Bist du ein faustischer Mensch?

6 Antworten

Ich denke nicht, dass man den Begriff als gut oder schlecht pauschalisieren kann. Nie befriedigt zu sein ist meiner Meinung nach gut in der Hinsicht, dass man sich immer weiter entwickelt und wissbegierig ist. Trotzdem ist es ein ununterbrochener Stress und hoher Anspruch an sich selbst, immer mehr wissen zu müssen, was auch nicht un bedingt gesund ist. Für faustische Menschen zählen oft (auch bei anderen Personen) andere Werte als z.B. Status, Geld, etc., sondern eher Dinge wie Intelligenz, was ich persönlich gut finde.

Auf die Frage, ob ich mich selber als faustischen Menschen bezeichnen würde, würde ich mit ja antworten. Ich bin ständig im Bestreben nach neuem Wissen und bin manchmal gestresst, weil ich befürchte, meine Zeit zu verschwenden. Manchmal denke ich z.B. drüber nach, einfach schonmal fürs Abi zu lernen, obwohl ich noch überhaupt keine Ahnung habe, was da bitte drankommen soll, einfach, damit ich besser vorbereitet bin, als andere, um später Zeit zu sparen, wo ich dann wieder produktiv sein kann um mir höheren Erfolg später zu verschaffen.

Auf der anderen Seite lerne ich trotzdem NIE für Arbeiten. Vor allem im schulischen Bereich bin ich recht faul, weil mich das ganze Schulsystem extrem nervt und viele Aufgaben dieses einfach als verschwendete Zeit ansehe.

Ich bestrebe also nicht, immer "perfekt" oder allwissend und alleskönnend in jedem Gebiet zu sein, sondern einfach so viel es geht über meine Interessen und Dinge, die wichtig für mich sind oder werden könnten herauszufinden. Und das finde ich an mir eine recht gute Eigenschaft.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 20:44

Den Gedanken mit dem Vorlernen aufs Abi, um während dem Abi selbst mehr Zeit für anderes zu haben, kenne ich von mir noch. Ich würde das lieber lassen. Genieße die Zeit lieber noch, in der deine Noten "nicht zählen" und du diese Zeit in deine Interessen investieren kannst. Ich würde nur das tun, was ich langfristig für nötig halte. Aber dann im Abitur mich total darauf konzentrieren.

Ich habe den Fehler gemacht, Schule bzw Leistung durch Noten von Anfang an zu wichtig zu nehmen, als es noch nicht darauf ankam. Jetzt bereue ich es, denn die Luft war draußen als das Abi angefangen hat und der Drang, meinen Hobbys/Interessen nachzugehen, größer denn je.

Deshalb würde ich tatsächlich die Zeut nutzen, in der es noch nicht "zählt".

Aber wie du selbst schreibst nimmst du Schule scheinbar sowieso nicht allzu wichtig. Das klingt jetzt vllt komisch, aber ich würde sagen: Weiter so. Bis das Abitur da ist, würde ich mich nur dafür anstrengen, was dich interessiert, wichtig ist um deine Fähigkeiten zu entwickeln oder du für das Abitur brauchst. Beim Rest reicht es, einfach durch den Unterricht etwas aufzuschnappen (ist aber nur meine persönliche Meinung. So manch ein Lehrer würde wahrscheinlich vor Schreck vom Stuhl fallen, wenn er sehen würde, was für Ratschläge ich gebe😅).

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Ja, diese Einstellung trifft auf mich zu, und der Faust fasziniert mich sehr. Ich möchte das lesen, aber schiebe es doch immer wieder vor mir her und versäume es dadurch. In der Schule haben wir den Faust durchgenommen, einschließlich Klassenarbeit, die befriedigend ausfiel, und sogar eine Aufführung im Theater besucht. Aber ich habe aus Faulheit so gut wie nichts gelesen.

Im Zusammenhang mit der Anthroposophie kam ich später immer wieder durch Hörensagen mit Goethe und Faust in Verbindung, aber leider nur oberflächlich.

