Eure persönliche Meinung: ist Philosophie eine Wissenschaftsdisziplin?

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Philosophie ist eine Art zu denken, nicht eine Sammlung von ,,Wissen". Die Ergebnisse des philosophischen Denkens können unter der Voraussetzung der Nachvollziehbarkeit (manchmal) als Wissenschaft bezeichnet werden.

Nach meiner Auffassung ist Philosophie, wenn sie ernsthaft betrieben wird, eine Wissenschaft. Allerdings ist sie eine Wissenschaft mit besonderer Eigenart. Sie ist keine Wissenschaftsdisziplin (ein wissenschaftliches Fachgebiet) mit einem Gegenstandsbereich, der einfach neben Gegenstandsbereichen von Einzelwissenschaften aufgereiht werden kann.

Eine Untersuchung erfordert ein Verständnis, was zum einen Wissenschaft, zum anderen Philosophie ist. Mit einem Versuch der Beantwortung dieser beiden Fragen findet philosophisches Denken statt. Ich versuche die Begriffe ungefähr zu umreißen, weil es schwierig ist, genaue, allgemeine und trennscharfe Definitionen zu finden, insbesondere des Begriffes »Wissenschaft« .

Wissenschaft ist eine rationale forschende und Ergebnisse darstellende Tätigkeit, die auf Wissen zielt, zu grundsätzlich nachvollziehbarer Begründung bereit ist sowie größere Zusammenhänge berücksichtigen und Verküpfungen herstellen kann (durch Entwicklung von Theorien, die Wissen in systematischer Form zusammenzufassen und Sachverhalte besser zu verstehen versuchen).

Philosophie besteht darin, Dingen denkend auf den Grund zu gehen. Philosophie strebt nach Erkenntnis durch vernünftiges Nachdenken.

Philosophie geht grundsätzlichen Fragen nach und untersucht im Zusammenhang, ohne Bedingtheiten einfach ungeprüft und als selbstverständlich auszuklammern. Daher stellt sie auch die Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnissen und die Voraussetzungen in Frage, von denen Menschen im Alltag und in der Praxis der Einzelwissenschaften ausgehen. Philosophie nimmt nicht einfach Annahmen ohne weiteres als gegebene Tatsachen hin.

Philosophie ist eine Grundlagenwissenschaft. Sie beschäftigt sich sowohl mit dem Sein und dem Erkennen (theoretische Philosophie) als auch mit dem Handeln (praktische Philosophie).

Philosophie als Ganzes ist mehr als Durchdenken, Darstellung und Erkärung vergangener philosophischer Gedanken (auch als Wissenschafstdisziplin gibt es in ihr an Hochschulen nicht nur Lehrstühle für Philosophiegeschichte, sondern z. B. auch für Systematische Philosophie).

Philosophie gilt an Universitäten als Wissenschaft, die dort gelehrt wird.

Platon hielt Erkenntnis (griechisch: ἐπιστήμη [episteme]) für ein Ziel von Philosophie. Johann Gottlieb Fichte nannte die Darstellung seines philosophischen Systems „Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre“ und schrieb ab 1794 eine Reihe verschiedener Fassungen. Georg Wilhelm Friedrich Hegel verstand seine Philosophie als Wissenschaft des Absoluten. Ein Werk von ihm heißt „Wissenschaft der Logik“.

Eine Berufung auf Tradition ist nicht ausreichend, Philosophie als Wissenschaft nachzuweisen, aber der Umstand könnte Anregung sein, der Philosophie nicht leichthin und ohne weiteres Nachdenken eine Zugehörigkeit zum Kreis der Wissenschaften zu bestreiten und zu verwerfen.

Philosophie ist mit denkendem Erforschen und Darstellung von Gedanken verbunden. Sie stellt in starkem Ausmaß die Frage nach einer Begründung, weil sie nicht von Annahmen als ungeprüften Voraussetzungen ausgehen kann. Wenn in der Philosophie von Leuten keine rationale Argumentation geboten wird, kann dies ihnen als Mangel vorgeworfen werden. Philosophie beschäftigt sich stark mit allgemeinen Fragen und ist damit auf größere Zusammenhänge ausgerichtet. Sie versucht Zusammengehöriges zusammenzudenken. Philosophie zielt auf Erkenntnisse, auch wenn für sie nur eingeschränkt gilt, Wissen zu schaffen, und es bei ihr nicht einen linearen Fortschritt (zu allgemein als endgültig richtig oder zumindest besser anerkannten Auffassungen gelangen) im Gewinnen von Erkentnissen gibt. Philosophinnen und Philosophen sind Suchende (in dem Anstreben der Erkenntnis). Ein Vorankommen in Erkenntnis oder plausiblen Darlegungen ist grundsätzlich möglich, aber in dem, dessen Richtigkeit allgemein als ausreichend gesichert gilt, ist es wohl eher gering. Die kritische Seite des Philosophierens tritt in dieser Hinsicht stärker hervor. Möglich ist ein Fortschritt des Problembewusstseins. Fragestellungen werden verfeinert, die Gesichtspunkte erweitert. Argumentationen können genauer und klarer ausgearbeitet und bestimmte Ansätze als nicht zum Ziel führend erwiesen werden.

