Kann das Universum sterben?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo ilovemusic,

"sterben" können eigentlich nur Lebewesen - und das ist das Universum nicht. Entsprechend "stirbt" das Universum nicht. Das heißt aber nicht, dass man in der Kosmologie davon ausginge, dass das Universum ewig existieren wird.

Aus den heutigen Daten ist aber nicht zu entscheiden, wie die Zukunft des Universums denn nun genau aussieht. Dafür beobachten wir einfach noch nicht lange genug. Es sind verschiedene Szenarien für das Ende des Universums denkbar.

Big Crunch:

In diesem Szenario dreht sich die Expansion des Universums irgendwann um: Der Raum, den das beobachtete Universum einnimmt, wird dann wieder kleiner und kleiner; es wird wieder heißer und dichter - und endet wieder in dem dichten, heißen Anfangszustand, in dem es begonnen hat.

Weil wir eher beobachten, dass die Expansion des Universums beschleunigt, statt sich zu verlangsamen, gilt der Big Crunch als unwahrscheinlichstes Szenario.

Big Freeze, manchmal auch Big Whimper:

Das ist der "Kältetod" des Universums. In diesem Szenario dehnt sich das Universum immer weiter und weiter aus, wobei die Expansion nicht zu sehr beschleunigt.

In diesem Szenario erreicht das Universum praktisch asymptotisch den Zustand kleinster Energie bzw. größter Entropie: Hier gehen tatsächlich nach und nach die Lichter aus im Universum, weil die Sterne irgendwann alle erloschen, ausgekühlt oder in Supernovae zerrissen sind. Neue Sterne werden irgendwann keine mehr entstehen, wenn in den Galaxien das interstellare Gas aufgebraucht ist. Schwarze Löcher zerstahlen über die Hawking-Strahlung. Am Ende gibt es nur noch Photonen und Elementarteilchen.

Weil aber die Entfernungen so unheimlich groß sind, kommt es praktisch nicht einmal mehr zu Stößen der Photonen und Elementarteilchen. Es passiert schlicht gar nichts mehr im Universum, so dass auch die Zeit (die ja z.B. über irreversible Prozesse erst definierbar wird) nicht mehr Sinn macht.

Big Rip:

In diesem Szenario beschleunigt die Expansionsgeschwindigkeit des Universums so stark, dass es letztlich die Raumzeit selbst zerfetzt.

Hier findest Du diese 3 Szenarien genauer beschrieben:

http://www.drillingsraum.de/room-universe_end/ende_universum.html

Es gibt aber auch noch eine vierte Möglichkeit... und das ist ein Phasenübergang des Universums in einen komplett anderen Zustand:

Es gibt eine alte Modellrechnung aus dem Jahr 1982 von den Physikern Michael Turner und Frank Wilczek. Nach der ist es möglich, dass das Universum und die physikalischen Gesetze darin noch nicht in einem endgültigen Zustand sind, sondern in einem "metastabilen".

"Metastabil" bedeutet, dass es für das gesamte Universum einen energetisch günstigeren Zustand gibt als den, in dem es sich jetzt befindet. Ähnlich wäre das zum Beispiel wie eine unterkühlte Flüssigkeit: Wenn man sehr reines - z.B. destilliertes Wasser - vorsichtig abkühlt, dann gefriert es nicht unbedingt bei 0°, wie Wasser es eigentlich tut: Es fehlen ohne Verunreinigungen die Stellen, an denen der Gefrierprozess einsetzt und von denen aus er sich fortsetzen kann.

Man kann dann Wasser kriegen, das tatsächlich flüssig ist , aber dennoch unter 0° kalt ist. Das ist bekanntlich ein "falscher Zustand" für das Wasser, das dann eigentlich schon gefroren sein müsste.

Schüttelt man so eine Flasche unterkühltes Wasser, dann gefriert es wirklich schlagartig durch - das Schütteln erzeugt Luftbläschen und die dienen als die gesuchten Startpunkte für das Ausbilden der Eiskristalle.

In dem Modell von Michael Turner und Frank Wilczek befindet sich das Universum in so einem "falschen Zustand" wie das unterkühlte Wasser. Das heißt, dass es einen energetisch eigentlich günstigeren Zustand für das Universum gibt - zu dem es "schlagartig" wechseln könnte. So einen Wechsel nennen wir in der Physik "Phasenübergang".

Wenn das Modell zutrifft, könnte also ein Phasenübergang passieren, eine Symmetriebrechung, die das Universum in den neuen, stabileren Zustand wechseln lässt.

Im Prinzip vermuten wir genau solche Phasenübergänge im sehr jungen Universum in den ersten Sekundenbruchteilen, als aus dem symmetrischen Anfangszustand die heute bekannten 4 physikalischen Wechselwirkungen ausgefroren sind.