Heute bin ich sehr berührt vom Pantheismus und der Romantik. Ich meine, in unserer Kultur herrscht eine Leere zwischen Materialismus und Fundamentalismus in der Religion, sozusagen Ahriman und Luzifer. (Was ich vom Teufel halte, kannst du herausfinden, wenn es dich interessiert.)

Doch wo komme ich hin? Gelingt es mir, etwas von dem einzubringen, was offenbar fehlt? Habe ich überhaupt die Disziplin und Ausdauer, etwas Tieferes davon zu erfahren?

KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 20:35

Ich kann dir den Faust wirklich nur ans Herz legen!

"in unserer Kultur herrscht eine Leere zwischen Materialismus und Bedeutungsgewinn der Religion" - das habe ich nicht ganz verstanden, könntest du das noch näher erläutern?

Ja, das sind essentiell wichtige Fragen, die du da stellst. Ich nehme mir mal heraus, sie für mich zu beanworten. Ich bin optimistisch gestimmt. Ich will in die Forschung, ich will mehr Wissen und Verständnis und ich will etwas ändern. Für mich stellt sich die Frage nicht unbedingt, ob das klappt. Denn was sicher ist, ist dass es nicht klappt, wenn ich es nicht versuche. Vielleicht bewirke ich am Ende nichts. Aber niemand wird sagen können, ich hätte es nicht wenigstens versucht. Das denke ich mir, wenn mir Zweifel kommen:)

Was hältst du denn vom Teufel?

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Ubald  24.03.2021, 00:16
@KathaHohenfels

Also, den Glauben an den Teufel halte ich für einen mittelalterlichen Aberglauben. Die staatlich geförderte Wissenschaft ist vollkommen materialistisch. Sie geht davon aus, dass alles Geistige und Seelische nur sekundäre Phänomene sind, von der Materie erzeugt. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr religöse Fundies, sowohl Islam als auch christianistische Evangelikale, während die gemäßigten Amtskirchen immer mehr Mitglieder verlieren. Es gibt einen Bereich der Vernunft im moderaten Einklang, wo man den Geist anerkennt und Wissenschaft dem besseren Leben dient, und nicht überspannten kommerziellen Interessen, wie 5 G usw.

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Hi Katha,

ich verstehe den Faust dort etwas anders. Faustus selbst hatte mittels verschiedener Wissenschaften versucht die Erde zu untersuchen und nach einer letztlichen Antwort zu graben. Er stellt jedoch zu Beginn des Buches fest, dass es völlig egal ist, wie viel Mühe man sich gibt, weil eh immer was Anderes bei rauskommt und es eine final richtige/ wahre Antwort nicht gibt.

Jetzt wird es etwas paradox: Faustus ärgert es tierisch in Goethes Buch. In der Wissenschaft sorgt das eher für Gelassenheit, denn es zeugt davon, dass eine Wissenschaft immer nur der Versuch EINES möglichen Blickes auf die Welt ist - es also auch andere gibt und auch andere Wahrheiten. Gleicherdings ist es fast komisch, dass wir heute wieder Bücher wie "die Vereindeutigung der Welt" herausbringen müssen, weil zwar unsere Schüler alle die Faust in der Schule lesen, aber gleichzeitig von "Fakten" erzählen - ohne den Widerspruch darin zu erkennen.

Also ja: ich kenne faustische Menschen, die sind aber eher gelassener und weniger grübelnd... und sie akzeptieren, dass es so etwas wie "Wahrheit" nicht gibt.

KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 14:23

Das mit dem Buch "Die Vereindeutigung der Welt" habe ich leider nicht ganz verstanden, könntest du das noch näher erläutern?

Meinst du, dass eig jeder den Faust gelesen hat und deshalb wissen sollte, dass es nicht "die Wahrheit" gibt, aber dennoch paradoxerweise "Fakten" anbringt, obwohl es die deiner Meinung nach nicht gibt, sondern immer mehrere Deutungen?

Würdest du also sagen, es gibt nichts, was bewiesen ist? Oder meinst du damit, dass viele aus dem Blick verlieren, dass es zu ein und derselben Sache nicht nur wissenschaftliche Beweise, sondern auch anderweitige Deutungen gibt?