Philosophie erfüllt einiges nicht, was zum Teil unter Kriterien strenger Wissenschaftlichkeit genannt wird: Es gibt für sie keine empirische Bestätigung ihrer Theorien, keine prinzipielle Reproduzierbarkeit (grundsätzliche Wiederholbarkeit) der Ergebnisse, sie beruht nicht auf Messungen.

Empirische Bestätigung von Theorien und Wiederholbarkeit der Ergebnisse (z. B. mittels mehrmaligen Experimenten) sind aber nur als Kriterium für Erfahrungswissenschaft geeignet. Das spezifisch Philosophische an philosophischen Überlegungen ist nicht das Empirische, auch wenn bei Aussagen über die Beschaffenheit der Wirklichkeit Ergebnisse empirischer Einzelwissenschaften nicht ignoriert werden sollten, sondern nur eine damit vereinbare Theorie richtig sein kann. Eine Zugrundelegung der genannten Kriterien setzt eine Gleichsetzung von Wissenschaft mit Erfahrungswissenschaft schon voraus. Nach diesem Maßstab wäre dann aber auch Logik unwissenschaftlich. Auf Erfahrungswissenschaft zugeschnittene Kriterien für jeden Erkenntnisversuch zugrundezulegen, ist ein Ansatz des Empirismus, der selbst eine philosophische Theorie ist.

Ein Beruhen auf Messungen kann bei Naturwissenschaften ein Maßstab sein. Eine Zugrundelegung für alle Bereiche von Wissenschaft setzt aber voraus, dass nur naturwissenschaftliche Methoden wissenschaftliche Methoden sind. Im Bereich von Geistes-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften ist es aber nicht möglich, mit allein naturwissenschaftlichen Methoden auszukommen. Beispielsweise geht es in der Geschichtswissenschaft um Ereignisse, Strukturen und Entwicklungen der Vergangenheit, wobei eine Erforschung von Ermittlung und deutender Auswertung von Quellen ausgeht. Naturwissenschaftliche Methoden können z. B. bei der Untersuchung archäologischer Funde helfen, aber damit allein wird Darlegung und Erklärung des ganzen Geschehens noch nicht zustandegebracht. Das Kriterium der Messungen würde dazu führen, Geistes-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften als keine echten Wissenschaften einzuordnen.

Naturwissenschaften kommen selbst auch nicht ohne jede theoretische Grundlegung aus. Benötigt wird eine Wissenschaftstheorie. Bei sehr allgemeinen Überlegungen, was Wissen überhaupt ist und was die Voraussetzungen zum Gewinnen von Erkenntnissen sind, befindet sich Wissenschaftstheorie im philosophischen Denken. Erkenntnistheorie ist ein Teilbereich der Philosophie.

Für mich eher schon, denn: Ist die Philosophie nicht die Mutter aller Wissenschaften?

Ich glaube, so etwas schon einmal gelesen zu haben. Die Denkstrukturen der Philosophie finden auch in anderen Wissenschaften ihre Anwendung. Viele Erkenntnisse aus der Antike zum Beispiel haben ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren.

Wissenschaftstheorie ist auch ein Teilbereich der Philosophie. Katze beißt sich in den Schwanz....

Philosophisches Denken an sich ist keine Wissenschaft. Wie Karl Jaspers erklärt hat, läßt es sich sogar schon in Kindern beobachten.

Philosophie als Wissenschaftsdisziplin ist nicht genau dasselbe: Ihre Hauptaufgabe ist weniger das Philosophieren selbst (das ja in nennenswerter Tiefe gar nicht jedem Menschen gegeben ist) als vielmehr das systematische Durchdenken, Verwalten und Erklären des philosophischen Erbes der Menschheit, das sich über ihre gesamte bisherige Geschichte hinweg ergab.

