Sind heutige 30-Jährige "kindischer" als frühere 30-Jährige?
Guten Abend,
ich bin jetzt 35 und mir fällt in der Gesellschaft was auf, zu dem ich mal in die Runde fragen wollte: Als ich so 17/18 war, habe ich so 25-30-Jährige total bewundert. Sie waren erwachsen, sie waren vernünftig, freundlich, wussten was sie wollten, hatten in der Regel eine feste Arbeit, eine eigene Wohnung, ein eigenes Auto, oft einen festen Partner, es sah alles geordnet und nach Zukunft aus. Man konnte mit ihnen gut und normal reden, sie waren Erwachsene, aber sie waren trotzdem noch "jugendlich" in ihrer Art, hörten die selbe Musik wie wir, hatten ähnliche Hobbys, waren genauso angezogen. Man konnte mit ihnen prima feiern und mit ihnen befreundet sein, aber sie waren Erwachsene, sie waren Vorbilder - wir wollten so sein wie sie.
Heutige ca. 30-Jährige kommen mir oft gefühlt total "kindisch" vor, ich kann mit den meisten auch nix anfangen - sie wirken auf mich irgendwie nicht glaubhaft. Einerseits kommen sie oft total spießig rüber und machen so auf erwachsen, andererseits wissen sie gefühlt oft noch nicht, was sie wollen & Mama und Papa regeln es am Ende, sie wohnen oft auch daheim. Viele sind meiner Erfahrung nach total übertrieben selbstbewusst, wobei vieles auch vorgespielt ist.
Ich wollte mal wissen, wie ihr das sieht, ob meine Beobachtung eventuell umfeldbedingt ist oder ob da echt was zutrifft und woran das liegen könnte.
Was man vllt. wissen müsste: Meine damaligen Freunde, meine Freundin und ich wurden eher "konservativ" erzogen in eher durchschnittlichen Verhältnissen, bürgerlich, nicht direkt streng oder politisch, aber auch nicht locker und lässig. Es wurde erwartet, dass man nach der Schule eine Lehre macht und seinen Weg geht, Führerschein macht, Geld spart und irgendwann in eine eigene Wohnung zieht.
Danke & Grüße!
6 Antworten
Heutzutage verschiebt sich vieles zeitlich nach hinten – Ausbildung, Berufseinstieg, Familiengründung.
Früher war es normal, dass man mit Mitte 20 schon “angekommen” ist:
feste Arbeit, Wohnung, vielleicht sogar Kinder. Heute sind Lebensläufe flexibler, Studienzeiten länger, Praktika oder Auslandsaufenthalte üblicher.
Dadurch wirken 30-Jährige oft “jugendlicher” oder “unsicherer”, obwohl sie in anderen Bereichen (z. B. Reisen, Selbstfindung, digitale Welt) viel Erfahrung sammeln.
Dazu kommt, dass die Gesellschaft insgesamt toleranter gegenüber einem „verlängerten Jugendgefühl“ geworden ist – Gaming, Festivals, Serien oder lockere Kleidung begleiten viele bis weit über 30.
Das kann für jemanden, der mit eher bürgerlichen, konservativen Erwartungen groß wurde, schnell kindisch wirken.
Andererseits gibt es auch heute genug 30-Jährige, die Verantwortung tragen, Familie haben oder beruflich sehr solide dastehen – nur ist das Bild viel bunter und weniger einheitlich als früher.
Kurz gesagt: weniger „kindisch“, eher ein gesellschaftlicher Wandel mit anderen Prioritäten und Lebensvorstellungen.
Gern.
Gerade die Hinweise zum Wandel in der Gesellschaft sind treffend. Dinge wie Gaming, sehr nachlässige Kleidung, Selbstfindungstrips oder ähnliches sind es tatsächlich, die mir diesbezüglich auffallen.
Ich wollte mal wissen, wie ihr das sieht, ob meine Beobachtung eventuell umfeldbedingt ist oder ob da echt was zutrifft und woran das liegen könnte.
Scheinen Umfeld bedingt zu sein. Denn ich kann dir so gar nicht zustimmen!
Was sind so Punkte im Verlauf eines Lebens, an dem man das "Erwachsensein" früher so festgemacht hat? Job, Ehe/Partnerschaft, Eigenheim, eigenes Auto, Urlaubsreise, Altersvorsorge.
Und jetzt schau dir mal an, was für heutige 30-jährige davon realistisch noch möglich ist. Ja, der Job. Ja, die Partnerschaft, eventuell auch in Form einer Ehe. Aber bei allem anderen? Da lässt das, was man in dem Job verdient, doch gar nicht mehr wirklich zu, dass man diese Schritte gehen könnte!
Wenn also die Punkte, an denen man bisher festgemacht hat, dass jemand "erwachsen" ist bzw. ein "erwachsenes Leben" führt, nicht mehr erreichbar sind, braucht es vielleicht einfach eine Umdeutung dessen, was wir als "erwachsen" betrachten, oder?
Es kommt da schon drauf an.
Mir ist das zum Teil schon in den 1970ern und 1980ern aufgefallen.
Diejenigen, die noch Schüler waren oder studierten, aber quasi von den Eltern alles in den Ar@ geschoben bekamen, und nicht nebenher noch gejobbt hatten, waren durch die Bank kindischer, als andere Gleichaltrige.
Es wird sich in dem Zusammenhang bis jetzt nicht so viel geändert haben.
Dagegen waren Jugendliche, die durch familiäre Probleme in einer betreuten Wohngruppe lebten, durchweg reifer.
Im Sportverein hatte ich auch solche Jugendliche als Übungsleiterin betreut, und teilweise riesige Unterschiede festgestellt zu anderen Jugendlichen.
Ich saß neulich in einer Runde in der Altersgruppe Mitte 20 bis gerade frisch 30 geworden. Da waren alle gerade dabei, eine Wohnung zu kaufen bzw. zu bauen, zu heiraten, eine Familie zu gründen oder bereits ein Kinder zu haben.
Den mit Abstand exotischsten Lebenslauf hatte ich mit 35, weil meine Prioritäten wo anders liegen.
Ich glaube, das hat viel mit dem Individuum zu tun, das da gerade vor einem steht.
Vielen Dank für den Stern