Nullleiter und Schutzleiter berührt --> FI geflogen, wie kann das sein?

6 Antworten

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Erstmal ist das nicht der Nullleiter, sondern der Neutralleiter. Nullleiter hieß das Ding noch damals bei der Klassischen Nullung. Das ist schon ein paar Jahrzehnte her. :)

Der Neutralleiter (N) und der Schutzleiter (PE) sind technisch gesehen genau das gleiche, da sie am Hausanschluss miteinander verbunden sind. Vom Grundprinzip her ist es also egal, ob du ein Gerät an Außenleiter (L) und N oder an L und PE anschließt. Beides funktioniert gleichermaßen. Der Unterschied zwischen den beiden bedteht lediglich darin, dass du den PE niemals als aktiven Leiter verwenden darfst, und dass dieser im Gegensatz zum N am Fehlerstromschutzschalter (RCCB) vorbei geführt wird und nicht durch ihn hindurch.

Der RCCB misst im Grunde nur den Strom, der durch die L und den N fließt. Die Summe davon sollte im Idealfall bei 0 liegen, da sich hin- und zurückfließende Ströme gegenseitig ausgleichen. Sobald aber ein Strom über den PE bzw. die Erde abfließt, entsteht eine Differenz bei der Messung und bei spätestens 30mA löst der RCCB aus.

Wenn du nun den PE und N miteinander verbindest, kann der Strom nicht nur über den N fließen, sondern ja auch über den PE. Denn beide liegen ja parallel und sind am Ende und am Anfang miteinander verbunden. Du hast damit quasi nur zwei parallel liegende Leitungen, auf die sich der Strom aufteilen kann. Eine Spannungsdifferenz ist dafür gar nicht notwendig. Wie viel Strom über welchen Weg fließt, hängt nur vom Leitungswiderstand ab. Und sobald eben diese rund 20mA über den PE statt den N fließen, löst der RCCB aus.

Ich halte es übrigens für sehr unwahrscheinlich, dass das gleichzeitige Berühren beider Leiter dazu ausreicht. Der Menschliche Körper hat einen Widerstand von Finger zu Finger von mehreren Kiloohm. Da dürfte eigentlich nichts fließen können. Ich denke eher, dass du die beiden Leiter aus Versehen ganz kurz zusammen gehalten hast. Da reichen tatsächlich schon wenige Millisekunden aus. Wie auch immer, jedenfalls ist es völlig normal und auch gewollt, dass das passiert.

Und fürs nächste mal: SICHERUNG RAUS!!! Was meinst du was passiert, wenn da jemand ins Zimmer kommt und das Licht einschaltej will, während du da gerade auf der wackeligen Leiter stehst und am L rum nuckelst? Mal ganz davon abgesehen, dass du das eigentlich gar nicht dürftest, da ausschließlich Elektrofachkräfte und von diesen ausreichend unterwiesenen Personen an der elektrischen Anlage arbeiten dürfen. Und ja, da zählen selbstverständlich auch Deckenleuchten dazu.


Wauwau871 
Beitragsersteller
 15.11.2024, 22:03

Alles klar, danke für die ausführliche Antwort :-) Ja, tatsächlich hatte ich in der einen Hand die Lampenfassung gehalten (an der der PE bereits angeschlossen war) und in der anderen den N und da das ganze etwas frickelig war, kann es auch sein, dass ich mit dem N kurz an die Fassung gekommen bin. Außer mir war da aktuell niemand zu Hause, aber ja, normalerweise hätte ich die Sicherung rausgemacht nur hatte ich es dieses Mal irgendwie vergessen...

Shalidor  15.11.2024, 22:07
@Wauwau871

Immer brav die ersten drei der fünf Sicherheitsregeln der Elektrotechnik einhalten, dann kann im Prinzip nichts mehr schief gehen. Erst recht, wenn man alleine ist. :)

Kurz mal - unabhängig von den Netzformen

  • du bekommst vom Trafo drei Leiter (L1,2,3) und N (bzw. PEN = grün-gelb + blau)
  • wenn du die Sicherung rausmachst, sind L1,2,3 getrennt (je nachdem, wie sie angeschlossen sind) aber N / PEN (blau / grün-gelb) ist immer noch On-Line.
  • wenn also Erde / grün-gelb und Neutral miteinander verbinden werden, dann kann da Strom fließen = FI fliegt.