Markus Gabriel etwa scheint das noch gar nicht verstanden zu haben. Wie sonst könnte er sich selbst zu vermarkten suchen mit der Aussage « Falsch: Alle Philosophien der letzten 2500 Jahre! ». Erklärt er damit nicht für wertlos, was ehrlich zu verwalten und zu erklären er einen Lehrstuhl für Philosophie bekam? Hat man in ihm einen Bock zum Gärtner gemacht?

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Gabriel sieht das natürlich anders und ist deswegen unglaublich stolz darauf als Folge seiner "Erkenntnis" gleich ein neues Zeitalter der Philosophie ausgerufen zu haben: das Zeitalter "Neuer Realismus". Was Peter Strasser, einem renommierten österreichischen Hochschullehrer für Philosophie, dabei aufgefallen ist, hat er kurz hier erklärt: https://www.diepresse.com/1455349/hops-und-plops

Inzwischen ist es um Gabriels erstes "Forschungsergebnis" — womit er erklärt zu haben glaubt, dass es die Welt als Ganzes ja gar nicht geben könne — recht ruhig geworden. Mir scheint, dass er auf bestem Wege ist, sich mit seinem eben erschienen neusten Buch ( https://www.swr.de/swr2/literatur/markus-gabriel-und-sein-buch-der-mensch-als-tier-wir-sind-das-einzige-tier-des-universums-100.html ) ähnlich zu blamieren. Aber kann Begriffsverdreherei denn wirklich schon Philosophie sein?

Nein, eindeutig nicht. Philosophie basiert nicht auf wiederholbaren Messungen.

"Ach, das ist doch alles Mumpitz" ist eine philosophische These, die genau betrachtet wirklich alles umfassend beschreibt. Wissenschaftlich ist diese Herangehensweise aber nicht.

leChatNoir267  18.11.2022, 17:32

Das stimmt so nicht.

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leChatNoir267  18.11.2022, 20:45
@mjutu

Nichts für ungut, aber nein. Da die (Natur)wissenschaft aus der Philosophie entstanden ist, ist sie eine philosophische Strömung. Der Empirismus (das meinst du denke ich mit wiederholbaren Messungen) ist, wie die gesamte Wissenschaftstheorie, eine Philosophie. Man kann es in diesem Fall auch umdrehen und eindeutig sagen, dass die Philosophie auch (nicht nur) eine empirische Disziplin ist. Du redest, denke ich, von Naturwissenschaft, da diese vor allem empirisch ist, jedoch zum Teil auch rationalistisch. Bei anderen Wissenschaften ist teilweise der Anteil des Rationalismus größer und auch dieser ist eine Philosophie. Auch die Logik und damit die Mathematik ist eine Philosophie. Zur Logik haben schon die altindischen Philosophen in den Veden detaillierte Leitfäden und Gesetze verfasst, für die heutige Wissenschaft ist zum Großteil auch die griechische Antike grundlegend. Die neuzeitliche Philosophie sogar eher noch mehr. Ohne die Philosophie, die offensichtlich unter anderem eine Wissenschaft ist, gäbe es keine (Natur)wissenschaft. Die Wissenschaften gründen in ihren Ursprüngen auf vielen regionalen Philosophien, unter anderem natürlich der westlichen/europäischen Antike, der indischen, arabischen und altorientalischen Philosophie. Auch die mesoamerikanischen Gelehrten sind nicht zu vernachlässigen. Der Übergang in eine volksmündliche Trennung von "Philosophie" und Naturwissenschaft verlief fließend und noch vor nicht allzulanger Zeit wurde beides als dasselbe verstanden. WIssenschaftler waren (sind) Philosophen und umgekehrt.

"Ach, das ist doch alles Mumpitz"

Ja, das kann eine philosophische, aber auch eine wissenschaftliche These sein. Sowohl in der Philosophie als auch in der Wissenschaft (da letztere eine Philosophie ist), gilt Folgendes:

Eine These ist ein Gedanke oder Satz, dessen Wahrheitsinhalt eines Beweises bedarf. Der Verfasser einer These behauptet die Wahrheit. Ist die These nicht haltbar, muss sie verworfen werden.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/These

Vollkommen logikbasiert, und damit eine vollkommen wissenschaftliche, also philosophische Herangehensweise.

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mjutu  18.11.2022, 23:27
@leChatNoir267

Danke, in dieser Form ist dein Widerspruch nun doch sinnvoller und ich gehe gerne darauf ein.

