Mussten Adam und Eva das Paradies verlassen um ihr Bedürfnis nach Privatsphäre erfüllen zu können?

9 Antworten

Von Experte BillyShears bestätigt

Zunächst mal ist die Geschichte von Adam und Eva ein äthiologischer Mythos, der erklärt, warum das Leben so hart ist, warum Schlangen auf dem Bauch kriechen und Giftzähne haben und wie das Schamhaar entstanden ist.

Privatsphäre kennt man eigentlich erst aus dem Biedermeier, also seit der Mitte des 19. Jh.

Mit dem "bösen Blick" - einer Vorstellung aus dem Volksglauben - hat das garnichts zu tun.

rr1957 
Fragesteller
 20.02.2021, 12:29

ok, Biedermeier ist schon mal ein guter Vorschlag - warum hat man damals die Privatsphäre erfunden ? Wogegen ist die gerichtet, wer ist der potentielle Beobachter der da abgewehrt bzw. ausgesperrt wird ?

(Ich hatte schon mal gefragt und da hiess es, Privatsphäre wäre ein Menschenrecht und ein allgemeines Bedürfnis das jeder Mensch habe, so wie Sexualität. Aber ohne Begründung.)

Welcher Kulturkreis hat die Privatsphäre entwickelt ? Gibt es Kulturen ohne - Japan vielleicht ?

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Aleqasina  22.02.2021, 10:30
@rr1957

In Miteleuropa gab es in Folge des Metternichschen Polizeistaates, der das Bürgertum von politischen Ämtern und generell von politischer Einflussnahme fernhalten wollte, und des Scheiterns der 1848er Revolution einen Rückzug ins Private. Zu Hause versuchte man es sich, so gut es ging, behaglich einzurichten und die Privatsphäre von öffentlicher Beobachtung abzuschirmen. Das galt zunächst jedoch nur für das wohlhabende Bürgertum.

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Nein. Adam und Eva mussten das Paradies verlassen, weil sie die falsche Entscheidung trafen und selbst wie Gott sein wollten: 1.Mose 3

Ihr Ungehorsam dazu, dass Leid und Sünde über die gesamte Schöpfung kamen (Tiere, Pflanzen usw.). Irgendwann wird Gott die aber wieder ändern (vgl. Offenbarung 21,4-5a)...

rr1957 
Fragesteller
 20.02.2021, 10:40

also das stimmt eben nicht: es heißt in der Bibel, dass sie vertrieben wurden weil Gott befürchtet hat dass sie auch vom 2. verbotenen Baum essen würden und DANN erst würden sie wie Gott sein. Wirklich gemacht haben sie das eben NICHT - es war nur Gottes Befürchtung, dass sie das in Zukunft wollen würden.

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chrisbyrd  20.02.2021, 10:48
@rr1957

Vom 2. Baum sollten sie nicht essen, um nicht ewig zu leben.

Die Trennung von Gott kam durch den Sündenfall in die Welt, indem die ersten Menschen vom 1. Baum (also vom Baum der Erkenntnis des Gutes und des Bösen) aßen:

  • "Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner, indem er erkennt, was Gut und Böse ist; nun aber — dass er nur nicht seine Hand ausstrecke und auch vom Baum des Lebens nehme und esse und ewig lebe! So schickte ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, damit er den Erdboden bearbeite, von dem er genommen war" (1. Mose 3,22-23).
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rr1957 
Fragesteller
 20.02.2021, 11:10
@Burgas2021

es heisst dort: "Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und nehme auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich! Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden"

Die Begründung für die Paradies-Vertreibung ist eben nicht "Strafe für die Tat", sondern "Vorbeugung gegen eine befürchtete mögliche künftige Tat"

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chrisbyrd  20.02.2021, 22:04
@chrisbyrd

Ergänzung:

Gott warnte vor der Todesstrafe im physischen und spirituellen Sinn bei Ungehorsam. Wegen des Ungehorsams der ersten Menschen, indem sie die verbotene Frucht aßen, wurden sie aus dem Garten Eden vertrieben.

Dazu kam, dass Adam und Eva nicht noch vom Baum des Lebens essen sollten.

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Vermutlich hat den beiden - nachdem sie "ein Fleisch" geworden waren - die Voyeur-Rolle ihres Schöpfers nicht gefallen.

Und um den freiwilligen Auszug der beiden aus dem Paradies nicht so offensichtlich werden zu lassen, haben die Autoren der Genesis halt ein bisserl gemogelt.