Anders: wenn nur der Schalter raus ist - und irgendein (!) anderes Gerät angeschlossen / in Betrieb ist (egal, ob L1,2,3), dann kann Strom gegen Erde fließen.


Wauwau871 
Beitragsersteller
 10.11.2024, 21:13

Ja, es waren andere Geräte im selben Raum in Betrieb. Deswegen also der Strom ggn Erde? Wenn kein Gerät aktiv gewesen wäre, dann wäre auch nicht der FI geflogen?

norbertk62  10.11.2024, 21:48
@Wauwau871

Richtige Spur - aber eben fast.

Der Neutral-Leiter ist im kompletten Haus durchgebrückt. Keine Trennung der Leiter L1,2,3. Aber: durch den FI/RCD führen (und werden überwacht L1,2,3 und N/PEN). Bedeutet: egal, an welchem Leiter irgendwas arbeitet - PFLIPP.

Wauwau871 
Beitragsersteller
 10.11.2024, 22:23
@norbertk62

norbertk62 Also gar keine Chance, das Auslösen des FI zu verhindern (außer natürlich man bringt N und PEN nicht in Kontakt...)? Ich krieg eins auf den Deckel, wenn anderswo im Haus die Lichter, Fernseher, etc. ausgehen nur weil ich mal ne Lampe wechsel =D

norbertk62  10.11.2024, 22:51
@Wauwau871

Jetzt hast du es.

die Sicherungseinrichtungen sind eben so konzipiert, dass es (fast!) ausgeschlossen ist, dass sich ein "Normalo" damit ins Jenseits befördert. Das ist auch gut so und da haben sich viele Leute Gedanken gemacht.

Der Grundsatz (einfachst!) ist: was ortsveränderlich ist - also Stecker rein oder raus, Birne / Leuchtmittel wechseln usw., das ist geschützt (FI / RCD , LS-Schutz usw.. Da darf der Anwender ran.

Alles, was aber angeschraubt, fest verbunden ist, geschraubt, geklemmt etc., das ist eine Sache des Elektrikers - die lernen nicht umsonst drei Jahre. Der braucht spezielle Kenntnisse, Messgeräte usw.

Wer da nicht mitspielt - tja - der lernt recht schnell, dass es eben nicht einfach ist.

Nachtrag: wenn du ein Leuchtmittel wechselst und der FI fliegt, dann hast du ein prinzipielles Problem in der Verkabelung - das muss sich jemand vom Fach anschauen.

norbertk62  10.11.2024, 23:02
@norbertk62

Ganz einfach:

  • stell dir vor, da läuft kein Strom, sondern Wasser
  • deine Elektrik ist dann eben von Gardena.
  • Bedeutet: der FI schaut nach, ob die Menge an Wasser, die reingeht auch wieder rauskommt.
  • Wenn nicht (... Auslösestrom), dann schaltet er ab, weil er merkt, dass da irgendwas undicht ist und Wasser rausläuft. Im schlimmsten Fall bist du es selbst.

Der Neutralleiter ist zwar im Verteilerkasten auf das Erdpotential gelegt, kann aber trotzdem geringe Restspannungen führen, insbesondere wenn der Neutralleiter z. B. durch Stromverbraucher im gleichen Stromkreis leicht belastet ist. Wenn du den Nullleiter berührst, kann dadurch ein winziger, aber messbarer Fehlerstrom zum Schutzleiter entstehen, den der FI als Differenzstrom zwischen Hin- und Rückleiter erkennt und auslöst.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Arbeite seit 25 Jahren bei einem Netzbetreiber.

Wauwau871 
Beitragsersteller
 10.11.2024, 21:08

Ok, ich dachte der FI würde nur bei größeren Strömen auslösen, die gefährlich werden können. Gespürt habe ich nämlich nichts...

Fragenwuerfel  10.11.2024, 22:34
@Wauwau871

Der Strom über die verbundenen Leitungen war zwar 30mA, dein Körper hat aber einen viel höheren Widerstand, durch deinen Körper fließt also viel viel weniger Strom. Den kannst du dann auch nicht spüren.

Shalidor  11.11.2024, 00:55
@bikerfan73

Nicht ab, bis. 30mA ist die Grenze, ab er er aller aller spätestens auslösen muss. Der tatsächliche Wert liegen idr. zwischen 17 und 24mA.

Es geht hier nicht um Spannungen, der FI ist ein Summenstromzähler.