Auch die Logik und damit die Mathematik ist eine Philosophie.

Das ist eine schöne, allerdings recht poetische Sichtweise.

Der Übergang in eine volksmündliche Trennung von "Philosophie" und Naturwissenschaft verlief fließend und noch vor nicht allzulanger Zeit wurde beides als dasselbe verstanden.

Bestätigst du mit diesem Satz nicht meine Aussage? Wenn diese Trennung stattgefunden hat, sind die Gebiete ja getrennt.

Eine These ist ein Gedanke oder Satz, dessen Wahrheitsinhalt eines Beweises bedarf.

Welche philosophische These wurde bereits bewiesen? Wir haben eine große Menge sich diametral widersprechender Ansätze in der Philosophie, die alle mehr oder weniger eine Daseinsberechtigung haben. Natürlich hat z.B. Herr Popper deutlich stichhaltigeres Verfasst als "Alles ist Mumpitz".

In der Wissenschaft können sich widersprechende Thesen nicht auf Dauer mit einander bestehen. Entweder, man findet ein Experiment, dass eine der beiden (oder beide) ausschließt, oder die Thesen sind falsch.

Die Philosophie ist dagegen ein buntes Sammelsurium sich widersprechender Ansätze und Prinzipien. Kein Experiment wird jemals klären, ob die Hedonisten recht haben oder die Asketen, die Zyniker oder die Anhänger lustiger Katzenvideos.

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leChatNoir267  19.11.2022, 01:05
@mjutu
Das ist eine schöne, allerdings recht poetische Sichtweise.

Poetisch mag ein netter Nebeneffekt sein, ist nun aber nicht gleichbedeutend mit falsch. Ich zitiere hier noch einmal Wikipedia:

als eine Wissenschaft beschrieben, die durch logische Definitionen selbstgeschaffene abstrakte Strukturen mittels der Logik auf ihre Eigenschaften und Muster untersucht.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mathematik

Eine reine Philosophie.

Bestätigst du mit diesem Satz nicht meine Aussage? Wenn diese Trennung stattgefunden hat, sind die Gebiete ja getrennt.

Nein, denn diese Trennung hat lediglich formal im Volksmund stattgefunden, ist jedoch vollkommen ungerechtfertigt. Ich beschreibe die Entwicklung nur.

Welche philosophische These wurde bereits bewiesen?

Du musst bedenken, was ich zuvor über die Relation zwischen Philosophie und Wissenschaft geschrieben habe. Die Wissenschaften sind eine philosophische Strömung und jede empirisch bewiesene These der Naturwissenschaft zählt damit zur Philosophie dazu. Aber dennoch gehe ich einmal auf deine Frage aus deiner Perspektive ein: Ein Philosoph der Antike, Demokrit, der noch heute als ein Grundsteinleger der Chemie gilt, schrieb, natürlich in Worten der damaligen Zeit, über den Atomismus:

„Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome und leeren Raum.“ 

Und du kennst sicher das Trolley-Problem, dazu: These = 1 Menschen zu überfahren und 5 zu retten, ist besser, als 5 Menschen zu überfahren und 1 zu retten. Prämisse = Es wird nach den Prinzipien des Utilitarismus hergeleitet. Die These lässt sich eindeutig beweisen.

Im Vergleich dazu eine naturwissenschaftliche (Erinnerung: philosophische) These: Die kinetische Energie eines Objektes ist abhängig von seiner Masse. Prämisse: Es wird nach den Prinzipien des Rationalismus und des Materialismus hergeleitet. Die These lässt sich eindeutig beweisen.

Ich habe zwar nun eine Antwort mit aus deiner Perspektive philosophischen Thesen gegeben, aber halte deine Frage und meine Antwort im Endeffekt für sinnfrei - ich möchte noch einmal betonen: Die Wissenschaft ist ein Teilgebiet der Philosophie. Das heißt konkret: Jede Wissenschaft ist eine Philosophie, aber nicht jede Philosophie ist eine Wissenschaft. Das ist Fakt. Kannst du dem zustimmen? Oder eher: Kannst du dem widersprechen?

Denn ich glaube, jetzt habe ich das Problem gefunden:

Es ist sogar nur ein formales:

Wir haben eine große Menge sich diametral widersprechender Ansätze in der Philosophie, die alle mehr oder weniger eine Daseinsberechtigung haben.

Denn dem stimme ich vollkommen zu.

Der springende Punkt in unserer Meinungsverschiedenheit ist folgender:

ist Philosophie eine Wissenschaftsdisziplin?

