Warum dauert es so lange eine Kirche wie z.b Notre Dame zu Restaurieren?

5 Antworten

Ein Hochhaus zu bauen ist was anderes als ein uraltes und dazu noch riesiges Gebäude zu restaurieren, das möglichst originalgetreu erhalten bleiben soll. Da geht es um Präzisionsarbeit und um etliche Vorsichtsmaßnahmen, damit dort bei den Arbeiten bloß keine Schäden entstehen oder aus Versehen das ganze Ding abfackelt.

Ach ja, ne. Vergessen Sie das Letzte...

Ein Grund sind die Baumaterialien und -techniken. Es wir natürlich versucht, so wie früher zu bauen, was einfach länger dauert.

Dan gibt es wohl keine Baupläne. Man versucht alles aus Fotos zu rekonstruieren.

Wichtigster Grund: Das Geld fehlt. Es wird wo schnell gebaut, wie das Geld herein kommt.

SEBHH  30.09.2019, 23:17

Fünf Jahre ist auch nicht soooo lange. Google mal die Bauzeit der Sagrada Familia in Barcelona...

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Fandflasche123 
Fragesteller
 30.09.2019, 23:19

Ja aber Geld haben die doch Genug oder nicht hat nicht sogat Gucci gespendet. Ist das mit dem Geld auch das Problem bei Deutschen Autobahnen Baustellen? Ich fahre jeden Tag seit einem Jahr an einer vorbei und habe noch nie Jmd arbeiten sehen.

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ArchitektinA  01.10.2019, 09:20

Es gibt sehr genaue, digitale Scans und 3D-Modelle des gesamtes Bauwerks. Da wird nix nur anhand von Fotos rekonstruiert...

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BVBDortmund  28.10.2019, 20:42

Was ist genau das Problem mit dem Baumaterialien? Muß man da den alten Steinbruch finden, damit die Restaurierung autenthisch wirken kann?

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RobertLiebling  17.05.2021, 18:21
@BVBDortmund

Afaik geht es um das Holz. Buchenholz in der benötigten Qualität und Größe gibt es anscheinend nicht an jeder Straßenecke.

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Zunächst mal ist so eine Kirche ein riesiges Gebäude. Bei allen Maßnahmen geht es also um sehr große Volumen und Flächen.

Dann kann man nach einem solchen Brand nicht einfach drauflosbauen. Erstmal muss der ganze Schutt beräumt werden, wobei das Gebäude auch gesichert werden muss, z.B. mit Notabstützungen, damit die Arbeiter nicht durch weitere herabfallende Trümmer o.ä. gefährdet werden. Auch dafür muss aber erstmal der Bestand untersucht werden, und die Sicherungsmaßnahmen müssen geplant und berechnet werden.

Bei der Beräumung der Trümmer wird das geschädigte Material sicherlich gründlich untersucht, um noch möglichst viele Informationen über die bauzeitliche Konstruktion zu gewinnen.

Dann muss der übriggebliebene Bestand genau untersucht werden: Wie schwer und wie umfangreich sind die Schäden genau? Wie standsicher sind die Wände, Gewölbe etc. noch? Wie stark hat die Hitze die Steinsubstanz geschädigt? Wo gibt es Risse? Das alles erfordert umfangreiche Untersuchungen und Berechnungen, die man nicht "mal eben" machen kann, das dauert - auch angesichts der Größe des Bauwerks - viele Monate.

Dann wird ein Restaurierungskonzept entwickelt, wobei viele Fachleute eingebunden sind: Architekten, Statiker, Restauratoren, Steinexperten und viele andere. Es muss entschieden werden, welche Materialien abgetragen und ersetzt werden müssen, und welche erhalten bleiben können. Oft muss abgewogen werden, ob man ein Konstruktionselement möglichst originalgetreu wiederherstellt, oder ob an bestimmten Stellen eine Ausführung mit moderneren Methoden notwendig oder sinnvoll ist.

Wenn die Planung weit genug gediehen ist, müssen die Bauaufträge vergeben werden. Dazu werden Leistungsverzeichnisse erarbeitet, in denen jede der auszuführenden Arbeiten in Worte gefasst ist. Dann werden damit Angebote eingeholt, d.h. die Baufirmen, die Interesse an dem Auftrag haben, müssen für jede einzelne Position der Leistungsverzeichnisse einen Preis kalkulieren. Die Angebote werden dann geprüft und ausgewertet, und eine Firma, die für diese Arbeiten qualifiziert genug ist und ein verhältnismäßig günstiges Angebot gemacht hat, bekommt den Auftrag. (Bzw. viele verschiedene Firmen, für die unterschiedlichen Gewerke wie Maurer, Steinmetze, Zimmerleute u.s.w.)

Und dann erst beginnen die eigentlichen Arbeiten zur Wiederherstellung des Bauwerks, die bei der Größe des Vorhabens auf jeden Fall etliche Jahre dauern werden. Ich bin mir sehr sicher, dass fünf Jahre dafür nicht ausreichen, das wird deutlich länger dauern. Ich denke eher, dass man schon froh sein kann, wenn man die Sicherungs-, Untersuchungs- und Planungsphase in diesem Zeitraum schafft.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
ArchitektinA  01.10.2019, 09:16

Beste Antwort!
Ich rechne auch nicht damit, dass die in fünf Jahren fertig sind. Diese Zahl in den Raum zu stellen, war reiner politischer Populismus...

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verreisterNutzer  18.05.2021, 04:38
@ArchitektinA

"Populismis" würde ich das nicht mal nennen , sondern eher situationsbedingt ggf. eher übermäßigen Optimismus .

Anderen historischen Bauwerken wiederfuhr auch mal Schaden , aber evtl. geht das nach heutigen Erkenntnissen auch nichtmehr überall so einfach , wie man es andernorts vor 70 bis 300 Jahren noch veranschlagte .

Wir reden immerhin von Notre Dame ... , da geht ggf. heutzutage nicht mehr alles 1:1 wie die damaligen Planer es konzipierten .

Streng genommen ist der Kölner Dom selbst 2021 noch nicht wirklich vollendet .

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summerblue85  16.10.2019, 11:06

Super aufgeschlüsselt! Ergänzen würde ich noch, dass die Arbeiten so speziell sind, dass es gar nicht besonders viele Handwerker gibt, die das umsetzen können. Man wird sicher froh sein können, wenn man alle Aufträge zeitnah vergeben kann, noch dazu mit zeitlichen Vorgaben.

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Gummipunkt  16.10.2019, 11:18
@summerblue85

Stimmt, danke für die Ergänzung.

Zu erwähnen ist im Übrigen auch noch, dass die ganze Baustelle nach dem Brand mit gesundheitsgefährdenden Stoffen kontaminiert ist, wie z.B. PAK-haltigem Brandruß, und momentan ist auch eine Bleibelastung der ganzen Umgebung als Folge des Brandes in den Medien. Das erschwert die Arbeiten zusätzlich, da die Leute mit Schutzanzügen, Atemschutzmasken etc. arbeiten müssen.

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Birnenmensch182  18.05.2021, 04:17

Die Kirche abzureißen und eine neue zu bauen würde vermutlich schneller gehen.

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Das ist beim Kölner Dom genauso! An der einen Seite wird restauriert während an der anderen Seite schon wieder die Umwelteinflüsse den Stein zersetzen. Man wird nie fertig. Steinmetz in der Dombauhütte ist ein krisensicherer Beruf.

Vielleicht, weil ein Wolkenkratzer leichter mit den heutigen Techniken zu bauen ist, als ein beschädigtes Gebäude mit den Techniken der Zeit vor 400 oder 500 Jahren ?