Der hat eine Art Stromzange eingebaut die die Ströme die durch den FI fließen misst. Die Ströme erzeugen Magnetfelder im FI. Ströme mit unterschiedlicher Richtung heben sich auf, das Magnetfeld löscht sich also aus.

"Fühlt" der FI ein Magnetfeld, dann bedeutet das, dass "Strom der raus geht nicht komplett zurück kommt". Dann schaltet der ab.

Wenn Du also den Strom der normal über N fließt einen alternativen Rückweg anbietest der am FI vorbei geht, also N mit PE verbindest, dann löst der natürlich aus.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Wauwau871 
Beitragsersteller
 10.11.2024, 21:15

Ok, aber löst der FI nicht nur bei größeren Strömen aus? Um die 30 mA sowas? Gespürt habe ich nämlich nichts und ich habe die beiden Leiter mit der einen und anderen Hand gehalten.

Commodore64  10.11.2024, 21:19
@Wauwau871

Wenn der FI schon fast 30mA Fehlerstrom drauf hat, kann ein kleines bisschen mehr den auslösen.

Umgekehrt kann der zum Beispiel "Minus" 29mA haben, dann braucht man einen Zusätzlichen Fehlerstrom von "Plus" 60mA um den aus zu lösen. Das Plus und Minus bezieht sich hier auf die Phasenlage, nicht auf die Polarität!

Wauwau871 
Beitragsersteller
 10.11.2024, 21:40
@Commodore64

Ok, das heißt also im Umkehrschluss, dass irgendwas bei der Hauselektrik allgemein nicht stimmt? 30 mA hätte ich ja wohl gespürt bzw. so viel fließt gar nicht vom Nullleiter über mich zum Schutzleiter ab? Da der FI aber trotzdem ausgelöst hat muss er also schon kurz vor "dem Limit" gewesen sein.

Commodore64  10.11.2024, 21:44
@Wauwau871

Wenn man N und PE direkt verbindet, fließt sozusagen die Hälfte des Stroms am FI vorbei.

Durch Anfassen ohne starke Schmerzen kann nicht viel fließen.

Wie viel Fehlerstrom auf dem FI ist, das kann man mit einer Stromzange feststellen. Einfach alle Drähte auf einer Seite die zum FI gehen in die Zange nehmen. Die Zange misst dann genau das selbe wie der FI.

Shalidor  11.11.2024, 00:59
@Commodore64

Und wie genau soll ein "negativer" Fehlerstrom zustande kommen? Auf die Erklärung bin ich mal sehr gespannt.

Commodore64  11.11.2024, 20:38
@Shalidor

Wer lesen kann... Einfach mal alles lesen!

Das Plus und Minus bezieht sich hier auf die Phasenlage, nicht auf die Polarität!
Shalidor  11.11.2024, 20:44
@Commodore64

Das beantwortet nicht die Frage. Fehlerströme haben nichts mit irgendeiner Phasenlage zu tun, sondern damit, ob der Summenstrom aller vier aktiven Leiter 0 ist oder ein Teil davon über den Schutzleiter fließt. Weniger als 0mA gibt es nicht.

Commodore64  11.11.2024, 20:56
@Shalidor

Wenn Du nicht weißt was Blindströme sind und was Phasenlagen sind, oder was Drehstrom ist, kannst Du das natürlich auch nicht verstehen. Aber die Grundlagen der E-Technik kann ich Dir hier nicht erklären.

Shalidor  11.11.2024, 21:07
@Commodore64

Mir ist sehr wohl bewusst, was Blindströme, Phasenlage und Drehstrom ist. Das hat immernoch nichts mit meiner Frage zu tun. Blindströme fließen genauso über L und N, wie auch die Wirkströme. Dadurch entstehen keine Differenzen, die der Summenstromwandler messen kann.

Das, was du beschreibst, wäre rein theoretisch nur dadurch möglich, dass ein Strom über den Neutralleiter abfließt, der von einer Phase kommt, die nicht durch den RCCB geht. Wenn dann ein Fehlerstrom über eine der abgesicherten Außenleiter zustande kommt, der die selbe Phasenlage und selbe Stromstärke hat, würden sich die beiden Ströme gegenseitig aufheben und der RCCB würde den Fehlerstrom nicht messen können. In der Praxis ist das jedoch ein völlig unrealistischer Fehlerfall. So etwas kann nur zustande kommen, wenn man es absichtlich herbeiführt.

Commodore64  11.11.2024, 21:13
@Shalidor

Bei einem Einphasigen System hast Du ja Recht. Aber die meisten Systeme haben 3 Phasen mit jeweils 120° Phasenversatz.

