Jeder Mensch urteilt über andere und wertet Auftreten, Persönlichkeit, soziale Stellung, Charakter usw. immer in Bezug auf die eigene Person und die eigene soziale Gruppe, das ist ein grundlegender Teil normaler menschlicher Interaktion.
Ein Vorurteil entsteht nur, wenn das Urteil/die Wertung nicht auf faktischem Wissen beruht, sondern sich aus irgendwelchen dümmlichen Gründen an irrelevanten Parametern festmacht, die letztlich nichts mit den tatsächlichen Werten zu tun hat.
Andererseits kann man auch über eine Gruppe urteilen (Menschen, die eine spezifische Eigenart teilen) und diese ablehnen ohne das als Vorurteil deklarieren zu müssen, weil man diese spezifische Eigenart aus faktischen Gründen ablehnt.
Insofern sehe ich meine Urteile über andere eben nicht als Vorurteile, weil ich sie reflektiere, ständig analysiere und am Faktischen prüfe. Ein Grenzbereich wäre hier wo es aus dem messbaren/naturwissenschaftlich begründbaren in den Bereich der Überzeugungen und Ideale geht. Glaube und Überzeugung entziehen sich dem Faktischen und darauf basierende Urteile sind oft nicht von Vorurteilen abzugrenzen.
Z.B. vertrete ich die Position des evolutionären Humanismus und kann in keiner Weise dogmatische Gläubige/religiöse Extremisten akzeptieren und würde sie von vornherein aus meiner Welt ausschließen bzw. ihren Stellenwert als minderwertig betrachten.
Dazu kommt natürlich noch die unbewusste Bewertung von Menschen mit differierenden Eigenschaften. Generell finde ich das nicht problematisch solange man immer wieder die eigenen Bewertungen hinterfragt, aber es gibt auch interessante Tests mit denen man sich diese unbewussten Vorurteile bewusst machen kann. Z.B. der Implizierte Assoziationstest von Harvard https://implicit.harvard.edu/implicit/user/demo.germany/demo.germany.germany/static/takeatest.html
Einige der Ergebnisse haben mich auch überrascht obwohl keine Extreme auftraten.