PS: Zu dem "Faust verstehen" - ich habe ihn nicht direkt so verstanden, ich habe die Definition so teils von meiner Lehrerin, teils aus dem Internet übernommen, bin jetzt aber selbst verwirrt, was "faustisch" bzw "ein faustischer Mensch" letzten Endes bedeutet. Hast du eine Antwort darauf?

LG Kath

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Weltwunderling  23.03.2021, 14:47
@KathaHohenfels

Hi Katha,

Fangen wir bei der Vereindeutigung der Welt an. Das Buch ist gerade hoch im Kurs in den Sozialwissenschaften, bringt mal wieder richtig Wind in die wissenschaftliche Landschaft. Es stellt die Frage, warum wir uns als Kultur aktuell immer wieder Begriffe wie "Fakten" und Co um die Ohren werfen. Warum wir uns "Vielfalt" nennen, obwohl wir noch nie so wenig Vielfalt hatten wie heute.

Gleichzeitig macht diese Buch auf ein wissenschaftliches Grundproblem aufmerksam: die Erkenntnistheorie. Wenn Du Lust hast, Google mal danach - so gibt es z.B. mittlerweile Vorlesung der Philosophischen Universität oder aber auch von Richard David Precht bei Youtube zu finden... Die Erkenntnistheorie hat sich die Frage gestellt: Woher weiß ich, dass das, was aus meinen wissenschaftlichen Untersuchungen stammt, wirklich wahr ist? Dass ein Meter ein Meter ist, ist eine willkürliche Festlegung der Menschen. Dass ein Apfel von oben nach unten fällt, mag eine einfach Erkenntnis sein - was aber, wenn es um Dinge wie "Rassismus" geht? Solche 'weichen' Dinge, die wir nicht unmittelbar anfassen und sehen können (wie einen runterfallenden Apfel), die sind auf implizite Untersuchungsmethoden angewiesen. Aber - und da ist wieder das Meter-Problem: Wir untersuchen etwas, das wir selbst erfunden haben. Die Natur kann uns jedoch nicht sagen, ob das richtig ist, was wir da treiben... das ist ein Problem, welches schon Platon und Co diskutiert haben, daher stammt das Höhlengleichnis. Es ist also keine "Meinung", die ich habe - sondern das ist seit 2000 Jahren gültiger Konsens über alle Wissenschaften hinweg (und es gibt WENIG, worin sich alle einig sind... :D). Nicht in jedem Studium wird dieses Problem sehr vertieft - bei den Psychologen wird das etwas ausführlicher behandelt, denn was "Psyche" eigentlich ist, das weiß heute keiner so genau, darin gibt es große, strittige Debatten.

Wieso glauben also heute so viele daran, dass es so etwas wie Wahrheiten in der Welt gibt? So etwas wie Wahrheitsatome, die Fakten? Dabei ist "Fakt" ein wissenschaftlicher Begriff, von lat. facere (was so viel wie "gemacht", "künstlich erzeugt" bedeutet... genau so wie Tatsache aus Tat und Sache besteht, was das Gleiche meint und eigentlich ein Begriff der Aufklärung ist)...

Jetzt kommen wir aber zu einem anderen Problem: Du Schule befasst sich damit, den Schülern Dinge beizubringen. Das heißt hier wird in ein RICHTIG und ein FALSCH unterschieden. Das heißt auch, dass Deine Lehrerin eine Vorgabe hat, was eine RICHTIGE Bedeutung von Faustus ist... und damit Du bei der bestehst, würde ich Dir total raten, ihre Interpretation zu nehmen. Die Freiheit (und auch Akzeptanz, dass es unterschiedliche, gar widersprüchliche Antworten gibt) kriegst Du erst im Studium zu spüren... leider.

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Ich persönlich kann mit grüblerischen Menschen wenig anfangen.

Es ist aus meiner Sicht notwendig, jenseits des Denkens zu gehen, um tatsächlich "Antworten" auf so genannte "Sinnfragen" zu erhalten.

