Kennt ihr jemanden persönlich, der in der Stasi gearbeitet hat oder von ihr verfolgt wurde?
8 Antworten
Ja und ja.
Eine ehemalige Kollegin hat nach der Wende durch Einsicht in ihre Akte erfahren, dass ihre Familie von ihrem Onkel ausspioniert wurde.
Ein Kollege von mir hat auf meine Anregung öfter Schülern über seine Erfahrungen berichtet. Zu seinen Berichten habe ich eine Kurzfassung geschrieben, deren Veröffentlichung er gebilligt hat.
"Vor den Volkskammerwahlen von 1950 hatte Richter, er ging schließlich auf eine Geschwister-Scholl-Schule, mit Schulfreunden geheime Flugblätter produziert, auf denen sie für freie Wahlen unter internationaler Kontrolle eintraten. Die wurden mit einem Apparat, wie er damals üblich war, so mit Matrize und Kurbel, vervielfältigt und dann verteilt. Als er dann ins Studium kam, hörte er damit auf, doch hat er in Westberlin – es gab ja noch keine Mauer – Fälle gemeldet, wo Studenten oder Schüler aus politischen Gründen verhaftet worden waren.
Eines Tages wurde er dann auf seiner Studentenbude verhaftet. Im Gefängnis, das die russischen Besatzer und die Stasi gemeinsam betrieben, wurde er dann von Dezember bis Januar jede Nacht vernommen. Dabei gingen die Russen noch brutaler vor als die Stasi. Dafür waren die Protokolle der Vernehmungen, die Richter dann zu unterschreiben hatte, so weit er es beurteilen konnte, er hatte nach 1945 ja Russisch als erste Fremdsprache gelernt, korrekt. Die deutschen Vernehmer aber fälschten die Protokolle und schrieben manches hinein, was er nicht gesagt hatte. Er bestand dann darauf, dass das wieder gestrichen wurde, bevor er unterschrieb.
Aus seiner Gruppe hatten einige in den Westen fliehen können. Von den sechs ehemaligen Schülern aus seiner Gruppe, die dann vor Gericht kamen, war er der Hauptangeklagte, weil man ihm besonders zum Vorwurf machte, dass er seine Straftaten begangen habe, obwohl er doch vom Staat so gefördert worden sei.
Noch 1953 wurden Schüler zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt und dann nach Russland in sibirische Lager gebracht. Demgegenüber kam Richter, als er im Januar 1953 an das deutsche Gericht übergeben und verurteilt wurde, noch vergleichsweise gut davon.
Nach 1990 hat er seine Stasiakte von 2 400 Seiten gelesen und der entnommen, dass ein Schauprozess geplant war. Davon hatte man Abstand genommen, weil man bei der festen Haltung der Angeklagten es für möglich hielt, dass diese eine öffentliche Gerichtsverhandlung für Kritik an der DDR nutzen könnten. So wurde er in einem Geheimprozess zu 9 Jahren Zuchthaus verurteilt. Von den 6 Verhafteten aus seiner Gruppe hatte nur einer die Vernehmungsmethoden nicht ausgehalten und „ausgepackt“, die anderen hatten nur gestanden, was den Vernehmern bereits bekannt war. Allerdings hatte ein Älterer von etwa 25, 26 Jahren, der nicht direkt zur Gruppe gehörte, vieles erzählt und sogar manches auf sie abzuschieben versucht, was nichts mit ihnen zu tun hatte.
Im Zuchthaus war es dann kein Zuckerschlecken. Einmal hat Richter, weil er mit einem Sexualverbrecher zusammengelegt worden war, der immer von zukünftigen geplanten Verbrechen erzählte, 13 Tage Hungerstreik gemacht („Man muss dabei viel trinken!“), bis sie wieder auseinander gelegt wurden. Doch gab es auch sonst Schlimmes. So wurde er z.B. einmal in Sonderhaft in den Turm gebracht und dort angekettet.
1956 wurde er freigelassen, weil im Zuge des Annäherungskurses des Generalsekretärs der Sowjetunion Nikita Chruschtschowwischen der LDP stattfinden sollten und die FDP die Freilassung einer Reihe politischer Häftlinge, darunter auch Fritz Richters, gefordert hatte. Kaum war er frei, sollte er aber für die Stasi gewonnen werden. Dem entzog er sich durch Flucht in den Westen."
(ZUM Unterrichten, Zeitzeuge Richter)
(Wikipedialinks führen bei GF zu riesigen Flecken. Ber der Löschung der Flecken ist etwas Text verloren gegangen. Der vollständige Text ist über das Link zu finden.
Ja, verhört, da sein Vater erfolgreich in den Westen floh.
Mein Partner (Ossi) wurde von der Stasi bespitzelt, da er West-Verwandtschaft hat.
Ich wahrscheinlich auch, da ich als Soldat öfters in der DDR und West-Berlin war. Ich habe an der Grenze aber niemals gesagt, das ich ein BW-Soldat war. Trotzdem waren die sehr gut Informiert und kannten auch meinen Rang.