Ist Arbeitszeitbetrug bei euch ein Thema?
Als Personalverantwortliche eines KMU hat für mich das Thema Arbeitszeitbetrug (AZB) in letzter Zeit an Relevanz gewonnen, nicht zuletzt durch die ganzen Memes dazu. Wir haben intern eigentlich klare Regeln definiert, was während der Arbeitszeit erlaubt ist und was nicht. Ebenso ist geregelt wofür firmeneigene Handys und PCs genutzt werden dürfen. Leider stelle ich vermehrt fest, dass diese Regeln sehr léger gehandhabt werden … Nun frage ich mich, wie sieht das bei euch aus? Begeht ihr Arbeitszeitbetrug? Falls ja, wurdet ihr schon dabei erwischt und was waren die Konsequenzen? Wie macht ihr es (Privathandy, Surfen am PC, WC, Kaffeeklatsch)? Und am wichtigsten: warum?
Es soll nicht darum gehen, dass ich jetzt hier Lösungen finde, wie ich die Mitarbeitenden lückenlos überwachen kann! Ich will vielmehr die Beweggründe sowie das Ausmass erfassen. So, dass wir unseren Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz mit attraktiven Rahmenbedingungen bieten können, aber dennoch unsere Produktivität aufrecht erhalten.
Danke im Voraus
8 Antworten
Während Corona hat sich unbarmherzig herausgestellt, dass so manche Führungskräfte einen Gutteil der Zeit damit beschäftigt waren, die Mitarbeiter zu kontrollieren. Nicht so sehr waren sie mit Fachthemen beschäftigt. Man stellte fest, dass trotz Abwesenheit der Mitarbeiter oft eine Menge mehr Arbeit erledigt wurde und das, obwohl man keinen physischen Zugriff auf die MA hatte.
Mit anderen Worten: Lass die Leute an der langen Leine und die meisten nutzen das nur unwesentlich aus. Denn in erster Linie bleiben sie im Job, weil dieser eine für sie sinnvolle Aufgabe darstellt und der Umgang mit den Kollegen Spaß macht.
Wird man permanent kontrolliert, fühlt man sich eingeengt und die Moral leidet. Solange das Pensum erledigt wird, ist es egal, ob die MA Videos schauen oder nicht.
Schwieriger ist es bei der stundenweisen Bezahlung; da kann es schon vorkommen, dass man Stunden schindet, die nicht sein müssten. Dass ein Arbeitgeber hier kontrolliert, ist durchaus nachvollziehbar. Je nach Gewerbe können ein paar Minuten täglich schon mal den Gewinn vollständig auffressen.
Wie immer kann man nicht alle mit dem gleichen Maß messen: Manche MA wollen geführt werden, andere lässt Du besser völlig frei laufen. Und demzufolge brauchst Du ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Prüfung und Regulierung, um möglichst allen gerecht zu werden.
Der Nachweis kann technisch gesehen heute oft relativ leicht geführt werden; es kommt auf die Art der Arbeit an und ob der Chef ein paar Euro in die Hand zu nehmen bereit ist, um eine dafür geeignete Software anzuschaffen.
Welche Software könnte denn dafür geeignet sein bzw. was kann ich mir darunter vorstellen?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten, denn es gibt gehörige Unterschiede in den Branchen. Geht es um Büroangestellte, Handwerker auf der Montage, Reinigungspersonal in wechselnden Objekten, Schiffsführer, Ärzte, Polizisten, Schichtarbeiter, Stundenlöhner...?
Willst Du lediglich Stunden erfassen oder auch an eine Lohnabrechnungssoftware übertragen? Sollen die Mitarbeiter an zentralen Geräten stempeln oder hat jeder ein dienstliches Smartphone? Ist die Internetanbindung beim Erfassen der Zeit gewährleistet?
Zunächst muss man die genauen Anforderungen kennen; dann kann man sich auf die Suche nach einem passenden System machen.
Ich war/bin in meinem AN Verhältnis damit relativ flexibel umgegangen. Private Dinge habe ich auch mal in der Arbeitszeit erledigt, wenn's in einem angemessenen Rahmen blieb.