Ist man zu "verkopft", versperrt man sich den Zugang zu anderen Formen des Erkenntnisgewinns, wie etwa absichtslose Meditation.

Materielles

Aus materiellem Besitz mache ich mir persönlich relativ wenig und genieße dennoch einen gewissen Luxus, wie etwa diesen Computer.

Auf Mobilgeräte oder Spielekonsolen verzichte ich dagegen beispielsweise, weil sie keinen Nutzwert oder ideelle Bedeutung für mich haben.

Erkenntnissuche

Ständiger "Erkenntnisdruck" kann meiner Ansicht nach auch psychische Krankheiten fördern, dass habe ich bei Mitmenschen beobachten können.

Man sollte sich auch eingestehen, dass vielleicht nicht alles intellektuell begreifbar ist und sich an einem guten Essen erfreuen, anstatt es zu analysieren.

KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 13:22

Darf ich fragen, zu welcher Art psychischer Krankheiten der Erkenntnisdruck beispielsweise geführt hat?

Bei Faust selbst sieht man ja auch die "schlimmen Folgen" davon. Er war an einer Stelle kurz davor, sich umzubringen.

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Enzylexikon  23.03.2021, 13:28
@KathaHohenfels

Ich habe bei einem Bekannten, der nach lauter Grübelei glaubte, in einer Art "Matrix" (virtuelle Simulation) zu leben, einen Suizidversuch erlebt.

Auch die Entwicklung von Friedrich Nietzsche lässt darauf schließen, dass er an psychischen Störungen litt.

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KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 13:30
@Enzylexikon

Aber denkst du, faustisch heißt wirklich "grübeln"? oder beschreibt es nicht eher diesen Drang, immer mehr wissen zu wollen? Grübeln besteht ja eher aus sich-im-Kreis-drehenden-Gedanken, denke ich.

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Enzylexikon  23.03.2021, 13:37
@KathaHohenfels

Ständiges Streben nach Wissen ist aus meiner Sicht zumindest letzten Endes genau so zwecklos wie intellektuelle Nabelschau. Insbesondere wenn es um Gebiete wie etwa Philosophie geht.

Es gibt nach meiner Meinung einfach Grenzen des Verstehens.

Ich glaube beispielsweise nicht an einen Gott, kann mir aber durchaus eine "höhere Ordnung" vorstellen, die unseren rationalen Verstand übersteigt und uns daher wie "Chaos" oder "Zufall" erscheint. Das werden wir nie verstehen.

(Ich kann diese Vorstellung einer Hyper-Physik natürlich nicht beweisen, sie erscheint mir aber durchaus möglich, aufgrund eigener Erfahrungen).

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KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 14:14
@Enzylexikon

Ich kann dir gut folgen und auch ich denke, dass es Grenzen gibt. Aber: Sind wir von diesen nicht noch sehr weit entfernt? Wenn man jetzt beispielsweise eher an die Naturwissenschaften denkt als an die Philosophie, insbesondere die medizinische Forschung?

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Enzylexikon  23.03.2021, 14:21
@KathaHohenfels

Das ist durchaus möglich - aber genau so, wie ich dem Busfahrer das Fahren des Busses überlasse, so überlasse ich die Naturwissenschaften den Experten.

Mir persönlich ist es egal, ob eine neue Schneckenart entdeckt, oder eine noch bessere minimalinvasive Operationsmethode entwickelt wurde.

Ich teile einfach die Begeisterung mancher Menschen für diese Dinge nicht. Ich bin eher meditativ orientiert, nicht akademisch.

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KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 14:25
@Enzylexikon

Ist es dir auch egal, wenn du akut von einer Krankheit betroffen bist, die nur über medizinische Forschung geheilt werden kann?

Könntest du mir das mit der meditativen Orientierung noch näher erläutern?

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Enzylexikon  23.03.2021, 14:37
@KathaHohenfels

Das wäre etwas anderes, weil es um eine konkrete Situation geht.

