Warum darf man kein Dialekt mehr sprechen?

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Dialekten hängen leider nach wie vor zahlreiche Vorurteile und Irrglauben an, z. B. dass Dialektsprecher weniger intelligent seien oder der Dialekt die Rechtschreibleistung von Kindern verschlechtere. Oft werden Dialekte auch als eine entartete Form der Standardsprache gesehen, die nur von bildungsferneren Schichten und auf dem Land gebraucht wird. All das ist natürlich absoluter Schwachsinn.

Sprache und Intelligenz hängen natürlich nicht zusammen und da Dialekte vor der Standardsprache da waren, können sie gar nicht von ihr abstammen, sondern nur andersrum. Was die Rechtschreibleistungen angeht, ist sogar wissenschaftlich bewiesen, dass dialektsprechende Kinder durchschnittlich 30% weniger Fehler machen als ihre standarddeutsch erzogenen Kameraden.

Leider sind diese Stigmatisierungen immer noch weit verbreitet, weswegen in ganz Deutschland ein massiver Dialektschwund zu verzeichnen ist, im Norden sogar deutlich stärker als im Süden. Dazu trägt auch bei, dass in Schulen jahrzehntelang versucht wurde, Kindern ihre Dialekte auszutreiben, wie es jetzt auch bei dir passiert. Ob es überhaupt legal ist, das Dialektsprechen in der Schule ganz zu verbieten, weiß ich leider nicht. Allerdings gibt es mittlerweile einige Schulen und Kindergärten, wo gezielt Dialekt unterrichtet wird, um dieses Kulturgut vor dem Untergang zu retten.

Du solltest auf gar keinen Fall aufhören Dialekt zu sprechen! Dialekte sind ein absolut erhaltenswertes Kulturgut und ein essentieller Bestandteil regionaler Identität. Manche sind sogar als offizielle Regionalsprachen anerkannt. Deutschland ohne Dialekte ist wie Großbritannien ohne Queen. Deine Schulleitung sollte sich unbedingt mehr Ahnung anlesen bevor sie derart hirnverbrannte Verbote erlässt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich studiere Germanistik

Dialekte gehören unzweifelhaft zum Kulturgut jedes Einzelnen, beinhalten aber oft Redewendungen, die mit der Stammsprache unvereinbar sind und auch als Anzeichen eines unzulänglichen Wissensniveaus gewertet werden können. Ein Preusse benötigt viel Phantasie um zu verstehen, was ein Bayer mit Woins noo a Semmö meint, oder umgekehrt ein Bayer in Berlin mit "Willste noch ne Schrippe". Dialekte sollte man nicht "lernen", denn sie haben keine festen Regeln, man schnappt sie auf. Als Kind sprach ich Bördeplatt auf der Straße bis in unserem Ort Flüchtlinge aus dem Egerland einquartiert wurden, deren Dialekt teilweise unverständlich war, aber interessant. Ähnlich war es viele Jahre später mit (Filder-)Schwäbisch, hat mir aber weitergeholfen.

Servus mitnand :)

Ja, die Frage ist etwas älter, aber die Diskussion an sich bleibt mit Sicherheit noch länger bestehen.

Also bei mir in der Arbeit hauen wir uns die verschiedenen Dialekte nur so um die Ohren und wir haben immer eine super Gaudi :) Die ausländischen Kollegen findens auch gut und verstehen relativ schnell unsere Dialekte (is immer ne Willensfrage...).

Ich finde z. B. in einer oberbayerischen Schule darf ein Kind welches aus Oberbayern kommt, selbstverständlich auch so sprechen, zu Hause wird ja meist auch Dialekt gesprochen. Wenn die "Zugereisten" und "Zugezogenen" bei uns ihr Hochdeutsch, Sächsisch oder was auch immer sprechen wollen, haben Sie selbstverständlich ebenfalls das Recht darauf. Wenn sie oberbayerisch nicht verstehen, ist das allerdings ihr Problem, denn sie haben sich für unsere Gegend entschieden und sind im Zugzwang sich anzupassen. Im Notfall kann man es ja immernoch auf Hochdeutsch erklären.