Diverse Termine kannst du oft nur schwer nach Feierabend wahrnehmen, also hab ich immer geschaut wo es zeitlich ganz gut in das Projekt passt.
Private Telefonate/Nachrichten nehme ich auch an, wenn sie kommen.
Ich wurde nie wirklich darauf angesprochen bzw. habe das irgendwie großartig kommuniziert. Die Leistung hat gepasst, also war es egal was ich nebenher mache.
Interessant. Ich nehme an, dass du nicht im Stundenlohn gearbeitet hast und auch deine Stunden nicht anderweitig erfasst hast?
Ich arbeite schon immer im Stundenlohn. Es ist ein geben und nehmen.
Du schaffst es also so produktiv zu sein, dass du innerhalb der vorgegebenen Arbeitszeit deine Aufgaben erledigst. Und «füllst» die Lücke, welche dir noch bleibt dann teilweise mit Privatem?
Klingt jetzt so als wäre es regelmäßig, was es nicht ist. Aber ja, im Prinzip ist es so. Ich erfülle meistens über dem Soll und habe dadurch viel Spielraum.
Tatsächlich sind kleinere private Dinge, wie etwas mal eben eine Mail schreiben durchaus erlaubt. Genauso wie ich nach Feierabend noch eine geschäftliche Mail beantworte ohne das extra in Rechnung zu stellen. Ich denke auch am Wochenende über Probleme im Projekt nach, unbezahlt. Genauso denke ich auch schon mal während der Arbeitszeit über privates nach. Das gibt sich nichts.
Was ich aber manchmal bei einigen in Verdacht habe sind die Krankenstände. Die sind bei einigen schon absurd hoch. Aber ich bin keine Personaler und das ist nicht mein Problem.
Also quasi so, dass sich das im Schnitt dann ausgleicht?
Ja, Krankenstände sind ein heikles Thema. Doch gegen eine Krankschreibung vom Arzt vorzugehen ist extrem schwierig. Selbst bei Kurzabsenzen, welche kein Attest benötigen hat man wenig in der Hand. Einen Vertrauensarzt aufbieten, ist halt schon ein grosses Kaliber.
Genau, das gleicht sich aus. Hängt aber auch stark vom Beruf ab. Im Büro und wenn man an lang laufenden Projekten arbeitet, dann kommt es echt oft vor, daß man in Freizeit die Probleme im Projekt durchdenkt, und die entscheide Lösung kommt da manchmal wirklich spontan. Ich bin sogar überzeugt davon, daß ich einige Ideen gar nicht am Schreibtisch entwickelt hätte, sondern mir diese nur kamen, weil ich gerade entspannt draußen im Grünen saß. Und dann ist es nur fair, auch mal während der Arbeitszeit eine private Mail zu schreiben etc. Das ist aber wie gesagt auch explizit erlaubt uns.
Ja, da hast du recht. Ideen kann man selten erzwingen, diese fliegen einem oft einfach so zu. Cool, dass es bei euch so locker gehandhabt werden kann (und es nicht ausgenutzt) wird.
Ich wüsste nicht das dies bei uns ein Thema ist, da bei uns sozusagen Vertrauensarbeit gilt. D. h. solange man seine Arbeit erledigt ist einiges "erlaubt" bzw. kein Problem wenn man mal privates nebenbei erledigt oder sich mit Kollegen unterhält. Wahrscheinlich ist bei uns Arbeitszeitbetrug so gut wie kein Thema da wir Gleitzeit haben und uns die Arbeitszeit einteilen können wie es für uns passt auch wenn wir die Arbeitszeit elektronisch erfassen d. h. mit Stempeluhr wo man Chip oder Karte am Terminal bei Kommen und Gehen bzw. Pause hinhält und so die Zeit erfasst wird
Nein, gibt es bei mir nicht. Ich bin der Boss und ich arbeite einfach, wie ich Lust habe.
Morgen von 13-14Uhr zb.
Genau, da gebe ich dir recht.
Die meisten nutzen das nur unwesentlich aus und dagegen ist auch nichts einzuwenden. Da wäre der Aufwand einer Intervention grösser als der Ertrag. Doch manche MA übertreiben es halt schon, doch es gestaltet sich leider als extrem schwierig das zu quantifizieren und nachzuweisen.