Ich suche nach einem Brotrezept und Zutaten, wenn ich hungrig bin - aber ich habe kein Interesse daran, eine Datenbank über Bäckereihandwerk zu werden.

Mit meditativer Orientierung meine ich, dass der gegenwärtige Moment der Schlüssel zum Verständnis unserer selbst ist.

Normalerweise sind es Projektionen, Bewertungen und mangelnde Befriedigung, die uns daran hindern, die Realität des Augenblicks einfach wahrzunehmen.

Aber ich habe selbst schon die Erfahrung gemacht, dass absichtslose Meditation eine solche Wahrnehmung ermöglicht - und dann erübrigen sich Sinnfragen.

Akademische Suche ist immer intellektuell, nicht konkret aus der direkten Erfahrung erwachsend. Das empfand ich schon sehr früh als Sackgasse für mich.

Natürlich ist es mir z.B. wichtig, die Welt durch Umweltschutz zu erhalten - aber eben nicht, indem ich Ökologie studiere, sondern konkret handele.

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KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 20:52
@Enzylexikon

Naja, bei Wissensstreben geht es ja meist weniger um das Auswendiglernen, also das Mutieren zu einer Datenbank, sondern um Erkenntnis und Verständnis.

Dass Meditation und Innehalten, nur mit sich selbst sein, eine gute Methode zum Verständnis des Selbst ist, sehe ich ein.

Allerdings verstehe ich nicht, wie die bloße Wahrnehmung zufriedenstellen kann. Ist das nicht nur ein Teil, eine Methode aus einem ganzen Methodenarsenal? Zu...einseitig, nur diese eine zu verwenden?

Kann akademische Suche/Intellektuelles nicht auch sehr handlich/materiell/direkt erfahren werden? Arbeiter man beispielsweise im Labor, ist das doch sehr direkt. Du siehst z.B., dass die Flüssigkeit im Reagenzglas rot wird, wodurch du auf eine bestimmte Reaktion schließen kannst. Ist das nicht sogar eine noch direktere Erfahrung als die Meditation, die mehr mit der nicht-sichtbaren als der materiellen Welt zu tun hat?

Oder was meinst du mit akademischer Suche?

Das mit der konkreten Handlung sehe ich absolut ein. Allerdings musst du dann darauf vertrauen, dass das Laienwissen, das zu deiner Handlung führt, auch wirklich wahr ist.

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Enzylexikon  23.03.2021, 21:15
@KathaHohenfels
sondern um Erkenntnis und Verständnis.

Ja sicher, aber 95% (fiktive Zahl) dessen, was man intellektuell/akademisch lernt, hat keinerlei konkreten Nutzen für einen selbst.

Das ist "unnützes Wissen", das man höchstens in einer Quizshow brauchen kann. Darin sehe ich auch ein großes Problem im derzeitigen Schulsystem:

Es wird bis ins Detail die mendelsche Vererbungslehre oder der Atomaufbau thematisiert - aber die Schüler wissen nicht einmal, wieso der Himmel blau ist.

Das ist alles viel zu viel Detailwissen, anstatt eine gute Allgemeinbildung zu vermitteln. Fachidioten, statt brauchbares Bildungsniveau.

Allerdings verstehe ich nicht, wie die bloße Wahrnehmung zufriedenstellen kann. Ist das nicht nur ein Teil, eine Methode aus einem ganzen Methodenarsenal?

Diese Ansicht haben viele Menschen: Für sie ist Meditation eine Technik um sich "ruhig zu machen" und auf irgendeine Weise "besser" zu werden.

Aber Meditation kennt dieses Leistungsdenken nicht. Das ist keine isolierte Technik sondern ein Zustand von Körper und Geist.

Man ist in diesem Zustand "komplett" und man muss weder Wissen noch Fähigkeiten addieren oder entfernen. Der Zustand genügt sich selbst.

Dadurch lösen sich bei vielen Menschen auch psychische Knoten im Kopf und sagen: "Meditation hat mir geholfen, Klarheit zu erlangen".

