Ich habe manchmal Angst, das geregelte Leben eines 0815 Menschen zu stören?
Es klingt sehr seltsam, aber ich habe in letzter Zeit eine merkwürdige Beobachtung an mir aufgestellt. Ich würde mich als einen sehr individuellen, tiefgründigen Menschen bezeichnen, den man nur schwer durchschauen oder ,,in eine Schublade" stecken kann (ich weiß, viele denken so von sich). Jedenfalls gibt es im Gegensatz dazu eine menge ,,Durchschnittsbürger" um mich herum, denen ich eine Begegnung mit meiner Person nicht zutrauen möchte, da sie vielleicht dadurch in ihrem geregelten Leben, umgeben von angenommen getakteten und ebenfalls geradlinig-funktionierenden Menschen, gestört werden könnten..
Ich versuche das mal zu verbildlichen: Ein schwuler, junger Erwachsener schaut seine Reality-Serien im Fernsehen, kennt vielleicht mitunter daher nur diese Art von Mensch, denen man sofort eine gewisse soziale Ebene / ein soziales Umfeld zusprechen kann (Bauarbeiter, Fitnesstrainer, Stadtbeamten, etc.) und in seinem persönlichen Umfeld ist es ähnlich, ausschließlich einfach konstruierte Menschen mit denen er herumtratscht. Dieser Mensch fühlt sich also in seiner Welt sicher, orientiert und zuhause. Dann trifft er auf einen Menschen wie mich, den man überhaupt nicht lesen oder verstehen kann, selbst nach monatelangem, regelmäßigem Kontakt (Uni/Beruf, etc.).
Ich habe dann schnell die Befürchtung, anderen Menschen alleine durch meine Präsenz in ihr Leben einzugreifen und es irgendwie ,,aufzuwühlen", was ich nur ungerne sehen oder fühlen möchte. Gleichzeitig kann ich beobachten, dass sich genau solche Menschen viel schneller besser mit anderen Menschen unterhalten können und auch auf einer wärmeren Ebene. In einem Gespräch mit mir nehme ich oft diese beschriebene Unsicherheit in den Menschen wahr, allerdings auch nur bedingt und das Gefühl geht, glaube ich, stark von mir aus.
Bin ich einfach nur sehr egozentrisch und halte mich für was ,,besseres" oder ,,anderes", oder hat vielleicht jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
5 Antworten
kennt vielleicht mitunter daher nur diese Art von Mensch, denen man sofort eine gewisse soziale Ebene / ein soziales Umfeld zusprechen kann (Bauarbeiter, Fitnesstrainer, Stadtbeamten, etc.) und in seinem persönlichen Umfeld ist es ähnlich, ausschließlich einfach konstruierte Menschen mit denen er herumtratscht.
Fitnesstrainer hat die volle Range von "hat mal nen Kurs gemacht" bis zu "Bachelorstudium". Ähnliches gilt für Stadtbeamte, nur da geht's hoch bis Doktor. Für jemanden, der sich für einen tiefgründigen Menschen hält, hast du ein extrem simplifiziertes Weltbild.
Dieser Mensch fühlt sich also in seiner Welt sicher, orientiert und zuhause.
Klingt ehrlich gesagt so als hätte er dir damit etwas voraus. Du klingst unsicher in deiner Welt.
Dann trifft er auf einen Menschen wie mich, den man überhaupt nicht lesen oder verstehen kann, selbst nach monatelangem, regelmäßigem Kontakt (Uni/Beruf, etc.).
Was jetzt, einfach gestrickte Menschen oder Studium?
Ich habe dann schnell die Befürchtung, anderen Menschen alleine durch meine Präsenz in ihr Leben einzugreifen und es irgendwie ,,aufzuwühlen", was ich nur ungerne sehen oder fühlen möchte.
