Welche einzigartige positive Eigenschaft oder Fähigkeit würdest du in der Welt verstärken (sei es Mut, Empathie, Kreativität oder ...)?

8 Antworten

Selbstreflexion.

Wenn mehr Menschen dazu in der Lage wären, sich selbst und ihr Verhalten ehrlich zu reflektieren, könnte man so viele Konflikte und Missverständnisse erkennen und lösen.

Denkfähigkeit. Logik löst alle Probleme.


bablbrabl123  05.05.2025, 12:31

Ich würde es eher in "geistige Reife" übersetzen. Aber es setzt voraus den Sprung vom kindlichen Ich / Ego hin zu geistigen Reife zu schaffen - das schaffen sehr viele Menschen ihr Leben lang nicht.

Und Vergebung ist ein Nebenprodukt der geistigen Reife, weil geistige Reife Unreife erkennen kann. Unreife kann sich aber selbst nicht erkennen. Der geistig Reife kann also mit Verständnis und Mitgefühl auf Unreife reagieren, weil er weiß dass der andere aus sich selbst nicht erkennen kann.

bablbrabl123  05.05.2025, 12:41
@DickerOrk

Sondern mit was hat es dann zu tun?

Ich verstehe deinen Einwand, aber ich glaube, da lohnt sich ein genauerer Blick.

Vergebung ohne Reife ist oft nur ein Lippenbekenntnis oder ein Verdrängen.

Wahre Vergebung dagegen setzt voraus, dass ich das Verhalten des anderen nicht mehr als persönlichen Angriff sehe, sondern als Ausdruck seiner eigenen Unreife oder seines Schmerzes.

Beispiel: Ein Kind tritt im Wutanfall seinen Vater.

Der reife Vater bestraft nicht aus Wut, sondern versteht: Das Kind hat keinen anderen Weg gefunden, mit seiner Überforderung umzugehen.

Sein Verständnis (= Reife) ermöglicht ihm, nicht beleidigt zu sein, sondern ruhig zu bleiben.

Das ist echte Vergebung aus Reife, weil ich sehe und verstehe, dass ein unreifer erwachsener Mensch seine eigene Unreife nicht erkennen kann, sondern immer aus Schutzreflex (Angst, Zweifel, usw... eben kindlichem Verhalten) handelt. Ohne diese Erkenntnis, dass Handlungen nur aus Reife oder Unreife geschehen, bleibt eine Vergebung nur ein Lippenbekenntnis, entscheidend ist die innere Haltung die auch einen selbst heilt. Vergebung ist in erster Linie für einen Selbst, nicht für den anderen.

Dasselbe Prinzip gilt unter Erwachsenen – nur dass unreife Erwachsene oft wie verletzte Kinder handeln, ohne es zu merken.

Ohne Reife klammere ich mich an meinen Schmerz oder fordere Strafe. Mit Reife sehe ich: "Er wusste es nicht besser."

Deshalb:

Vergebung braucht Reife.

Unreife kann meist nur fordern, bestrafen oder schweigen.

DickerOrk  05.05.2025, 12:52
@bablbrabl123

Vergebung braucht Reife, aber nur weil man reif ist, vergibt man nicht. Ich werde nie einem Vergewaltiger vergeben z.B.

Moral spielt eine wesentlich größere Rolle dabei

bablbrabl123  05.05.2025, 13:07
@DickerOrk

Du sprichst einen der schwierigsten Punkte an. Und ich verstehe absolut, warum du das so empfindest. Es wirkt fast unmenschlich, einem Täter wie einem Vergewaltiger vergeben zu wollen.

Aber hier zeigt sich genau, was ich meine:

Wenn man Vergebung mit „billigem Freisprechen“ verwechselt, ist sie unmöglich.

Wahre Vergebung bedeutet nicht, dass die Tat gutgeheißen oder entschuldigt wird. Sie bedeutet auch nicht, dass der Täter nicht bestraft werden soll. Das gehört zur Gerechtigkeit, nicht zur Vergebung.

Vergebung bedeutet:

Ich entscheide mich, den inneren Schmerz nicht weiter zu meinem ständigen Begleiter zu machen. Ich erkenne: Das Verhalten des anderen ist Ausdruck seiner Unreife, seiner Dunkelheit, seines Getrenntseins vom Menschsein oder von Gott. Ich lasse zu, dass meine Heilung nicht davon abhängt, ob der Täter Reue zeigt oder bestraft wird.

