrachtet ist das Risiko viel höher jemanden ungesehen einzustellen. Das persönliche Gespräch zeigt oder deutet zumindest den Charakter des Bewerbers an. Wie verhält dieser sich, wie redet er, wie Wandelbar ist die Person, besteht eine persönliche Sympathie, könnte es zu Konflikten mit anderen Angestellten kommen etc.
Zusätzlich kann man im persönlichen Gespräch auch super fragen zur Eignung der Person stellen, ohne das diese sich darauf vorbereiten kann.
Und daran werden Bewerber dann aneinander verglichen.
Das werden die Bewerber bereits mit der schriftlichen Bewerbung. Genau so funktioniert der Prozess für die Auswahl eines neuen Angestellten. Es wird verglichen bis man den für sich besten Kompromiss gefunden hat.
Und für den Unternehmenserfolg trägt das auch nicht bei, weil am Ende nur Leute eingestellt werden, die der Personaler symphatisch findet.
Das kann durchaus passieren, ist aber meiner Meinung nach nicht die Regel.
Introvertierte oder Menschen, die einfach ein bisschen anders ticken als der Durchschnitt (z.B neurodivergente Mensch wie ich mit meiner ASS) werden systematisch ausgegrenzt und aussortiert, obwohl sie im Beruf hohe Leistungen erbringen würden.
Das mag dir so vorkommen. Aber eigentlich ist es genau anders herum. Gerade solche Menschen können in einem persönlichen Gespräch Dinge klären und den AG von sich überzeugen. Wer das nicht kann, wird auch später sehr wahrscheinlich kein Zugewinn für die Firma sein. Du kannst der beste Friseur der Welt sein, aber wenn du nicht halbwegs mit deinen Kunden kommunizieren kannst wirst du irgendwann so gut wie keine Kunden mehr haben.
Die schriftliche Bewerbung, Noten, Tests, etc. sagen tatsächlich nichts über die waren Fähigkeiten einer Person aus. Wir hatten mal in meinem alten Büro eine Elektro-Ingenieurin mit Bestnoten. Leider dachte Sie aus der Steckdose kommt Gleichstrom... Hier hätte im Bewerbungsgespräch die Eignung eigentlich geprüft werden müssen und können.
Ich habe bisher in jedem Bewerbungsgespräch wo ich selber bei saß die technische Eignung der Bewerber geprüft. Kleine technische Denkaufgaben oder einfach mal eine technische Zeichnung vorlegen und durch den Bewerber bewerten lassen. Das ist meiner Meinung nach mehr wert als irgendwelche Noten.
Naja man sucht nicht nur jemanden, der qualifiziert ist und alle Kriterien erfüllt. Da kann man auch das Los entscheiden lassen. In Unternehmen kommt auch eine soziale Komponente dazu, der Bewerber muss auch ins Team passen. Und ganz ehrlich, ich nutze solche Gelegenheiten eben auch um Bewerber näher kennenzulernen, die vielleicht nicht die besten Qualifikationen haben aber das nötige Potenzial um etwas zu erreichen und das bekommt man in einem Gespräch/ Interview schon mit.
Genau diese subjektiven Aspekte spielen aber halt in vielen Jobs durchaus eine Rolle. Weil man ja nicht im Vakuum und für sich in den meisten Stellen arbeitet, sondern in Abteilungen, Teams, Projektgruppen und so. Und da ist es tatsächlich wichtig für den Erfolg des Teams und somit des Unternehmens, dass es auch zwischenmenschlich passt.
Die objektive Vorauswahl anhand "harter Fakten" findet ja bereits vorher statt - eben anhand der Bewerbungsunterlagen und der darin enthaltenen Zeugnisse, Zertifikate und so. Eingeladen werden dann die, bei denen diese objektiven, formalen Aspekte am besten zu dem Profil passen, was man für eine Stelle sucht (Achtung: nicht pauschal "die Besten", sondern die, die am besten zum Profil passen!).
Sicherlich kann man darüber streiten, ob diese Gesprächssituation wirklich dazu geeignet ist, jemanden so weit kennenzulernen, um beurteilen zu können, ob es zwischenmenschlich passt. Ich persönlich bin deshalb auch eher Fan von Schnuppertagen, direkt im Team, wo die Stelle zu besetzen ist! Allerdings sind die klassischen Bewerbungsgespräche unter den dafür zur Verfügung stehenden Instrumenten eben doch dann wieder das, was noch am wenigsten Zeit und Aufwand für Vor- und Nachbereitung kostet...
Wir verbringen einen enormen Anteil unserer wachen Lebenszeit bei der Arbeit und mit unseren Kolleg*innen. Da ist es schon wichtig, dass man dort nicht diese viele Zeit mit Menschen verbringt, wo so überhaupt keine Basis vorhanden ist.
Zudem spielt diese gewisse Basis durchaus eine Rolle bei der Zusammenarbeit! Wenn man ständig aneinander vorbei redet, ständig Missverständnisse auftauchen und das vielleicht sogar dazu führt, dass es Konflikte gibt, liefert man eben auch keine guten Arbeitsergebnisse.
Es geht somit nicht unbedingt darum, dort beste Freunde fürs Leben zusammenzuführen. Aber es ist schon wichtig, dass die Menschen, die dort miteinander arbeiten, ähnlich ticken.
Man will ja nicht die Katze im Sack kaufen oder in dem Fall einstellen.
Man will ja auch wissen mit wem man es da zu tun hat. Klar kann auch der erste Eindruck täuschen, sicher. Dennoch will man die Person kennenlernen. Man will sehen, passt das menschlich, passt er/sie ins Team und so weiter. Das kann man rein vom Papier nicht erkennen.
Die reinen Qualifikationen, Zeugnisse etc. sagen ja noch nichts über die Person aus. Grade bei Quereinsteigern will man der Person ja die Möglichkeit geben sich mal zu beweisen, warum sie sich grade für diese Stelle beworben hat. Klar nerven gewisse Fragen, aber da sollte man sich vorbereiten.
Früher lief das ja ähnlich ab. Man packte seine Zeugnisse ein und hat sich spontan vorgestellt. "Hallo, da bin ich!" hat auch funktioniert.
Ich halte das nicht so wichtig, dass es zwischenmenschlich passt. Schließlich muss man mit seinen Kollgen zusammenarbeiten, nicht mehr und nicht weniger. Man muss nicht jeden auf seiner Arbeit mögen oder gut befreundet sein. Das Wesentliche ist ja das Ergebnis von der gemeinsamen Arbeit und auf das sollte man sich konzentrieren. Und das lässt sich auch erwirtschaften, wenn das Verhältnis zwischen den Mitarbeitern rein beruflich und nicht privat ist.
Und ich bin durchaus dazu in der Lage, Berufliches von Privaten zu trennen und zwischenmenschliche Differenzen aus der Arbeit herauszuhalten.