Ich kann dich beruhigen. Die meisten Menschen werden dich einfach in irgendeine Schublade stecken, egal ob du da rein passt oder nicht, oder dich irgendwie komisch finden und dir aus dem Weg gehen. Je nachdem, wie sehr du recht hast mit "schwer lesbar". Du überschätzt den Einfluss, den du auf andere Menschen hast.
Bin ich einfach nur sehr egozentrisch und halte mich für was ,,besseres" oder ,,anderes", oder hat vielleicht jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
Ich bin autistin. Also ja, habe ich. Ich bin tatsächlich schwer lesbar. Die Reaktion der Menschen darauf ist in der Regel nicht Unsicherheit sondern Irritation bis Rückzug. Ich bringe definitiv niemandes Weltbild durch meine bloße Existenz durcheinander. Ich denke, deine eigene Unsicherheit ist einfach ansteckend.
Komplexität ist meiner Erfahrung nach selten besser. Meistens macht sie primär mehr Probleme. Insbesondere schwer lesbar zu sein ist insgesamt ein Malus.
Du klingst leicht angegriffen bzw. vorwurfsvoll, ich wollte damit ja lediglich meine eigenen Erfahrungen teilen.
Naja deine ganze Wortwahl lässt durchblicken, dass du auf Menschen herabschaust, die "normal und einfach" sind. Und gleichzeitig bist du derjenige, der Probleme hat, die deine "normalen und einfachen" Menschen nicht haben. Ich piekse gerne in kognitive dissonanzen und schaue, was passiert 😉
Zum Thema Unsicherheit, abgesehen davon ob ich es bin oder nicht,
Wärst du sicher im sozialen Umgang, würden wir diese Unterhaltung nicht führen.
es gibt kaum ein wichtigeres Persönlichkeitsmerkmal. Nur dadurch werden Menschen angetrieben, Neues zu lernen und sich selber weiterzuentwickeln.
Menschen über ca 22 entwickeln sich üblicherweise nur noch weiter, wenn sie müssen. Das liegt in unserer Natur. Wir setzen uns als Persönlichkeit, und da bleiben wir dann auch. Es sei denn, Umstände zwingen uns, uns zu ändern.
Was man zur Entwicklung braucht, ist allerdings nicht Unsicherheit sondern Selbstreflexion. Man muss nicht unsicher sein, um sich anzugewöhnen, sich selbst zu reflektieren. Eigentlich ist das Ziel der meisten Therapien, hinterher sicher und reflektiert zu sein.
Man sollte sich ständig selbst in Frage stellen, genau wie die Wissenschaft das tut.
Das nennt man in der heutigen Sprache overthinking, glaube ich. Und ich glaube nicht, dass das zu einem zufriedenen Leben führt.
Selbstsicherheit in einer sozialen Interaktion (ich vermute das meinst du) ist nochmal was anderes.
Das ist das Thema, das du aufgemacht hast. Soziale Interaktion. Und generelle Unsicherheit und Selbstsicherheit hängen in aller Regel zusammen. Deswegen heißen sie auch so ähnlich.
Ja ich denke Du hast dich gut beschrieben. Du scheinst sehr Ich bezogen zu sein, allein wie viel du über dich nachdenkst und vor allem welche Schlüsse Du daraus ziehst. Du überhöhst dich mit deinem "anders sein", wobei du nicht mal genau weißt ob du wirklich anders bist. Anders sein bedeutet ja für dich nicht wie die Masse sein, vielleicht klüger oder tiefgründiger, vielleicht nicht so ein geradliniges Leben leben. Das schließt aber nicht aus das jemand sympathisch ist. Du hingegen schließt diese zwei Dinge aus, weil Du damit für dich selbst entschuldigen kannst wieso Leute sich in deiner Gegenwart unwohl fühlen. Vielleicht bist Du einfach eine unsympathischer Mensch?
Nein, du hast mich nicht so wirklich verstanden. Ich habe sehr enge und gute Freundschaften, es geht hier um den sporadischen Kontakt.
