Studium Medieninformatik oder Ausbildung Fachinformatiker f. Anwendungsentwicklung?

Rubezahl2000  23.09.2022, 18:41

Bist du gut in Mathe und Englisch?

juno8430 
Fragesteller
 25.09.2022, 06:17

Ja, sehr gut in Englisch sogar.

2 Antworten

Von Experte grtgrt bestätigt

Ich habe "fast" beides gemacht.
Ich habe eine Ausbildung als Fachinformatiker (allerdigns Systemintegration) abgeschlossen und studiere aktuell Medieninformatik.
Da das Vorgehen bei beiden Ausbildungen allerdings gleich ist und der Inhalt zu ~70% ebenfalls, denke ich kannst Du ein wenig von meinen Erfahrungen profitieren.

Ich bin ein relativ fauler Mensch was trockenes lernen angeht.

Naja, in der Ausbildung hast Du einmal die Woche (oder Blockweise) Berufsschule, was eben... naja ganz normale Schule ist.

Im Studium hast Du die Vorlesungen, die ebenfalls Frontalunterricht sind, aber recht wenig vom Studium ausmachen.

Andererseits beinhaltet das Studium bei mir drei Projekt Kurse über 2 Semester. Für die Kurse gab es fast garkeinen Frontalunterricht, bzw. nur mit Einwilligung der Studenten, wenn das Thema zu einem der Projekte gepasst hat.
Ansonsten bestand die Präsenzzeit aus Besprechungen und Feedback.

In der Ausbildung gab es zwar auch ein Mittelstufenprojekt in der Berufsschule, aber das hat einen viel kleineren Umfang (alleine schon weil es nur während der Berufsschulzeit bearbeitet wird).

Allerdings:
Was das trockene Lernen angeht, sollte Dir bewusst sein, dass Medieninformatik ein MINT Studium ist und Mathe gerade in den ersten zwei Semestern wichtig ist.
Die Grundlagen der Mathematik sind sehr theoretisch und trocken, müssen um Studium aber gelernt werden.
In der Ausbildung hast Du das nicht, da hat man nichteinmal Mathe als Fach.
Dort muss man praktisch nur die Bool'sche Algebra und das Binär- und Hexadezimalsystem lernen.

Ich weiß, dass ich mich bei beiden Optionen auch nebenbei mit neuen Erscheinungen in der Welt der IT befassen muss (also extra Lernstoff habe).

Ein Unterschied ist, dass bei der Ausbildung das Gelernte sehr an den Betrieb gebunden ist. Du hast den theoretischen Teil der Berufsschule und ein paar Vorgaben, die die Betriebe erfüllen müssen, aber was Du praktisch lernst, ist immer am Betrieb gebunden.
Ein Mitschüler hatte in seinem Betrieb z.B. alles mit Linux gemacht, wovon ich auch am Ende meiner Ausbildung keine Schimmer hatte.

Im Studium lernst Du die Grundlagen, hast dann aber die Möglichkeit das Studium an Deine Wünsche/Ziele anzupassen. Willst Du mehr Programmieren, kannst Du mehr Kurse fürs Programmieren wählen und so weiter.
Da gibt das Studium - zumindest meiner Meinung nach - mehr Freiheiten.

Ich bin affin für Mediengestaltung.

Da hat das Medieninformatik Studium natürlich einen großen Vorteil.
In der Ausbildung lernst Du so ziemlich nichts über Mediengestaltung. Höchstens ein paar wenige Grundlagen zum Interfacedesign.
Im Studium ist Design und Mediengestaltung ein fester und recht großer Bestandteil des Studiums, der sich durch alle Semester durch zieht.
Angefangen mit den Grundlagend er Gestaltung, über das praktische Nutzen in der Informatik (etwa in der Gestaltung von Webseiten), bzw. in digitalen Medien, bis hin zu kompletten Gestaltungsprojekten und mehr. So zumindest was ich von meinem Studium erzählen kann.

Ich möchte neue Leute kennenlernen.

Naja gut, das wirst Du sowohl in der Ausbildung als auch im Studium.

Ich möchte in der Arbeitswelt nicht benachteiligt behandelt werden.

Das wirst Du weder mit einer abgeschlossenen Ausbildung noch mit einem abgeschlossenen Studium.
Besonders nicht bei dem aktuellen Fachkräftemangel, der sich in den nächsten 3-4 Jahren vermutlich nicht groß ändern wird.

Ich möchte programmieren, so viel weiß ich, und am liebsten im Home-Office.

Programmieren wirst Du bei beiden,
Home-Office machen allerdings wohl bei keinem.

Home-Office ist bei einer Ausbildung generell nicht möglich und auch bei einem Studium ist das Lernen in Präsenz vorgesehen.

Allerdings ist das Studium da auch wieder flexibler.
An meiner Uni (andere handhaben das ggf. anders) ist z.B. die Anwesenheit völlig freiwillig. Es liegt in der Verantwortung des Studenten den Stoff zu lernen.
So habe ich bei manchen Modulen die Vorlesungen nicht besucht und mir den Stoff selbst beigebracht.

Manche Profs haben ihre Vorlesungen während der Coronazeit auch aufgenommen und Online zur Verfügung gestellt.
Während dieses "Home-Office" durch Corona nur temporär war, verwenden manche Profs die Vorlesungen allerdings weiter, sodass es da keine Vorlesung in Präsenz gibt.

Auch an meiner Partner Uni (ich mache derzeit ein Auslandssemster) werden viele Vorlesungen online als Video angeboten und nicht in Präsenz.

