"Angst" auf meine Familie zu treffen?
Ich bin grösstenteils bei meiner Mutter aufgewachsen, oder zumindest bei ihren Eltern / meinen Grosseltern. Also bei mütterlicher Seite der Familie. Als ich ein Kind war, haben sich die Eltern meines Vaters / meine anderen Grosseltern ebenso gut um mich gekümmert. Diese sah ich aber höchstens jedes 2. Wochenende und ab und zu in den Sommerferien. Die väterliche Seite meiner Familie ist grösser und wir haben uns immer mehr auseinander gelebt. Mein Vater ist kein guter Mensch. Er betrügt und wurde auch bereits gewalttätig. Mich wollte er nie, meinen Halbbruder dafür schon. Früher hat mich das so sehr verletzt und deswegen habe ich mich abgekapselt. Ich melde mich bei keinem mehr.
Meine Grosseltern, seine Eltern, rufen mich immer mal wieder an und wir quatschen ein wenig. Sie reden immer wieder davon, dass ich sie besuchen soll aber davor habe ich Angst. Ich habe Angst, dass ich plötzlich vor versammelter Mannschaft stehe und jeder mich verurteilt. Ich hasse Konfrontation.
Ich kann und will ihnen nicht sagen, wieso ich mich so verhalte. Sie halten alle zu ihm. Ich habe nur wegen meinen Grosseltern ein schlechtes Gewissen. Vor allem meine Grossmutter macht in ihrem hohen Alter immer noch alles für jeden und keiner war ihr je dankbar dafür. Ihr kann ich sowieso nichts über ihren Sohn erzählen, sie blockt gleich ab.
Ich liebte meine Stiefmutter und meinen Halbbruder. Sie war auch lange psychisch krank, behauptet jetzt es ginge ihr gut. Ich bin einfach komplett überfordert mit allem.
Hättet ihr Tipps für mich, wie ich mich verhalten soll?
6 Antworten
Im Grunde lässt du deine Großeltern dafür "bluten", dass dein Vater - ihr Sohn - dich schäbig behandelt hat.
In dir liegt ein großer Groll, dass sie ihren Sohn - deinen Vater - nicht in die Schranken wiesen. Du bist verletzt, weil sie es "zugelassen" haben, dass er dich so behandelt hat.
Es war dein Vater, der scheizze zu dir war. NICHT die Großeltern. Was die Gründe für ihr Verhalten oder Wegducken war und ist, wissen wir nicht. Ich weiß auch nicht, ob du es weißt.
Es ist aber ein Phänomen vieler Eltern, dass sie sich so verhalten wie deine Großeltern. Kopf in den Sand, Weggucken, trotzdem zum eigenen Kind halten auch wenn es sich aufführt wie die Axt im Walde. Die Scham, dass man in der Erziehung versagt hat bzw das eigene Kind so schäbig benimmt. Meine Schwiegermutter war nicht anders bei einem ihrer Söhne...
Und wenn man sie darauf ansprach hieß es nur "Er ist doch mein Sohn"
In dieser Generation geht Familie über alles. Blut ist dicker als Wasser.
Seine Eltern wissen wie er ist. Sie wissen sicherlich auch, wie er sich dir gegenüber benommen hat. Trotzdem hatten sie den "Mut" sich immer wieder bei dir zu melden. Wissen wollen, wie es ihrem Enkelkind geht. Wie es dir geht. Dass sie das Band, das IHR (also du und deine Großeltern hattet) nicht durch den missratenen Sohn vollends zerrissen wird.
Kurz: DU bist ihnen wichtig. Wenn sie nicht wollen würden, hätten sie sich nicht mehr gemeldet. Wenn sie kein Interesse an dir hätten, hätten sie irgendwann aufgegeben und dich schon gar nicht immer wieder eingeladen.
Du kannst und wirst sie nicht ändern (können) Ob sie ihre Sicht auf die Ereignisse der Vergangenheit ändern? Das kann ich dir leider auch nicht sagen.
Mach mit ihnen ein Treffen aus. Nur die beiden - dein Großvater, deine Großmutter und du. Mach ihnen das auch im Vorfeld absolut deutlich und klar. Mach deinen Frieden mit deinen Großeltern die dir gegenüber immer wohlgesonnen waren.
In ihrer "Wegschau-Haltung" kann es natürlich sein, dass das Verhalten deines Vaters von ihrer Seite gar nicht zur sprache kommt. Du wirst sicherlich auch keine Antworten darauf bekommen, warum er so ist. oder warum sie sich so verhalten haben.
Mach deinen Frieden mit den Großeltern, die trotz allem oder vor allem genau deswegen zu dir standen. um das gut zu machen, was sie an ihrem Sohn und somit an dir verbockt haben. Ein kleines wenig Gutmachung dafür, dass dir das Leben mit so einem Vater nicht wohlgesonnen war.
