Sind die leute in Städten viel selbstsüchtiger und selbstgerechter als wie die Leute die auf dem Land leben?

9 Antworten

Du solltest beim Begriff "Stadt" berücksichtigen, dass eine Kommune ab 10.000 Einwohner eine Stadt ist. Die Menschen in einer Großstadt leben wieder anders als die in einer Kleinstadt. Die Bevölkerungsdichte ist auch ganz unterschiedlich. Dazu kommt die unterschiedliche Art der Freizeitgestaltung. Allerdings lebt ein Städter grundsätzlich ich-bezogener als ein Ländler. Dies hängt mit der zunehmenden Anonymität in der Masse zusammen, die mit der letzteren steigt.

Mein Eindruck ist genau umgekehrt - gerade auf dem Land, wo die Denkweisen oft sehr konservativ und kleingeistig sind, sind die Leute viel selbstgerechter, selbstverliebter und auch engstirniger als dass sie es je zugeben würden. Je süddeutscher und katholischer das Milieu wird, umso schlimmer ist das.

Selbstgerechtigkeit zeigt sich auf dem Land nicht zuletzt dadurch, dass man nur die eigene Meinung toleriert, oftmals auch sehr kirchentreu/bibelfest ist und starr an nie hinterfragten Traditionen festhält. Man schimpft über andere und liegt selbst natürlich immer im Recht, die Wände haben Ohren und den Mund dazu. Man akzeptiert andere aus Prinzip nicht, weil sie von dem abweichen, das man selber kennt: Was der Bauer nicht kennt, das frisst er auch nicht. Außerdem ist man ja wer und nimmt auch sonst keine Rücksicht!

Meine frühere Freundin stammt aus so einem Dorf, es war dort fast unerträglich. Jeder, der vom Schema abwich und nicht "wie jeder" gewesen ist, war untendurch und jeder, der eigene Gedanken zu irgendeiner Sache hatte, ebenso. Beruflich habe ich später viele Kunden in kleinen Dörfern und auch Landwirte, Bauernverbände, Maschinenringe und sehr kleine Volksbanken, deren "Aufsichtsräte" aus Landwirten bestanden haben, betreut - und das zeichnete ein ähnliches Bild. Mit mir hatten diese Leute auch Probleme, es hieß immer "dieser reiche Mann aus Frankfurt mit seinem Mercedes und seinem Anzug und seinem Bürojob", aber so verächtlich eben.

In Städten gibt es solche Egomanen auch, aber da kann man ihnen eher aus dem Weg gehen oder sie fallen in der extremen Menschenmenge einfach nicht so auf wie jemand auf dem Dorf, wo oft gefühlt drei Viertel aller Einwohner so tickt und jeder sich gegenseitig der Sozialkontrolle aussetzt und den anderen irrsinnigster DInge bezichtigt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Es kommt drauf an. Nicht alle die in der Stadt leben sind auch eingebildet.

Und nicht alle, die auf dem Land wohnen sind alle so locker wie man sagt.

Es kommt einzig und allein, auf die Menschen an.

Lucifer93 
Fragesteller
 04.06.2020, 16:40

Auch wieder wahr!

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Die Anonymität der Großstadt ermöglicht es Einzelpersonen, asozial zu sein, ohne gröbere Konsequenzen.

Die engen Bindungen auf dem Land ermöglichen es widerum Gruppen, einzelne Individuen auszustoßen.

Das kann gut und schlecht sein.

Nope, das stimmt nicht!

Aber in kleinen Gemeinden/Städten ist die soziale Kontrolle durch das Umfeld intensiver, das bringt manchen zum vorsichtigeren Agieren......

Stellwerk  04.06.2020, 12:54

Und diese soziale Kontrolle ist bisweilen sehr selbstgerecht. Was man da für einen etwas abweichenden Lebensstil oder Lebensentwurf zum Teil runtergemacht wird, ist schon erstaunlich. Alleine, dass man sich gegen Kinder entscheidet oder gegen eine gesicherte Anstellung wird kommentiert als ob man jemanden beleidigt hätte. (Wie gesagt, persönliche Erfahrung, keine Abwertung aller!). Meiner Erfahrung nach ist "leben und leben lassen" in Städten verbreiteter.

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rotesand  04.06.2020, 13:50
@Stellwerk

Genau das habe ich auch erlebt. Meine frühere Freundin wurde schon deswegen flott gemacht, weil sie Abitur nachholte und nicht, wie es ein Mädchen vom Dorf tun sollte, Krankenschwester, Erzieherin oder Metzgereifachverkäuferin lernte, dann einen "Ausländer aus der Stadt" (mich) kennen lernte statt einem Bauernsohn aus dem Nachbardorf und nicht mit 20 schon zwei Kinder hatte.

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FresherKnilch  04.06.2020, 12:58

Schön formuliert und auf den Punkt gebracht.

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