Aber diese Klarheit war schon immer da - wir stehen uns mit unseren komplexen Bewertungs- und Analysemodellen nur allzu oft selbst im Weg.

Arbeiter man beispielsweise im Labor, ist das doch sehr direkt. Du siehst z.B., dass die Flüssigkeit im Reagenzglas rot wird, wodurch du auf eine bestimmte Reaktion schließen kannst

Das ist dann eben die Anwendung des akademischen Wissens - aber zuvor hat man Dutzende Chemie-Lehrbücher gelesen, ein Studium absolviert.

Und so eine Wissenschaft ist eben immer begrenzt, was auch logisch ist - einen "Universalgelehrten", der Hansdampf in allen Gassen ist, gibt es nicht.

Es gibt da eine buddhistische Geschichte, vom Fürsten und vom Pfeil.

Dieser Fürst wurde auf der Jagd von einem vergifteten Pfeil getroffen und seine Höflinge wollten sofort den Arzt rufen. Der Fürst lehnte das ab.

"ich will erst wissen, aus welchem Holz der Pfeil ist, ob der Baum bei zunehmendem Mond gefällt wurde und zu welcher sozialen Kaste der Schütze gehört, welche Kleider er trug..."

Während seine Höflinge mit der Recherche begannen um all die wichtigen Fragen ihres Fürsten zu beantworten, erlag dieser seiner unbehandelten Vergiftung.

Man sieht also: Das Leben zieht an einem vorbei, während man sich mit Detailfragen aufhält.

John Lennon sagte es sinngemäß so: "Leben ist das, was passiert, während du damit beschäftigt bist, Pläne für irgendetwas anderes zu machen".

Man verbringt also unglaublich viel Zeit mit dem Studium eines Gebiets - und wird womöglich ein weltfremder "Nerd".

Es gibt sicher Menschen, die daraus eine Art persönliche Befriedigung ziehen, aber für mich pist das alles zu abstrakt und nicht konkret.

Natürlich muss es gewisse Experten geben - etwa Ärzte - aber für mich als Normalbürger gibt es keinen Grund, das Anatomielexikonl zu lesen.

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KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 21:20
@Enzylexikon

Und welchen Beruf hast du dann bzw würdest jemandem empfehlen, der ähnlich denkt wie du?

Man studiert ja nicht nur für das Wissen und den Erkenntnisgewinn, sondern meist auch oder sogar ausschließlich für den Beruf danach.

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KathaHohenfels 
Fragesteller
 23.03.2021, 21:27
@Enzylexikon

Ich hoffe ich stelle dir nicht zu viele Fragen, aber wir diskutieren hier gerade mein Grunddilemma des Lebens, wenn man es so nennen will.

Mir geht es seit einem Jahr immer wieder sehr schlecht, da ich nicht weiß, was ich nach dem Abitur machen soll. Einerseits würde ich gerne in die Altersforschung, aber das Risiko ist hoch, dass ich mein ganzes Leben dafür "aufopfere" und nichts erreiche.

Die andere Option wäre, ganz bodenständig zu leben und mir das viele Pauken nicht anzutun, sondern die mir gegebene Zeit für mich und meine Familie wertzuschätzen, dementsprechend einen ganz "normalen" Beruf zu ergreifen.

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Enzylexikon  23.03.2021, 21:29
@KathaHohenfels
Und welchen Beruf hast du dann bzw würdest jemandem empfehlen, der ähnlich denkt wie du?

Ich habe sowohl einen Bürojob, bin aber auch als Kampfkunstlehrer tätig.

Meiner Meinung nach ist kein Beruf unvereinbar mit meiner Geisteshaltung, weil es ben nur darum geht, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Arbeitest du in der Verwaltung musst du das Verwaltungsverfahrensgesetz kennen. Bist du Bäcker, wäre es nur eine intellektuelle Lektüre.

Und ob man die dann braucht, oder nicht vielleicht doch den Sonnenuntergang zum Feierabend zu genießen...muss jeder selbst wissen.

Ich persönlich spüre jedenfalls absolut keinen Anreiz, mich mit Naturwissenschaften zu befassen. Das "gibt" mir selbst nichts.