Du definierst hier die Philosophie als ein Ganzes und beziehst dich auf die Philosophie als Gesamtheit ihrer tausenden Strömungen. Vielleicht nimmst du sogar die Wissenschaft als Strömung aus der Philosophie heraus, was tatsächlich ungerechtfertigt und faktisch falsch wäre.

Das ergibt dann ungefähr dasselbe, als würde man fragen: Ist die Philosophie eine utilitaristische Disziplin? Und wenn man, aus deiner Perspektive, antwortet: Ja, die Philosophie ist utilitaristisch. Dann ist das natürlich falsch.

Ich jedoch sage: Da es nicht "die Philosophie" gibt und die Wissenschaften Strömungen, also Unterkategorien, der Philosophie sind und auf ihr basieren, ist die Philosophie zum Teil eine wissenschaftliche Disziplin, aber eben nicht nur. (Siehe z.B. Z. 9 meines zweiten Kommentars).

Man könnte es also mit "Alle Männer sind Menschen, aber nicht alle Menschen sind Männer" zusammengefassen.

Da müsste doch Raum für Einigung sein?

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mjutu  19.11.2022, 01:57
@leChatNoir267

Der Wiki-Definition von Mathematik stimme ich durchaus zu. Den Sprung zu "Eine reine Philosophie" halte ich dagegen für willkürlich und nicht nachvollziehbar.

Und du kennst sicher das Trolley-Problem, dazu: These = 1 Menschen zu überfahren und 5 zu retten, ist besser, als 5 Menschen zu überfahren und 1 zu retten. Prämisse = Es wird nach den Prinzipien des Utilitarismus hergeleitet. Die These lässt sich eindeutig beweisen.

Was ist an dieser These eindeutig bewiesen? Das Eingreifen und Entscheiden zugunsten einer bestimmten Zahl an Opfern ist willkürlich. Sowie die eine Person das eigene Kind ist, werden sich viele Menschen nicht nach "eindeutig bewiesenen" Thesen des Utilitarismus halten.

Demokrits Aussage "Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in Wirklichkeit gibt es nur Atome und leeren Raum" war philosophischer Natur. Ihm erschien das plausibel und es steckt eine gewisse Logik dahinter. Wie wir heute durch Naturwissenschaftliche Forschung wissen, lag er damit falsch: er konnte damals noch keinen Begriff von Feldern haben. Emergente Effekte hat er auch noch nicht gekannt, denn eine Ansammlung von vielen Atomen hat mehr Eigenschaften als nur die Summe ihrer Einzelteile.

ich möchte noch einmal betonen: Die Wissenschaft ist ein Teilgebiet der Philosophie.

Das ist deine Meinung, die ich nicht teile.

Das ist Fakt.

Oh. Meinst du? Ich kenne diese Aussage nur aus Gesprächen, in denen eine Seite keine stichhaltigen Argumente vorweist.

Kannst du dem zustimmen? Oder eher: Kannst du dem widersprechen?

Ich widerspreche dem eindeutig.

Vielleicht nimmst du sogar die Wissenschaft als Strömung aus der Philosophie heraus, was tatsächlich ungerechtfertigt und faktisch falsch wäre.

Du wiederholst es zwar immer wieder, aber es fehlen nach wie vor klare Argumente.

Und wenn man, aus deiner Perspektive, antwortet: Ja, die Philosophie ist utilitaristisch. Dann ist das natürlich falsch.

Ich habe nichts in dieser Richtung behauptet. Du versuchst nachzuweisen, dass etwas falsch ist, was ich nicht gesagt habe. Was soll das?

Da müsste doch Raum für Einigung sein?

Aber nein, wieso sollte es einen Bedarf für eine Einigung geben? Ich habe eine ganz klar andere Ansicht als du und deine Argumente überzeugen mich nicht.

Zwar hat sie die moderne Naturwissenschaft aus der Philosophie entwickelt und man benötigt philosophische Methoden um Messergebnisse zu interpretieren (siehe z.B. Falsifikation und die begrenzte Gültigkeit jeder Theorie), aber trotzdem unterscheiden sich Methoden und Inhalte von Philosophie und Wissenschaft grundlegend.

Ich denke, wir sollten prima damit klar kommen, hier unterschiedliche Ansichten zu haben. An dem Tag, an dem alle Menschen so denken und sind wie ich, wird der Untergang der Menschheit nicht mehr aufzuhalten sein! :-)

Hier, ein Keks: 🍪

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leChatNoir267  19.11.2022, 02:29
@mjutu

Ich fasse mich ausnahmsweise kurz:

"Eine reine Philosophie" halte ich dagegen für willkürlich und nicht nachvollziehbar.

