Warum haben Katholiken die NSDAP nicht gewählt?

8 Antworten

Die katholischen Wähler wollten von der NSDAP nicht deshalb so wenig wissen, weil sie politisch besonders gut informiert, weil sie besonders vernünftig waren oder weil sie eine besonders feste demokratische Gesinnung hatten, sondern weil man als guter Katholik eben Zentrum wählte und das tat man, weil man zum katholischen Milieu gehörte. Zum Milieu gehörte man nicht durch eine frei getroffene Entscheidung. Man war in das Milieu hineingeboren und befolgte mehr oder minder unkritisch die von der kirchlichen Obrigkeit ausgegebene Wahlnorm. Zugespitzt gesagt: Die sehr geringe Anfälligkeit der kirchengebundenen Katholiken beruht auf einem geringen Maß an demokratischer Reife. Natürlich gilt nicht der Umkehrschluss, dass die Hinwendung der Protestanten zur NSDAP das Ergebnis besonderer demokratischer Reife war.
Der hervorstechende Zug des Wahlverhaltens der Protestanten war im Übrigen derselbe wie im Kaiserreich: Sie verteilen sich auf alle Parteien, außer auf das Zentrum, das weiterhin unwählbar bleibt. Konfession und Kirchenbindung – die im Übrigen, gemessen am regelmäßigen Gottesdienstbesuch, für die Protestanten nicht die gleiche Bedeutung hat wie für die Katholiken – wirkten sich gewissermaßen nur negativ aus. Es gehörte nicht zur Tradition der protestantischen Kirche, für das politische Verhalten ähnlich feste Regeln und Anweisungen zu geben, wie es die katholische Kirche tat.
https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1690

Das mit den 90 % Protestanten klingt sehr seltsam. Denn es gibt diese Fakten:

Nachdem die Deutschen Christen den sogenannten  Arierparagraphen in der größten evangelischen Landeskirche, der Altpreußischen Union, für Kirchenämter eingeführt hatten, gründeten die Pfarrer Eugen Weschke, Herbert Goltzen und Günter Jacob im September 1933 den Pfarrernotbund. Er rief alle deutschen Pfarrer zum Protest gegen den "Arierparagraphen" und zur Hilfe für Betroffene auf. Ab Mitte Oktober hatte der Pfarrernotbund eine feste organisatorische Struktur. Bis Januar 1934 schloß sich ihm mit etwa 7.000 Pfarrern ungefähr ein Drittel der evangelischen Geistlichen im Deutschen Reich an.
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/innenpolitik/bekennende-kirche.html
anonymos987654  20.01.2022, 14:10

"Die sehr geringe Anfälligkeit der kirchengebundenen Katholiken beruht auf einem geringen Maß an demokratischer Reife.

Natürlich gilt nicht der Umkehrschluss, dass die Hinwendung der Protestanten zur NSDAP das Ergebnis besonderer demokratischer Reife war."

Was dann die ganzen Analysen wiederum komplett widerlegt

und sich als bloße Unterstellung herausstellt,

dass Katholiken a n g e b l i c h nicht so besonders viel nachdenken würden und nur die beiden Wörter Ja und Amen kennen würden.

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Eigentlich eine bekannte Tatsache. Grundsätzliche Ursachen auch einer Ost-West- Verteilung & Ungleichheit wird in dem Buch "Die kürzeste Geschichte Deutschlands" von James Hawes sehr gut aufgearbeitet. Aber es gibt jede Menge seriöse Quellen zum spezifischen Wahlverhalten; z.B.:

https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1690

https://d-nb.info/1059397684/34

earnest  19.01.2022, 17:02

Die vom Fragesteller angegebenen Zahlen stimmen nicht. Die Tendenz ist korrekt.

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Ein Grund liegt darin, dass die evangelische Kirche viel stärker mit dem Staat verbunden ist als die katholische Kirche.

Die evangelische Kirche ist nämlich als Landeskirchen organisiert (EKD = Ev. Kirche Deutschlands, Oberhaupt = in Deutschland ansässig), während die katholische Kirche eine Weltkirche ist (Papst = in Rom stationiert).

Zudem sind Evangelische aufgrund von Röm 13 wesentlich loyaler dem Staat gegenüber, während sich Katholiken mehr an Apg 5, 29 orientieren.

Rotfuchs716  02.12.2022, 00:11

Die CDU/CSU hat jedoch seit Kriegsende ihre Wurzeln mehrheitlich im katholischem Raum d.h. in Süddeutschland.

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Quellenangabe bitte.

Ich zweifle doch stark an dieser Behauptung

Die haben mehrheitlich die Zentrumspartei gewählt. Vereinfacht gesagt ein Vorläufer der CDU, wobei es diese heute noch gibt, aber deren Mitglieder nach dem Krieg die CDU gegründet haben, weil die Zentrumspartei damals eine rein katholische Partei war.