Fazit: Dialekte und übrigens auch Bräuche zählen zur deutschen Kultur und müssen genauso respektiert und akzeptiert werden, wie die Kultur, die Ausländer mitbringen. Würde man also Dialekte an Schulen verbieten, kann man auch direkt Nationale und Internationale Bräuche verbieten und weltweit eine trübe graue Masse züchten. Muss dann auch niemand mehr in den Urlaub fahren, da eh uberall alles gleich ist :)

Der Intellekt hängt mit Sicherheit nicht mit dem Dialekt zusammen. Jeder Bürger hat gleichermaßen die Chance, sich ein Buch zu nehmen und sich zu bilden. Wenn man allerdings in einem geschäftlichen Meeting sein Bayerisch raushaut und eventuell noch internationale Personen involviert sind, wirkt das meiner Meinung nach eher respektlos den andern ggü. und man kann davon ausgehen, dass dich die anderen nicht verstehen. Da kommt es aufs Individuum an, ob man sich für so einen Job verstellen will und hochdeutsch redet, oder ob man eher dem Dialekt treu bleibt und sich eine Arbeit sucht, wo man ihn ausleben kann. Muss jeder selbst wissen, leben und leben lassen ;)

Aber einfach in der Schule den Dialekt verbieten, weil man meint man muss eine perfekte Hochdeutschelite erziehen, halte ich für Quatsch und da würde ich auch direkt mit dem jeweiligen Lehrer zusammenrücken und ihn ggf. vor Gericht wieder treffen. Wer nämlich solche Probleme hat, dem ist nicht mehr zu helfen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Es sprechen ohnehin die wenigsten Leute in Deutschland noch Dialekt (abgesehen von Bayern und dem Saarland). Meistens sind es nur noch regionale Akzente.

Die Entscheidung hängt vom Lehrer ab.. einigen ist es egal.

wie kommst du darauf? Sprechen Berliner kein Dialekt? Oder Hamburger, Kölner, Sachsen, Thüringer, Schwaben usw?

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Ich habe gerade eben in einer anderen Antwort (zu einer ganz anderen Frage) geschrieben, dass ich wenig von Verboten halte. So auch hier: dieses Verbot erscheint mir nicht sinnvoll.

Man kann durchaus sowohl Hochdeutsch als auch einen Dialekt beherrschen. Und ich schließe mich der Ansicht an, dass dies ein erhaltenswertes Kulturgut ist. Der Physiker Einstein hat Schwäbisch gesprochen.

Ich sage zwar auch, dass man Hochdeutsch können sollte (vor allem in Bezug auf die Schriftsprache), dennoch macht ein "Dialektverbot" die Kultur nicht reicher, sondern ärmer.  

Süch ens d'r Schmitz, met singem Fitz

Die sin ald jetz su voll wie an Spritz

Hä fällt dem Zigarettenböy üm d'r Hals

Brüllt met'ner Stemm su voller Schmalz

Heidewitzka, Herr Kapitän

Mem Möllemer Böötche fahre mer su jähn

https://www.youtube.com/watch?v=kMAHqLIdTqg

Damals hatte man noch einen "Zigarettenboy", es wurde nicht nur getrunken (uha, ungesund!), sondern auch noch geraucht (uha, noch ungesünder!). Ich bin Nichtraucher, aber diese deutsche "Verbieteritis" stört mich doch ein wenig, wenn ich ehrlich bin.

Mein Opa hat Kölsch gesprochen (und hat geraucht).

Hätte er Hochdeutsch gesprochen und nicht geraucht, wäre zwar alles "korrekt" gewesen - aber auch viel langweiliger.

Eimol em Johr well mer der Drachenfels sin

Wo köme mer süns hin?