Auskunft aber ohne Gewähr - ich war nicht dabei.

Gruß, earnest

nein, sie mussten das Paradies verlassen, weil sie die Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen hatten.

Im Paradies gab es nichts Böses, also war Privatsphäre auch kein Thema. Um das Böse zu "erkennen" muss man das Paradies mit allen Konsequenzen verlassen.

rr1957 
Fragesteller
 21.02.2021, 10:46

Bedeutet das, dass der Sinn von Privatsphäre mit dem Bösen zusammenhängt ?

Privatsphäre ist ein Menschenrecht - ist das ein Menschenrecht zum Böse sein ?

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Lilis  21.02.2021, 13:12
@rr1957

In einer Welt, in der es kein Böse gibt, so wie im Paradies, sind Rechte irgendwelcher Art nicht nötig, also auch kein Recht auf Privatsphäre. Sie durften ja alles dort. Keiner hat dem anderen etwas Böses zugefügt oder ihn bedrängt oder ist ihm auf den Wecker gegangen etc. Da kommt man nicht auf die Idee, man brauche Privatsphäre. Man hat auch keine negativen Gedanken dazu, dass man ständig von Gott gesehen wird. Es gibt ja nichts zu verbergen... Es gibt auch nichts, wofür man kämpfen muss. Rechte müssen doch nur dann geschaffen werden, wenn Unrecht herrscht. Verstehst du? Das einzige Verbot, dass sie hatten, war, vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen durften sie nicht essen, da sie dann das Paradies verlassen mussten, was ja auch geschah. Die Konsequenz dafür, zu erkennen, dass es Gut und Böse gibt, ist, das Paradies verlassen zu müssen..

In unserer Welt gibt es das Gute und das Böse. Deswegen sind Rechte nötig. Unsere Welt ist nicht das Paradies...

Die Geschichte von Adam und Eva ist eine Metapher, ein Gleichnis dafür, dass wir in einer Welt von Polaritäten, des Dualen leben: Gut/Böse, hell/dunkel plus/minus, laut/leise, schön/hässlich etc. und dass wir aus einer Welt des Einsseins (Paradies) kamen.

Im Gegensatz dazu ist also die Welt des Einsseins. Paradies, Himmel, Himmelreich, Reich Gottes, Ewigkeit, Jenseits sind einige Worte dafür.

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rr1957 
Fragesteller
 21.02.2021, 16:27
@Lilis

Interessant - das Paradies ist die Welt des Einsseins. Dieses Einssein bedeutet ja dass man keine Unterscheidungen hat, und damit gar keine Wahrnehmung und auch keine Zeit - das ist sehr sehr nahe an der Vorstellung vom Nirwana im Buddhismus. Fällt mir allerdings schwer, mir das als erstrebenswert vorzustellen.

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Lilis  21.02.2021, 17:14
@rr1957

Eine andere Art von Wahrnehmung, keine Zeit, denn die ist Teil des physischen Universums. Nirwana wäre auch ein Begriff dafür. Es ist schwer bis unmöglich, das mit dem Verstand zu erfassen, da es über den Verstand hinausgeht. Wir können uns ja nichtmal die Größe des Universums vorstellen... Natürlich gefällt das dem Verstand nicht und er hält es nicht für erstrebenswert. Es geht über seine Grenzen hinaus. Die Wahrnehmung ist auf einer anderen Ebene. Man kann es erahnen, wenn man eine Weile nur mal der Stille lauscht und ganz im Jetzt ist.

Künstler bekommen so ihre Eingebungen. Steve Jobs hat es z.B. so gemacht... Albert Einstein auch. Er macht es mit Musik. Immer wenn er gedanklich nicht weiter kam, spielte er eine Weile auf seiner Geige... So schöpfte er aus einer höheren Quelle.

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rr1957 
Fragesteller
 22.02.2021, 11:22
@Lilis

IMHO: diese "höhere Quelle" ist das eigene Gehirn, aber man muss den "Zensor" ablenken (z.B. mit Musik, Bewegung, Meditation, Duschen, irgendwas ...) damit neue Gedanken an der einengenden anerzogenen Selbstkontrolle vorbeischlüpfen können ...

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Lilis  22.02.2021, 12:38
@rr1957

das eigene Gehirn ist nicht die höhere Quelle. Die ist außerhalb der materiellen Welt.