Der Fehlerstrom von L₁ kann Fehlerströme von L₂ und L₃ aufheben. Sind an jeder der drei Phasen Fehlerströme von fast 30mA, dann knallt der FI nicht raus weil die sich nicht zu 90mA addieren sondern zu nahe Null gegenseitig auslöschen.

Und dann kommen noch induktive und kapazitive Verbraucher dazu. Kapazitive Fehlerströme hat man massig über die ganzen Entstörkondensatoren die heutzutage überall drin sind. So können sich dann Fehlerströme auch auf der selben Phase sich zum Teil aufheben.

Und dann ist da auch eine Menge an Gleichstrom im Spiel, einfach weil die Gleichrichter von Schaltnetzteilen nicht perfekt symmetrisch sind und es gibt - vor allem LED bei billiger Beleuchtung - Sachen die eine Einwegegleichrichtiung drin haben. Die alten FI werden dadurch sogar blockiert und können nicht mehr auslösen. Die ganz alten können dabei sogar auch Feuer fangen, daher sind die schon lange verboten worden.

Shalidor  11.11.2024, 22:13
@Commodore64

Na also, warum nicht gleich so antworten? Warum muss immer erstmal unnötig provoziert werden?

Der Fehlerstrom von L₁ kann Fehlerströme von L₂ und L₃ aufheben.

Ok, an einen Fall, bei dem gleichzeitig über den selben RCCB gleich hohe Fehlerströme über alle drei Phasen fließen, die sich dann über einen fliegenden Sternpunkt in der Erde gegenseitig ausgleichen, damit der Summenstromwandler es nicht erkennen kann, habe ich nicht gedacht. Denn das dürfte ungefähr genau so unrealistisch sein, wie meine Erläuterung im vorherigen Kommentar.

Grundsätzlich verstehe ich jetzt, worauf du hinaus wolltest, da stand ich wohl auf dem Schlauch. Deine Aussage war aber auch etwas schwer zu deuten mit "Minus"- und "Plus"-Fehlerstrom, was ja impliziert, dass es sich um zwei exakt 180° Phasenversetze Fehlerströme handelt.

Meiner Ansicht nach hat aber auch das nicht wirklich viel mit dem ursprünglichen Thema zu tun. Jedenfalls nicht, wenn man realistisch und praxisnah denkt.

Übrigens: Ein RCCB löst nicht bei 30mA aus, sondern schon viel früher. Die 30mA sind die vorgeschriebene Grenze, bei der er spätestens ausgelöst haben muss. Aufgrund von Toleranzen durch Fertigung und Alterung würde sich niemals ein Hersteller auch nur ansatzweise an genau 30mA wagen. Der tatsächliche Auslösestrom liegt daher idr. bei 20-22mA. Hatte sogar schon Fälle, bei denen lediglich 17mA ausgereicht haben.

KaEsEs  22.11.2024, 20:11
@Commodore64

@Commodore64 Wie kommst Du zu dieser Aussage ? "Wenn man N und PE direkt verbindet, fließt sozusagen die Hälfte des Stroms am FI vorbei."

Absoluter Humbug ist "Wie viel Fehlerstrom auf dem FI ist, das kann man mit einer Stromzange feststellen. Einfach alle Drähte auf einer Seite die zum FI gehen in die Zange nehmen. Die Zange misst dann genau das selbe wie der FI."

Commodore64  23.11.2024, 15:55
@KaEsEs

Du bist also der Meinung, dass wenn man zwei Leiter parallel schaltet, der Strom sich nicht auf beide Leiter aufteilt? Wie kommst Du denn zu dieser Erkenntnis?

Und der "absolute Humbug" ist gängige Praxis um Fehlerströme z.B. bei der BGVA3 bzw. DGUV V3 fest zu stellen. Eine Stromzange misst nun mal die Summe der Ströme die durch die Zange geführt werden. Das ist auch der Grund, warum man am Stromkabel eines Gerätes nicht dessen Stromverbrauch messen kann ohne die Adern zu trennen, denn Hin- und Rückleiter heben sich auf, die Summe ist "Null".

Kann auch mal auf der Neutralleiter ein wenig Spannung liegen. Wenn die Phase sauber auf der anderen Seite sitzt kann der N auch mal ganz schön hin und her pendeln je nachdem wie die Wicklungen des Transformators da reingeschoben werden.