Am Ende eines langen Lebens will man nur eines: Die Erde mit einem einigermaßen guten Gewissen verlassen und der Gewissheit, dass man sich so gut es ging gut benommen hat. Gerade die alte Generation.
Wünsch dir alles Liebe und die Kraft, den Schritt auf deine Großeltern zuzugehen und als das zu sehen was sie sind: Oma und Opa.
Ich glaub auch gar nicht, dass es die Angst vor der Konfrontation ist.
Sondern dass in dir dann wieder die Gefühle hochkommen, die Du als kleines Mädchen hattest. Dass du dich hilflos und alleingelassen fühlst. Das alte Wunden wieder aufgerissen werden. Angst davor, dass dich die (Gefühle der) Vergangenheit wieder einholt.
Aber manchmal muss das auch so sein. Damit man zumindest mit einer Sache im Leben abschließen kann. Und wenn es nur dazu dient, dass du deinen Großeltern was gutes tust und gleichzeitig deinen Frieden mit ihnen schließen kannst.
Möglich. Mit meinem Vater habe ich abgeschlossen, kann ohne ihn Leben. Das musste ich lernen. Ihn verstehen werde ich nie oder warum alle ihn "decken".
Aber ich denke ein Treffen mit ihnen wird mir gut tun.
oder warum alle ihn "decken".
Weil weggucken einfacher ist als die Konfrontation mit so einem Charakter wie dein Vater... Und weil man irgendwann aufgibt zu versuchen, einen Mensch zu ändern
Man duldet das Verhalten. Das bedeutet im Umkehrschluss aber eben nicht, dass man es für "gut" befindet oder zu dem steht, was er macht.
Wohl wahr, ja...
Er scheint für meinen Bruder ein guter Vater zu sein. Oder zumindest besser als er je für mich war.
Hallo!
Vertraue deinem Bauchgefühl!
Es ist auch sinnlos, ihnen erklären zu wollen, warum du bist, wie du bist. Sie können es nicht verstehen.
Ich hatte eine Tante in Berlin. Kontakt mit ihr tat mir nicht gut und ich hatte keinen Kontakt mehr zu ihr. Als ich mal zufällig in Berlin war, besuchte ich sie ohne dass sie es vorher wusste, eine halbe Stunde. So konnte sie sich nicht darauf vorbereiten und dieser kurze Besuch war konfliktfrei.
Wie dein Vaters mit dir umgeht, ist schlimm, aber trotzdem spielt sich Vieles in deinem Kopf ab. Gerade im Bezug auf seine Familie.
Es wird schwieriger, alle Kontakte einer weit verzweigten/großen Familie im Laufe der Zeit zu halten. Dass man sich weniger sieht, ist nicht unüblich. Die Kinder werden erwachsen, es kommen Partner dazu, neue Familien werden gegründet - der Kreis wird immer größer.
"Mich wollte er nie, meinen Halbbruder dafür schon. Früher hat mich das so sehr verletzt und deswegen habe ich mich abgekapselt. Ich melde mich bei keinem mehr."
Dafür können doch deine Großeltern nichts. Im Gegenteil.
"Meine Grosseltern, seine Eltern, rufen mich immer mal wieder an und wir quatschen ein wenig. Sie reden immer wieder davon, dass ich sie besuchen"
Würden deine Großeltern dich nicht lieben, würden sie nicht den Kontakt zu dir halten. Sie werden nicht jünger. Rufst du sie nie an?
Wie kommst du darauf, dass die gesamte Familie bei deinem Besuch dort sein würde? Rufe deine Großeltern an und sage ihnen, dass du sie gern besuchen möchtest. Da ihr euch aber schon so lange nicht mehr gesehen habt, möchtest du die Zeit nur mit ihnen verbringen. Sie werden das verstehen.
Wie alt warst du, als sich deine Eltern getrennt haben und wie alt bist du jetzt?
"Mein Vater ist kein guter Mensch. Er betrügt und wurde auch bereits gewalttätig. Mich wollte er nie"
Woher weißt du das?
Er geht nicht nur mit mir so um.
Dafür können doch deine Großeltern nichts. Im Gegenteil.
Richtig, habe ich auch nicht behauptet. Aber im Gegenteil ist da auch nicht wirklich. Sie haben nie was getan, dass mein Vater sich zusammen reisst. Sie haben immer nur zu geschaut.
Würden deine Großeltern dich nicht lieben, würden sie nicht den Kontakt zu dir halten. Sie werden nicht jünger. Rufst du sie nie an?
Ich habe auch nicht behauptet, dass sie mich nicht lieben. Ich melde mich bei ihnen, wenn auch wenig.
Wie kommst du darauf, dass die gesamte Familie bei deinem Besuch dort sein würde? Rufe deine Großeltern an und sage ihnen, dass du sie gern besuchen möchtest. Da ihr euch aber schon so lange nicht mehr gesehen habt, möchtest du die Zeit nur mit ihnen verbringen. Sie werden das verstehen.
