Fachwirt vs. Bachelor?

4 Antworten

Ist alles Geschmackssache und hat beides Vor- und Nachteile!

Jemand, der mit mittlerer Reife eine Ausbildung beginnt und dann den Fachwirt macht, hat niemals auch nur ansatzweise gelernt, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert. Diese Herangehens- und Denkweise ist aber eine, die durchaus rund um alles, was mit langfristiger Planung zu tun hat, sehr sinnvoll sein kann - Informationen aus verschiedenen Quellen zusammensuchen, Quellen sauber überprüfen, verschiedene Argumente gegeneinander abwägen, überhaupt erst mal wissen, wo man wie nach Quellen sucht. Aber Fachwirt bedeutet ja nicht automatisch, dass man diesen Weg ohne Abitur gegangen ist. Und so mancher Studienabbrecher, der dann eine Ausbildung gemacht hat, bringt sogar Studienerfahrung mit...

Jemand, der hingegen vom Abi direkt ins Studium geht, hat herzlich wenig Erfahrungen, wie die Arbeitswelt an sich funktioniert. Neben Fachwissen ist und braucht das praktische Arbeiten ja doch noch sehr viel mehr. Aber nicht jeder, der einen Bachelor macht, tut dies direkt nach dem Abitur und nicht wenige Studenten arbeiten während ihres Studiums ja auch...

Was das Fachwissen an sich betrifft, denke ich nicht, dass das bisschen mehr Vertiefung und "Abschweifen" hier und da im Studium wirklich für die Praxis im Job irgendwie flächendeckend relevant ist. Genau so, wie nicht jede praktische Erfahrung in jedem Job und jedem Unternehmen für andere Jobs und Unternehmen relevant sein muss.

Und "die Wirtschaft" gibt es in dem Sinne dabei dann auch nicht. Es ist immer eine Frage, auf welche Menschen die Bewerbung trifft und was die aus verschiedensten Gründen gut finden. Oder auch, was es für den jeweiligen Job dann wirklich braucht und ob man das mit dem, was man bis dahin gemacht hat, leisten kann.

GuteAntwort2021  28.03.2021, 19:28

Muss ich zustimmen. Die ganze Diskussion als solches ist sinnlos, wenn aus dem Kontext betrachtet wird.

Fachwirt vs Bachelor alleine betrachtet, da schneidet der akademische Grad besser ab.

Aber du kannst sicher sein, dass jemand mit Fachwirt und mehrjähriger Berufserfahrung in einem ähnlich arbeitenden Unternehmen bessere Chancen hat, als ein Berufseinsteiger, der gerade frisch von der Uni kommt.

An der Uni wird zwar wissenschaftlicher gearbeitet und mitunter mehr Wissen vermittelt, dieses Wissen ist aber rein theoretischer Natur. Den Leuten fehlt schlicht der praxisnahe Einsatz. Etwas, was der Fachwirt den Akademikern voraus hat.

Beides hat also solide Vor- und Nachteile. Deswegen kann man auch nur jedem empfehlen, ein Duales Studium zu absolvieren, sofern man nicht in der Theorie später arbeiten möchte (wie Forschung, Professor/Dozent, etc.). Gibt noch ein paar andere Dinge zu beachten, aber damit löst sich das Problem Fachwirt vs Bachelor in Luft auf, zumindest in der Wirtschaft!

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HappyMe1984  28.03.2021, 20:20
@GuteAntwort2021

Fachhochschulen und duale Studiengänge sollte man eigentlich dann noch mal gesondert betrachten. Ich gehe bei obigem Text nur von einem Bachelor an einer klassischen Universität aus!

Gerade im BWL-Bereich gibt's nämlich bei all den privaten Trägern dann doch schon Unterschiede, auch in Bezug auf die Qualität der Lehre und der Abschlüsse. Was so manche FH sich da an lustig klingenden "Management"-Studiengängen ausdenkt, nun ja, hat das wirklich Hand und Fuß?

Und so, wie duale Studiengänge aufgebaut sind, sehe ich die wenn, dann tatsächlich eher bei der Kombi aus Ausbildung und Fachwirt, nicht bei einem wissenschaftlich geprägten Abschluss auf einer klassischen Universität. Allein schon, weil die meisten dualen Studiengänge ja sogar so gegliedert sind, dass nach den ersten 1,5 Jahren eine entsprechende Berufsausbildung mit der dazugehörigen Prüfung abgeschlossen wird.

