Sohn (10) ADHS. Aggressiv und launisch. Vorpubertät?

3 Antworten

Meine Diagnose habe ich erst als Erwachsener bekommen. Die Medis sind schon sehr hilfreich. Da ich als Kind nichts hatte, musste ich mir mit "Maskierungs-" und anderen Überlebensstrategien helfen.

Die funktionieren auch heute noch, werden aber durch die Medikamente (bei mir Elvanse Adult) unterstützt.

Bekommt Dein Sohn auch Medikamente? Insbesondere das "Hibbelige" entspannt sich deutlich. Man kann die Blockade überwinden, die einen z.B. daran hindert, Freundschaften zu pflegen. Hausaufgaben haben eine ähnliche ... Reaktanz bei mir ausgelöst, jedenfalls in den Fächern, die mich nicht so interessiert haben.

Es gab halt so viele andere, so viel interessantere Sachen, die man alle angefangen hatte und man wollte sich lieber damit beschäftigen als in Erdkunde Hauptstädte auswendig zu lernen, die man später sowieso nachschlagen kann. (Leider zählte auch Mathe oft dazu, was ich erst viel später bitter bereut habe. :-) )

Hätte ich damals schon die Medis gehabt, es wäre wohl vieles anders gekommen.

Dann macht nicht mehr mit. Ganz ehrlich der soll kein Fregatte Schein für alles bekommen. Wenn er so genervt ist dann ignoriert ihr ihn und wenn es sein muss schimpft ihr und sagt was Sache ist. Weil sonst klappt das nicht.

Hi, Denise,

ich habe auch ein ADHS-Kind im Schulalter. Folgende Dinge sind einfach wichtig zu wissen:

Kinder mit ADHS haben eine andere Wahrnehmung. Sie nehmen ihre Umgebung intensiver wahr, alles aufeinmal und haben keinen Filter. Das führt dazu, dass sie ganz schnell überreizen, dass ihnen alles zu viel wird, weil sie es nicht verarbeiten können. Rede mit deinem Sohn darüber und zeig Verständnis für seine Situation. Frag ihn, was ihn besonders stört. Und dann könnt ihr gemeinsam Strategien entwickeln, wie er sich selbst besser regulieren kann.

Meiner Tochter hilft bei Überreizung zum Beispiel:

  • Kopfhörer auf und erstmal eine halbe Stunde die Umwelt ausblenden
  • in einer selbstgebauten "Höhle" verstecken, wo es dunkel ist
  • einen Plüsch-Onesie anziehen (wenn es kühl ist) oder alle außer Schlüppi ausziehen (wenn es warm ist)

Grundsätzlich sind folgende Reize schwierig: zu hell, zu laut, zu kalt, zu warm/heiß, Wind/Sonne, zu viele Personen im Raum, die gleichzeitig reden, Hunger/Durst/Klo. Finde heraus, was davon für ihn problematisch ist und dann könnt ihr das vermeiden oder verbessern.

Gerade nach der Schule ist er wahrscheinlich völlig durch. Zu viele Kinder, zu laut, zu viele Eindrücke und Reize aufeinmal. Gib ihm danach die Zeit, dass er sich runterfahren kann. Alle Kinder machen das anders. Trefft Vereinbarungen dafür, z.B. "Hier, nimm deine Kopfhörer, ein Getränk und setz dich erstmal eine halbe Stunde in deine Höhle mit deinem Tablet. Danach schauen wir uns die Hausaufgaben an."

Wenn Aufgaben zu erledigen sind, sind ADHS-Kinder häufig mit Dingen überfordert, die man nicht sofort überschauen kann. Zum Beispiel bringt es gar nicht, wenn du ihm sagst "Räum dein Zimmer auf." Du musst ihm kleinteilige Aufgaben geben, z.B. "alle Autos kommen jetzt wieder in die blaue Kiste." Das ist eine Aufgabe, die er überblicken kann. Von einer ungenauen Ansage ist er vermutlich überfordert, weil das wieder viel zu viele Schritte aufeinmal wären. Du musst ihm dabei helfen, dass er lernt sich selbst zu strukturieren.

Alleine lassen kann man ihn auch nicht, weil er sich nur verletzt. Letztens hat er sich sogar sein Kinn in der Wohnung komplett aufgeschlagen, weil er so überdreht ist. Oder bricht sich oft draußen fast was und hat 1000 andere kleinere Verletzungen.

Das ist völlig normal und wird sich auch nicht ändern, damit musst du dich abfinden. Er wird auch weiterhin ständig sein Getränk umschmeißen und an Tischkanten stoßen. Da kann man nichts machen. Lass ihn trotzdem seine eigenen Erfahrungen machen, damit er lernt Risiken abzuschätzen.

In der Schule ist er auch hibbelig und fällt auf.

Sprich mit seiner Klassenlehrerin über die Diagnose und weitere Schritte. Es hilft z.B. wenn er an einem Platz sitzt, der möglichst reizarm ist (ganz vorn, weg vom Fenster), gib ihm ein Kissen für seinen Stuhl mit, damit er bequemer sitzt, gib ihm etwas für's stimming (ständige Bewegung mit den Händen), damit er seine Hyperaktivität anders regulieren kann. Zum Beispiel einen Ring oder ein Armband, irgendwas zum "Fummeln".

Kleinteilige Aufgaben sind auch hioer hilfreich. Unsere Lehrerin hat beispielsweise für ein ADHS-Kind in einer höheren Klassenstufe, die Klassenarbeit einfach zerschnitten. Jeder Zettel beinhaltete dann nur eine Aufgabe. Das Kind hat immer eine Aufgabe gelöst und den Zettel dann jeweils einzeln zur Lehrerin gebracht. Plötzlich hat es nämlich die Aufgabe überblickt und eine Struktur gefunden, die funktioniert. Manchmal kann es wirklich ganz einfach sein. Bitte besprich das unbedingt mit der Schule.

Und ganz zum Schluss: ADHS ist genetisch. Wer von euch hat es auch und ist einfach nur nicht diagnostiziert?

Wer war das verträumte Kind in der Schule oder das wilde? Bei wem steht auf dem Zeugnis "häufig unaufmerksam" oder "könnte mehr Leistung bringen, wenn er/sie sich mehr anstrengt" oder "vergisst ständig Unterrichtsmaterialien"? Wer von euch muss ständig mit den Händen was fummeln, ist total vergesslich, ständig in Bewegung, hat eine komische Sitzhaltung und/oder Probleme mit Stoffen auf der Haut oder Essen im Mund, weil es sich "komisch anfühlt"? Findet das mal raus :)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abgeschlossenes Studium (Pädagogik/Psychologie)