Weil ich sie kenne und sie so hinterlistig sind. Sie haben sich schon ein paar Mal alle zusammen gegen mich "verschwört."
Das verstehen sie nicht. Sie haben nie jemanden verstanden, der sich ihrem Sohn nicht vor die Füsse legt.
Woher weißt du das?
Von meiner Mutter, meiner Ex-Stiefmutter und meine Stiefmutter. Seiner jetzigen Frau.
So, wie du mit den Tipps umgehst, um die du gebeten hast, bin ich mir sicher, du kommst dann klar.
Welche Tipps? Tipps in Mehrzahl sehe ich keine. Nur Nachfragen, welche du auch haben darfst. Ich kläre mit meinen Antworten nur weiter auf.
Das ist eine schwierige Situation und ich verstehe wie du dich fühlen musst. Gerade wenn du weißt, dass seine Seite der Familie zu ihm steht ist es schwer für dich nicht in eine unangenehme Situation zu kommen. Am besten sagst du folgendes mal zu deiner Oma:
"Weißt du Oma ich würde dich gerne besuchen... du Opa und ich nur wir drei. Wäre das für dich in Ordnung? Ich könnte uns einen leckeren Kuchen mitbringen."
Wenn sie davon redet deinen Vater auch einzuladen sagst du ihr "weißt du Oma... meinen Vater möchte ich zur Zeit wirklich nicht sehen... ich werde mich da alleine drum kümmern und möchte wirklich mal nur Zeit mit dir und Opa verbringen ohne, dass jemand dabei ist."
Wenn dein Vater Thema wird, kannst du es ja so erklären "Ach Oma als Junge hätte mich mein Papa in der Vergangenheit vielleicht anders behandelt aber ich bin nunmal ein Mädchen und wurde sehr von ihm verletzt. Für mich ist er kein guter Mensch. Ich frage mich wie überhaupt ein so schlechter Mensch aus so einer wundervollen Frau wie dir herauskommen konnte. Er ist das genaue Gegenteil von dir.. ich weiß das besser als du... du hast ihn geboren aber ich bin ein Teil von ihm, ich weiß was er wirklich ist."
Wenn sie es nicht glauben kann versuch einfach mit dem Thema umzudrehen "Oma probieren wir doch den Kuchen den ich mitgebracht habe" oder "lass uns doch was spielen"... irgendwie so.
Ich denke nicht, dass die ganze Mannschaft versammelt aufzukreuzen. Und wenn das doch so ist gehst du mit den Worten "Ich bin gekommen um mit meiner Oma Kuchen zu essen. Ich war nicht diejenige die vor X Jahren auf ein Kondom verzichtet hat."
Danke dir, werde es so mal ansprechen. Dein Rat hilft mir wirklich weiter.
Familientreffen sind echt anstrengend. besonders wenn man alle in versammelter Mannschaft antreffen soll. das mache ich auch nicht gerne.
an deiner Stelle würde ich versuchen die Personen nach und nach einzeln aufzutreffen und mit ihnen zu zweit oder dritt erstmal wenig Zeit zu verbringen. zum Beispiel für eine Stunde im Café. darauf kann man dann aufbauen und schauen wie es sich entwickelt.
auch kannst du deinen Bruder mitnehmen, wenn ihr euch gut versteht, so ist man dann nicht alleine voll im Fokus und es ist einfacher shch Abzugkapseln, wenn man die Schnauze voll hat.
Achte auf deine Gefühle und lass dich erstmal auf keine Diskussionen von früher ein. das bringt oft nur Streit und reißt alte Wunden auf. Erzähl von der Gegenwart und Zukunft. Erst wenn ihr ein gesundes Miteinander wieder gelernt habt, wird es Sinn machen die Vergangenheit aufzuarbeiten. in den meisten Familien wird das aber nicht möglich sein, weil manche immer einfach von ihren Emotionen überrumpelt werden.
Ich danke dir!
Mein Bruder (Halbbruder) wohnt bei meinem Vater und seiner Mutter. Meiner Stiefmutter. Er wäre für mich keine grosse Hilfe, mir diese Angst zu nehmen. Ich werde auf jeden Fall aber meinen Partner mitnehmen.
mach dir nichts raus. die meisten Familien sind verstritten bzw. anstrengend. Das ist ganz normal. Wichtig ist nur, wie man selber damit umgeht
Im Grunde lässt du deine Großeltern dafür "bluten", dass dein Vater - ihr Sohn - dich schäbig behandelt hat.
Das ist wohl so.
Ich danke dir! Mir ist klar, dass ich nie eine Antwort auf das "Warum" bekomme. Damit habe ich abgeschlossen.
Ich werde sie heute anrufen. Danke nochmals und ich wünsche dir ebenfalls alles Gute!