Bei soetwas kommt es aber immer ganz auf die Uni und auf die Profs an.
Da sollte man nichts pauschalisieren.

Was meint ihr? Was wäre wohl die bessere Option für mich?

Ich persönlich würde wohl sagen Studium,
aber ich denke nicht, dass das jemand anderes als Du selbst entscheiden solltest.

Schau Dir genau an welche Inhalte die Ausbildung und das Studium Dir bieten und was Dir davon eher zusagt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Informatik Studium.
juno8430 
Fragesteller
 25.09.2022, 06:25

Wow! Erstmal vielen Dank für deine extrem ausführliche Antwort. Das ist mehr Hilfe als ich von einer Studien- oder Berufsberatung jemals erwarten würde..

Darf ich denn fragen, wieso du nun ein Studium machst, obwohl du schon eine Ausbildung hast, und ob du nach der Ausbildung schon gearbeitet hast?

Was sind für dich die stärksten bzw. auch kleinere Nachteile der beiden Seiten?

Du meintest neue Leute lerne ich bei beidem kennen. Hast du einen Unterschied bei den Menschengruppen festgestellt?

Liebe Grüße

(und sorry für die ganzen Fragen, es ist mir nur wirklich sehr wichtig, da jetzt die richtige Entscheidung zu treffen.)

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apophis  25.09.2022, 07:34
@juno8430
Darf ich denn fragen, wieso du nun ein Studium machst, obwohl du schon eine Ausbildung hast, und ob du nach der Ausbildung schon gearbeitet hast?

Als ich auf Ausbildungssuche war, habe ich mich für beides beworben, Systemintegration und Anwendungsentwicklung. Eine Zusage habe ich dann für eine Ausbildung für Systemintegration bekommen.
Naja, im Laufe der Ausbildung habe ich gemerkt, dass ich den Teil der Informatik nicht so toll finde, dass ich da längerfristig mit arbeiten will, und ich viel mehr Spaß am Programmieren habe.

Eine zweite Ausbildung zu machen fand ich allerdings doof, also habe ich mich fürs Studium entschieden.

Gearbeitet habe ich zwischendurch nicht. Nach der Ausbildung habe ich ein Jahr lang mein Abi nachgeholt und hab dann gleich mit dem Studium angefangen.

Was sind für dich die stärksten bzw. auch kleinere Nachteile der beiden Seiten?

Naja, ein starker Nachteil beim Studium ist natürlich, dass es Geld kostet.
Bei der Ausbildung bekommt man Geld.

Eine Ausbildung bietet weniger Fachwissen,
ein Studium hingegen weniger Praxiserfahrung, auch wenn ein Studium an einer Hochschule praktischer ausgelegt ist als an einer Uni.
Beim Studium ist man immernoch von der Arbeitswelt "abgeschnitten".

Weniger Nachteil der Ausbildung, eher ein Vorteil des Studiums ist mMn. die freie Zeiteinteilung.
Hast Du viel privat um die Ohren oder zu viel Stress bei den Kursen, kannst Du einfach einen Kurs wegfallen lassen und in einem späteren Semester nachholen.
Ich studiere z.B. ein Jahr länger, hatte dafür die ersten 4 Semester aber nur durchschnittlich 3 statt 5 Module, was sehr entspannt ist.

Du meintest neue Leute lerne ich bei beidem kennen. Hast du einen Unterschied bei den Menschengruppen festgestellt?

Hmm, nicht wirklich.
Vom Alter war bei beiden alles dabei, von frisch aus der Schule bis vorher 5 Jahre+ gearbeitet.
Interessen waren auch ähnlich. Eben IT/Computer affin.

Beim Studium ist es nur so, dass mit der Zeit immer wieder Studenten aufhören und sich "die Herde ausdünnt". Sowas hat man bei der Ausbildung seltener.

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Also wenn du dich selbst schon als "faul" bezeichnest, dann ist das nicht die beste Vorraussetzung für ein Studium...

Bedenke, ein Studium ist und bleibt eine Vollzeitbeschäftigung, und nur ca. 1/3 der Zeit für dein Studium sollst du im presänz absolvieren, der Rest ist Eigenverantwortung.

Insofern, wenn du kein Interesse hast zu den Pflichtveranstaltungen noch etwas zusätzlich zu machen, dann bin ich jetzt einfach Mal so frech und behaupte dass du ein Medieninformatik Studium nicht schaffst.

Da spielt es dann auch keine Rolle dass das Gehalt besser ist oder du mehr in der Richtung liegst was du eigentlich machen willst

apophis  24.09.2022, 06:26
Also wenn du dich selbst schon als "faul" bezeichnest, dann ist das nicht die beste Vorraussetzung für ein Studium...

Da solltest Du vieleicht weniger faul sein und den ganzen Satz lesen. ;P

Die FS schrieb, dass sie faul ist -> "was trockenes Lernen angeht".
Sie schrieb nicht, dass sie faul sei.

Insofern, wenn du kein Interesse hast zu den Pflichtveranstaltungen noch etwas zusätzlich zu machen

Nur, dass beim Medieninformatik Studium, abgesehen von 1-2 Kursen, der Eigenlernanteil nichts mit trockenem Lernen zu tun hat.

Wenn ich mal an so das zweite Semester denke, bestand der wöchentliche Selbstlernteil von 5 Kursen aus:
- an einem Projekt arbeiten
- an einem Projekt arbeiten
- Programmieraufgaben lösen
- Gestaltungsaufgaben
- Aufgaben zur Rechnernetze (ein wenig trocken)

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