Wenn es um sporadischen Kontakt heute, wieso fragst Du dich das? Wieso glaubst Du so einen starken Eindruck im Leben eigentlich fremder Menschen zu hinterlassen das es diese aus ihrem gewohnten Takt rausbringen könnte? Ist dir das schon selbst passiert? Das jemand dich aus deinem Takt rausgebracht hat einfach aufgrund der Persönlichkeit dieser Person?
Das ist ein Thema, da könnte man Romane schreiben. Für viele sind die tiefgründigen Menschen komisch, weil sie nicht ihrem Bild entsprechen. Dann wird den Tiefgründigen Arroganz vorgeworfen, weil sie sich oftmals zurückziehen bei viel Oberflächlichkeiten.
Manche, die gibt's aber seltener, sind froh, Tiefgründigere zu treffen, weil sie offen sind für Neues und gerne dazulernen wollen.
Endlich mal einer der mich versteht. Ja, sehe ich genau so, ist wahnsinnig interessant das Thema.
Vielleicht bist du ein Philosoph, der andere Menschen zum nachdenken bewegen soll. Die 0815-Menschen müssen manchmal durcheinander gebracht werden, damit sie sich dann wieder fassen und funktionieren. Nur, wenn ein Wolf die Schafe manchmal erschreckt, verlernen sie es nicht, wegzulaufen. Wenn du ein netter Philosoph sein willst, solltest du die nicht wie ein Wolf verhalten, sondern empathischer sein und vielleicht erstmal zuhören. Hirte statt Wolf.
Deine Angst ist vollkommen unbegründet, und du überschätzt dich maßlos, wenn du denkst allein deine Anwesenheit könnte Menschen verändern oder aus ihren Routinen holen.
Und selbst wenn du mit ihnen sprichst, entweder sie hören dir zu und denken sich "der Spinner" oder sie hören zu und denken "ja" oder sie hören gar nicht zu. Aber ändern wird sich niemand.
Ich habe manchmal Angst, das geregelte Leben eines 0815 Menschen zu stören?
Und wenn du so etwas schreibst, steckst du bei mir auch erstmal in einer Schublade. Und auf der steht "kindische Selbstüberschätzung". Ich weiß zwar nicht wie alt du bist, aber diese Gedanken etwas anderes zu sein als die anderen, eine klassische Überhöhung, ist ein typisches Teenie-Phänomen.
Okay, das klingt erstmal nachvollziehbar, eigentlich ist das auch meine Antwort auf die Frage gewesen, lediglich eine grundlose Selbstüberschätzung (was in diesem Fall gut für mich wäre). Zu der Sache mit dem Teenie-Phänomen, Ich habe das vielleicht etwas unpräzise ausgedrückt, ich würde mich als Individualisten bezeichnen, der grundlegend anders sein will und daher auch ist, als die anderen. Gibt auch ein gutes Buch von Kafka darüber. Ich wollte auch gar nicht ,,alle anderen" gegen mich positionieren, sondern nur die Menschen, die in der Masse klassifizierbar sind (trotzdem eigentlich 95% der Menschen). Aber ich finde es gut, dass du mich auch in eine Schublade steckst, auch wenn du so einen komischen Text gelesen hast. Beweist ja eigentlich schon die Falschheit meiner Annahme.
Absolut, es ist schwer, ein komplexer Mensch zu sein, aber dafür kann ich nichts. Du klingst leicht angegriffen bzw. vorwurfsvoll, ich wollte damit ja lediglich meine eigenen Erfahrungen teilen. Zum Thema Unsicherheit, abgesehen davon ob ich es bin oder nicht, es gibt kaum ein wichtigeres Persönlichkeitsmerkmal. Nur dadurch werden Menschen angetrieben, Neues zu lernen und sich selber weiterzuentwickeln. Man sollte sich ständig selbst in Frage stellen, genau wie die Wissenschaft das tut. Selbstsicherheit in einer sozialen Interaktion (ich vermute das meinst du) ist nochmal was anderes.