Turner und Wilczek haben nun aus dem Standardmodell der Teilchenphysik für das damals noch hypothetische Higgs-Boson einen Massenbereich errechnet, in dem das Universum in einem solchen metastabilen Zustand wäre.

Dummerweise - und das bestätigen so tatsächlich mehrere Theoretische Physiker - liegt der nun seit 2012 bekannte Wert der Masse des Higgs-Bosons am Rand dieses Wertebereiches. Das Szenario ist also nicht auszuschließen.

Anders als die 3 oben genannten Endszenarien wäre ein solcher Phasenübergang ein rein statistischer Prozess - und könnte damit im Prinzip jederzeit stattfinden. (Wobei Rechnungen erfreulich kleine Wahrscheinlichkeiten abschätzen und damit Lebenserwartungen für das Universum in der Größenordnung 10^139 Jahre. Also bitte keine Panik...)

Fazit: Wir wissen nicht genau wie unser Universum enden wird. Mit dem Urknall ist aber eine beginnende Dynamik entstanden... ein Ende in der einen oder anderen Form daher sehr wahrscheinlich.

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU
iIovemusic 
Fragesteller
 12.09.2019, 01:44

Vielen Dank. Eine sehr gut formulierte verständliche Antwort!!! Leider werden wir diese Szenarien nicht mehr miterleben, aber man weiß ja nie, was alles noch passiert.

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Wenn du mit Sterben so etwas wie Endszenarien unseres Universums meinst, dann gäbe es da durchaus vier populäre Endszenarien, die einen eher, die anderen weniger wahrscheinlich:

Big Chill:

Wenn das Universum eine Massen/Energie-Dichte von genau dem kritischen Wert oder etwas darunter besitzt und die Auswirkungen der dunklen Energie abnehmen, so könnte die Expansion mit verminderter Geschwindigkeit weitergehen, ohne dass sie je gänzlich stoppt. Nach unvorstellbar langer Zeit würde das Universum dann den Kältetod erleiden.

Modifizierter Big Chill:

Die Auswirkungen der dunklen Energie bleiben bestehen und das Universum expandiert mit zunehmender Rate unabhängig von seiner Dichte. Strukturen, die nicht durch Schwerkraft zusammenhalten, fliegen auseinander, letztlich schneller als Vakuumlichtgeschwindigkeit (der Raum kann dies, Materie und Strahlung allerdings nicht). Auch dieses Szenario endet ebenfalls im Kältetod oder Big Chill.

Big Crunch:

Beim Big Crunch kollabiert all die Materie und Energie zu einer unendlich heißen dichten Singularität - quasi umgekehrt wie beim Urknall. Dieses Szenario gilt zurzeit als unwahrscheinlich, sofern sich nicht die Auswirkungen der dunklen Energie umkehren. Doch selbst wenn, droht dieser Tod erst in einigen zig Milliarden Jahren.

Big Rip

Nimmt die Stärke der dunklen Energie zu, könnte sie alle grundlegenden Kräfte überwinden und beim Big Rip zum völligen Zerfall des Universums führen. Zuerst würden Galaxien auseinandergerissen, dann Sternsysteme. Einige Monate später würden Sterne und Planeten explodieren, zum Schluss sogar die einzelnen Atome. Die Zeit käme sogar zum Stillstand.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Physik (Vollfach / Bachelor)
iIovemusic 
Fragesteller
 12.09.2019, 02:07

Vielen Dank. Sehr gut erklärt und verständlich zusammengefasst!!!

3

Nach heutigen Erkenntnissen dehnt sich das Universum laufend weiter aus und die Geschwindigkeit (Hubble-Konstante) nimmt sogar zu. Irgendwann wird auch das letzte Teilchen zerfallen und nur noch Wärmestrahlung vorhanden sein, die durch die weitere Ausdehnung ebenfalls ständig abnimmt. Das Universum wird somit also sterben.

Woher ich das weiß:Recherche

Das Universum kann nicht sterben, weil es nicht lebt. Und dass alles irgendwann ein Ende hat, scheint arg herbeigeredet zu sein. Warum sollten denn Planeten oder Weiße Zwerge oder Neutronensterne irgendwann zerstört werden? Selbst bei Schwarzen Löchern solle man im Hinterkopf haben, dass deren Auflösung durch die Hawking-Strahlung spekulativ ist.

Wahrscheinlich wird es im Universum irgendwann dunkel, aber nicht, weil alles weg oder zerstört ist, sondern weil alles dunkel ist.

iIovemusic 
Fragesteller
 12.09.2019, 02:10

Danke. Das wäre natürlich auch eine Möglichkeit, aber es gibt ja mehrwr Theorien darüber. Die beiden Beiträge ganz oben sind sehr interessant und logisch formuliert, natürlich könnte es noch mehr Theorien geben.

2

Das ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt verschiedene Theorien wie das Universum ein ferner Zukunft enden könnte, oder auch nicht.