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GuteAntwort2021  28.03.2021, 20:48
@HappyMe1984
Und so, wie duale Studiengänge aufgebaut sind, sehe ich die wenn, dann tatsächlich eher bei der Kombi aus Ausbildung und Fachwirt, nicht bei einem wissenschaftlich geprägten Abschluss auf einer klassischen Universität.

Stimmt, aber man ist im Grunde Fachwirt nur mit akademischen Grad. Das duale Studium gibt's ja nicht ohne Grund, sondern wurde von der Wirtschaft so angeregt.

Das klassische Studium an der Universität ist eben wenig bis gar nicht Praxis orientiert. Man könnte auch sagen: altbacken!

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HappyMe1984  28.03.2021, 21:06
@GuteAntwort2021

Es geht hier ja nicht um Titel, sondern um Inhalte in der Diskussion :). Ob mit oder ohne akademischen Grad - ich bezweifle einfach, dass man nach einem dualen Studium irgendwie mehr gelernt hat oder kann als wenn man eine Ausbildung und dann einen Fachwirt macht :).

Übrigens, ganz interessant finde ich die Übersichten der Fernuni Göttingen rund um die Studienzeitverkürzung durch vorher erreichte Abschlüsse dazu: https://www.pfh.de/fernstudium/bwl/studienzeitverkuerzung.html#c1462

Da kann man wunderbar aufgegliedert schauen, welcher Abschluss ein Studium um wie viel verkürzt bzw. welche Module und Creditpoints einem bei welchem Abschluss vorher angerechnet werden.

Ich bin das mal anhand meines Abschlusses als Wirtschaftsfachwirtin durchgegangen. In erster Linie sind es die Wahlpflichtmodule in der zweiten Studienhälfte, die ich dort noch machen müsste, sowie die höhere Mathematik und das wissenschaftliche Arbeiten zu Beginn des Studiums. Sprich, wissenschaftliches Arbeiten auf der einen, mehr spezialisierte Vertiefung auf der anderen Seite.

Würde mich das in meinem derzeitigen Job als Assistenz der Geschäftsführung in meinem Berufsalltag weiterbringen? Eher nicht. Dafür bin ich mit der Ausbildung zur Industriekauffrau, der Weiterbildung zur Wirtschaftsfachwirtin und vor allem ganz viel praktischer Erfahrung einmal "quer durch den BWL-Gemüsegarten" deutlich besser aufgestellt. (Gut, Abitur und Studienerfahrung bringe ich auch noch mit, was sicher hier und da hilft ;).)

Wäre es sinnvoll, wenn ich eines Tages vielleicht mal in einem DAX-Konzern in einer Position auf der mittleren Leitungsebene in einem Bereich, der eher strategisch ausgerichtet ist und eventuell tiefer in die Finanzmathematik geht, tätig werden wollen würde? Schon eher.

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RationalFaith 
Fragesteller
 28.03.2021, 21:16
@GuteAntwort2021

ich würde sogar dual studieren gehen. Man sammelt praktische Erfahrung und verdient i.d.R auch was.
Ein vollzeit Studium + 450€ Minijob bei Lidl wäre mir irgendwie zu... sehr ein Leben ohne Leben 😂 Würde mir vorkommen wie Sklaverei.
Das Problem ist nur: Es gibt da eine private HS, die duale Studiengänge anbietet, aber diese HS hat viele Kritiken und die Kosten sind so hoch, dass man da kein "Taschengeld" mehr bekommt.
Auf einer staatlichen HS (bei mir in der Umgebung) dauern die dualen Studiengänge 9 Semester... Da komme ich einfach zu spät ins wahre Leben rein. Die meisten haben mit 18 Abi und studieren bis 21, 22 - was noch völlig klar geht. Aber ich habe mein Abschluss erst voraussichtlich mit mitte 20 und +9 Semester Studium ist das schon ultra spätzündermäßig
Deswegen wäre mein Plan, dass ich erstmal eine Ausbildung mache und die Weiterbildung einfach als eine Alternative sehe zum Bachelor

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GuteAntwort2021  28.03.2021, 21:19
@HappyMe1984
ich bezweifle einfach, dass man nach einem dualen Studium irgendwie mehr gelernt hat oder kann als wenn man eine Ausbildung und dann einen Fachwirt macht :).