Hier würde mich eine Begründung interessieren.

Dass du die Wissenschaften nicht als Teil der Philosophie ansiehst, schockiert mich tatsächlich ein wenig - die Begründung für meine Aussage habe ich in meinem zweiten Kommentar, einige Argumente sind also vorgebracht. Was du an diesen nicht stichhaltig findest, wäre interessant zu wissen. Ich habe es nicht für nötig gehalten, tiefgreifende Argumentationen dafür zuzufügen, weil ich es für eine Wahreheit hielt, von der ich erwartet und gehofft habe, dass wir ihr eigentlich beide zustimmen.

Vielleicht gehe ich demnächst tiefer darauf ein, jetzt brauche ich jedoch eine Pause, es ist spät und zudem nehme ich mir von Debatten auf GuteFrage regelmäßig eine Pause...

Ich denke, wir sollten prima damit klar kommen, hier unterschiedliche Ansichten zu haben. An dem Tag, an dem alle Menschen so denken und sind wie ich, wird der Untergang der Menschheit nicht mehr aufzuhalten sein! :-)
Hier, ein Keks: 🍪

Dem stimme ich auf jeden Fall zu, ein sehr schöner Absatz. Auch wenn ich es schade finde, es bei unterschiedlichen Ansichten zu belassen, wenn nicht alle Argumente ausgetauscht wurden. Aber, die Vorstellung eines Verschwindens der Vielfalt der Denkweisen halte ich auch für dystopisch. Für Dich auch Keks :) 🍪

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mjutu  19.11.2022, 23:26
@leChatNoir267

Eines vorweg: Dich zu schockieren liegt überhaupt nicht in meiner Absicht! Hier geht es doch um die Frage der Definition zweier recht abstrakter Ausdrücke und ich betrachte das ganz emotionsfrei. Um das zu verdeutlichen, haben ich auch etwas angefügt, was in mir reale Emotionen auslöst, nämlich den Keks. Ich mag Kekse.

Wie schon angedeutet: In der Philosophie ist es sinnvoll, zwei sich widersprechende Thesen zu vertreten:

  • Der Mensch wird glücklich, wenn er möglichst viel hat.
  • Der Mensch wird glücklich, wenn er möglichst wenig will.

Man kann also entweder sein Glück optimieren, indem man sich bereichert (auch immateriell), oder indem man seine Bedürfnisse reduziert. Welche der beiden Wege "der richtige" ist, ist da eine unpassende Frage. Nur könnte man da empirisch herangehen, was die Frage dann in das Gebiet der Wissenschaft rücken würde: z.B. 80% einer ausgewählten Gruppe von Menschen werden mit Bedürfnisreduktion effizienter glücklich als mit Gewinnerhöhung. Aber die Konzentration auf messbare Einheiten reduzieren die philosophische Kraft des Konflikts der unterschiedlichen Thesen.

"Man weiß es nicht so genau - musst dich halt im Einzelfall auf dein Bauchgefühl verlassen, nachdem du das Geschehen in Hinblick auf diese beiden Thesen beleuchtet hast" -- das ist eine sinnvolle philosophische Aussage. Für einen Wissenschaftler wäre das dagegen "Würfeln" und vergeudete Zeit.

In der Wissenschaft wären zwei so unterschiedliche Thesen ein Konflikt, den man mit einem Experiment klären muss und kann.

In den westlichen philosophischen Weltanschauungen sind Kinder besonders viel wert, weil sie unsere Zukunft sind. In Indien sieht man das ganz anders, weil sie noch keine Vergangenheit haben. Beides hat eine Daseinsberechtigung.

Aus wissenschaftlicher Sicht kann man Kindern gar keinen Wert zuschreiben.

Trotz dieser unterschiedlichen Ansichten, stimme ich dir zu, dass Wissenschaft und Philosophie sich gegenseitig unterstützen. Beim Versuch die Quantenmechanik zu verstehen, sollte man das Höhlengleichnis bedenken: Da ist mehr als wir sehen! Umgekehrt baut das Höhlengleichnis natürlich auch auf der naturwissenschaftlichen Erkenntnis auf, dass Gegenstände im Lichtstrahl Schatten werfen.

Hier schließe ich für heute mal und hoffe nach wie vor, dass du die Diskrepanz gelassen betrachten kannst.

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