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rr1957 
Fragesteller
 23.02.2021, 13:07
@Lilis

Du glaubst an Wunder, ich nicht.

Ich bin über das Leben von Einstein gut informiert, und auch über das von Jobs. Beide waren sehr kluge Köpfe, und haben in einer Aussenseiterrolle die gebotene Gelegenheit ideal genutzt und umgesetzt - Wunder waren da nicht im Spiel und auch nicht nötig.

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Ich meine Adam und Eva natürlich symbolisch für die ursprünglichen Menschen

Ja, das hat sich so eingebürgert, aber damit gerät man auf einen vollkommen falschen Dampfer. Adam und Eva sind nicht ,,symbolisch", weder für die ersten Menschen noch für sonst irgendwas, sondern konkrete, realhistorische Personen. Aber: Niemand in der ganzen Bibel wäre auf die absurde Idee gekommen, dass sie jemals die einzigen Menschen auf der ganzen Welt gewesen sein sollen.

Die ,,symbolische" Umdeutung der Paradiesgeschichte ist der modernen Theologie geschuldet, nachdem die auf spätbabylonischen Mythen basierenden Auslegungsmärchen der mittelalterlichen Bibeldeuter kläglich an der Realität gescheitert waren. Seitdem wird Bibellesern ein halbgarer Dualismus abverlangt: Entweder sie betrachten Adam und Eva als historische Persönlichkeiten UND körperlich erste Menschen ODER als bloße Symbolfiguren. Aber das ist eine Rauchgranate: Eine ,,historische Persönlichkeit" kann niemals der körperlich erste Mensch sein, egal wie früh sie gelebt haben mag oder wie gesichert ihre Existenz sein mag. Geschichtsschreibung benötigt ein entwickeltes Schriftsystem, was wiederum bestehende menschliche Existenz voraussetzt. Es ist irreführend, historisch mit ,,real existiert habend" gleichzusetzen. Das Gegenteil von historisch ist nämlich nicht mythologisch, sondern prähistorisch. Aus der Vorgeschichte liegen per Definition keine Schriftzeugnisse vor, aber das macht sie nicht weniger real.

In der biblischen Geschichtsschreibung sind Adam und Eva mit Fug und Recht die ersten historischen Persönlichkeiten. In der Frühphase der siebten Schöpfungsperiode (Gen. 1.31-2.3) treten sie als erstes aus der prähistorischen Gesamtmenschheit der sechsten Schöpfungsperiode (Gen. 1.26-31) in den historischen Vordergrund. Das Leitmotiv der Paradiesgeschichte ist nicht Schöpfung, sondern Landwirtschaft (Ackerbau). Wie die biblischen Chronologien gemeinsam mit der Edenbeschreibung ergeben, lebten Adam und Eva mitten in der Jungsteinzeit in einem der wichtigsten Zivilisationsherde der Welt: Südmesopotamien. Dort war damals die neolithische Revolution in vollem Gange. Nicht nur wird das nomadische Wildbeutertum gegen sesshafte Landwirtschaft (Gen. 2.15) eingetauscht und lose Siedlungsplätze gegen befestigte Städte, Stadtstaaten und Länder (siehe Edenbeschreibung).

Die neolithische Revolution begann also nicht erst nach der Vertreibung aus dem Paradies, sondern schon lange davor. Die ersten dieser Zivilisationen bildeten sich um Tempelanlagen (siehe auch Göbekli Tepe), die auch als Bäume bezeichnet wurden. Auch der ,,Baum der Erkenntnis" dürfte so ein Tempel gewesen sein. Das mit ,,essen" übersetzte Wort bedeutet verbrauchen, genießen und meint kein Anknabbern, sondern komplettes Aufbrauchen. Wahrscheinlich ging es um Ressourcen wie Energiequellen, die von befugten Personen (,,Elohim") verwaltet wurden und von Adam und Eva aufgebraucht wurden, was die Lebensbedingungen dramatisch verschlechterte. Die Vertreibung bzw. Flucht aus dem Garten Eden war die einzige Überlebenschance.

Mit Privatsphäre im heutigen Sinne hat das Ganze nichts zu tun, sie ist zumindest für einfache Menschen ein modernes Luxusgut. Noch im Mittelalter hatten die meisten Häuser nur einen Raum, da war man nie für sich. Eigene Räume hatten nur die Reichen.

Woher ich das weiß:Recherche