Ich denke es ist beides relativ gleichwertig, aber man hat den akademischen Grad. Das ist ungefähr so wie die Handhabung bei Bayer, dass man mit einem Doktortitel mehr verdient.

Ich bezweifle, dass irgendjemand die Erkenntnisse für die Doktorarbeit in irgendeiner Form mal praxisrelevant bei seiner Arbeit nutzen konnte. Trotzdem bekommt man mehr Geld, einfach nur wegen des akademischen Titels.

Aber wie ich bereits ausreichend in meinem ersten Kommentar erwähnt hatte, hat jede Form seine Vor- und Nachteile

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GuteAntwort2021  28.03.2021, 21:24
@RationalFaith

Ich hatte vor dem Studium auch erst Ausbildung und Bundeswehr gemacht und war 5 Jahre lang auf (Sprach)Reisen rund um den Globus mit duzenden Minijobs, bevor ich mein Studium gemacht habe. Ich hatte meinen Master auch erst mit 33. Geht also locker klar, denke ich.

Zumal du 9 Semester Berufserfahrung dann mitbringst. Bei einem normalen Studium bist du auch 6+ Semester beschäftigt und das ohne jegliche Berufserfahrung (Minijob bei Lidl ist kaum eine Referenz ;-)). Nachteil ist natürlich, dass du das eigentliche Studentenleben nicht hast.

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RationalFaith 
Fragesteller
 28.03.2021, 21:44
@GuteAntwort2021

Ja nh, was man so typischerweise kennt, ist ja eine Wohnung am Campus, man chillt viel mit den anderen Studenten, lernt gemeinsam und geht gemeinsam feiern 😂 Aber 9 Semester... 4,5 Jahre. Bis ich erst richtig arbeiten gehe, bin ich schon 25 und das ist meiner Ansicht nach schon ziemlich spät.
Daher nach einer Ausbildung den Fachwirt(, Betriebswirt) und steigere damit meine Position nach oben. Aber vielleicht auch nach der Ausbildung ein Studium, es kann nämlich sein, dass man es später bereut nicht studiert zu haben

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HappyMe1984  29.03.2021, 07:33
@RationalFaith

Bevor Studiengänge auf Bachelor / Master umgestellt wurden, war eine Studiendauer von 9, 10, 11 Semestern normal und planmäßig vorgesehen. Ist also echt nicht übertrieben lang oder so und ging über Jahrzehnte wunderbar (je nachdem, wen man fragt, sogar besser...).

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Aber das war auch vor 8 Jahren und ich meine damals waren die beiden noch garnicht gleichgestellt. Nach DQR sind die gleichwertig, aber die Gesellschaft sagt wohl die seien nicht gleichartig.

Jein. Fachwirt und Bachelor sind nicht gleichgestellt. Sie liegen lediglich auf dem selben DQR Level.

Der Unterschied ist in der Praxis aber, dass Du mit einem Fachwirt eine (von mehreren) Zugangsberechtigungen erworben hast, um ein Bachelorstudium absolvieren zu können.
Als Bachelor hast Du das Studium bereits absolviert.

Aber, wie andere hier schon geschrieben haben, sagen weder ein Abschluss noch ein DQR Level etwas über tatsächliches Wissen aus. Ist ein Masterabschluss mehr Wert als beispielsweise zwei oder drei Bachelorabschlüsse? Hat ein 22-jähriger, der direkt nach dem Abi drei Jahre lang studiert uns seinen Bachelor gemacht hat das selbe Wissen wie jemand, der erst eine Berufsausbildung absolviert, dann ein paar Jahre in seinem Beruf gearbeitet und Schließloch studiert und mit 30 Jahren seinen Bachelor bestanden hat? Ganz sicher nicht!

Wenn etwas gleichgestellt ist, ist es nicht gleich. Ein Master in Physik ist auch nicht gleich viel wert wie ein Master in Geschichte.