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Enzylexikon  23.03.2021, 21:39
@KathaHohenfels
Einerseits würde ich gerne in die Altersforschung, aber das Risiko ist hoch, dass ich mein ganzes Leben dafür "aufopfere" und nichts erreiche.

Es klingt vielleicht etwas hedonistisch, aber wenn du meinst, dass es dir Freude macht - dann mache es doch einfach.

Hier ist wieder der Punkt der Bewertung.

Wir berechnen den Wert eines Berufs nach seiner praktischen Nützlichkeit, ob man gute Chancen auf den Arbeitsmarkt hat, oder ob er guten Verdient bringt.

Ich habe viele Menschen kennen gelernt, die genau aus diesen Gründen "ihren" Beruf gelernt haben - und sich nach Feierabend regelrecht suchtartig in diverse Hobbies und Freizeitaktivitäten stürzen, weil sie ihren Beruf eigentlich hassen.

Der "Wert" einer Tätigkeit für einen selbst liegt für mich nicht allein in irgendwelchen materiellen Vorteilen, sondern darin, ob wir dabei eins mit uns sind.

Wenn ich mich täglich gewaltsam spalten müsste - in ein "Büro-Selbst" und ein "Freizeit-Selbst", dann würde ich mich nicht wohlfühlen.

Dadurch, dass ich "geübt" bin, jede Situation einfach als Momentaufnahme wahrzunehmen, verspüre ich solch eine Unzufriedenheit nicht.

Wenn ein Beruf dazu führen würde, dass ich mich von mir selbst entfremde, nicht mehr authentisch sein kann, dann würde ich ihn fallen lassen.

Nehmen wir an du studierst etwas und gehst dann in die Forschung. Dein Job erfüllt dich, du machst den bis du 65 Jahre alt bist und gehst in Rente - ohne den Nobelpreis erhalten zu haben.

War dein Leben, oder deine Arbeit jetzt "wertlos" ? Andere mögen das vielleicht so sehen: "Hättest du doch bloß was gescheites gelernt!".

Aber wenn es dein Leben bereichert und dir entspricht, hat dieser Beruf aus meiner Sicht viel mehr Wert, als ein Top-Jahresverdienst jemals bringen würde.

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Faust gehört zu den Dramen, die ich förmlich liebe. Besonders die literarische Entwicklung der historischen Person hat es mir angetan https://www.buecher-wiki.de/index.php/BuecherWiki/Faust

Und was die Suche nach neuem Wissen, neuen Erkenntnissen betrifft, hat mich Faust auch persönlich inspiriert.

Diese historische Persönlichkeit hat auch den Literaturunterricht geprägt.

In Klasse 7 haben wir den Osterspaziergang behandelt, in der Klasse 8 die „Historia von D. Johann Fausten in der Klasse 10 Faust 1 und in der Klasse 12 Faust 2

Und natürlich erforderte das von mir auch immer wieder intensive Beschäftigung mit dieser Problematik

KathaHohenfels 
Fragesteller
 24.03.2021, 20:20

Ich finde es "krass", dass ihr das schon so früh und umfangreich behandelt habt. Wir haben nur Faust 1 jetzt (in der 13. Klasse) gelesen und selbst da nur manche Szenen und sind leider nicht ansatzweise in die Tiefe gegangen (meiner Meinung nach). Sehr schade! Stattdessen haben wir nur weitaus weniger anspruchsvolle und weniger inspirierende Bücher gelesen wie beispielsweise "Der Trafikant".

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Arnstaedter2  24.03.2021, 20:32
@KathaHohenfels

Natürlich hatte das Schulsystem der DDR auch Mängel - aber das einheitliche Bildungssystem war wesentlich tiefgründiger als der der BRD.

In eine meiner 9. Klassen kam eine Schülerin aus der BRD - die umgezogen war. Ihr Zeugnis Ende der Klasse 8 - fast alles Note 1. Das Mädchen hatte große Probleme, mit dem Durchschnitt mitzuhalten; lediglich in Englisch war sie besser.

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