Denn wenn ich es nicht tue, dann bindet mich die Tat emotional und geistig lebenslang an den Täter. Ich bleibe Gefangener der Vergangenheit. Der Täter herrscht dann über mein Inneres, obwohl er vielleicht längst fort ist.

Beispiel:

Corrie ten Boom, eine Holländerin, überlebte das Konzentrationslager Ravensbrück. Nach dem Krieg kam sie einem der KZ-Wächter gegenüber, der sich entschuldigte. Sie schrieb später:

"Ich wollte ihm nicht vergeben. Aber ich wusste: Wenn ich es nicht tue, werde ich nie frei. Vergebung war meine einzige Tür zur Heilung."

Das hat nichts mit Moral zu tun, wie du sagst.

Moral ist ein Regelsystem – es sagt, was richtig oder falsch ist.

Reife und Vergebung aber sind Bewusstseinsentscheidungen, weil sie verstehen:

  • Täter handeln aus Unreife, Angst, Verblendung oder psychischer Krankheit.
  • Das heißt nicht, dass sie entschuldigt werden sollen. Aber ich kann erkennen: Ihr Handeln spiegelt ihre Verirrung, nicht meinen Wert.

Deshalb sage ich:

Vergebung ist kein moralisches Urteil.

Sie ist ein Akt der Selbstbefreiung.

Und: Ohne Reife ist diese Befreiung unmöglich.

Man muss nicht wollen, dass man vergibt. Man versteht es irgendwann. Und dann wird es zu einem Akt innerer Reife und Heilung – nicht für den Täter, sondern für einen selbst

Das ist genau der Grund warum Jesus am Kreuz sagte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Das war nicht Moral. Das war die höchste Form geistiger Reife, weil Unreife eben sich selbst nicht erkennen kann, das hat Jesus vor 2000 Jahren schon verstanden.

DickerOrk  05.05.2025, 13:10
@bablbrabl123

Sorry, du kannst gerne so denken und handeln, aber für mich gibt es Dinge die unverzeihlich sind. Das hat nichts mit Reife zu tun, sondern mit meinem Empfinden für Gerechtigkeit.

Das Loslassen des eigenen Egos. Denn es ist die Ursache ALLER Probleme.

Wenn jeder Mensch nach dem Motto "Tue alles was du tust aus der Liebe, nicht aus dem Ego" lebt, sähe die Welt komplett anders aus.

Vergebung ist sogar ein automatisches Nebenprodukt geistiger Reife, weil geistige Reife die Unreife erkennen kann. Die Unreife aber nicht sich selbst - somit kann Unreife mit Mitgefühl und Verständnis begegnet werden, weil man weiß dass der andere aus sich selbst nicht besser kann. = Vergebung.


DickerOrk  05.05.2025, 13:11

Menschen töten aus Liebe, stalken aus Liebe usw., Liebe ist kein Allheilmittel.

bablbrabl123  05.05.2025, 13:53
@DickerOrk

Danke für die Beispiele, denn da liegt eines der größten Missverständnisse überhaupt und der Grund für so viel Leid in zwischenmenschlichen Beziehungen:

Wenn Menschen „aus Liebe“ töten, stalken oder andere kontrollieren, dann ist das nicht Liebe, sondern Bedürftigkeit, Angst, Eifersucht, Gier oder Kontrollzwang — also Handlungen aus dem Ego.

Sie nennen es nur Liebe, weil sie ihre eigenen Schutzreflexe (Angst vor Alleinsein, Verlustangst, Minderwert) nicht erkennen.

Das Ego verkleidet seine Ängste oft als Liebe.

Wahre Liebe bedeutet:

  • Annahme ohne Besitzanspruch
  • Wohlwollendes Sehen des anderen in seiner Freiheit
  • Nicht aus Mangel oder Angst handeln
  • Verantwortung für die eigenen Gefühle übernehmen
  • Grenzen setzen ohne Hass oder Rache
  • Handeln aus Freiheit, nicht aus Bedürftigkeit

Liebe ist nicht das Gegenteil von Hass.

Liebe ist das Gegenteil von Angst und Ego.

Wenn Menschen "nicht ohne einander können, weil sie sich so lieben" - ist oft nur ein Zeichen von emotionaler Abhängigkeit und hat mit echter Liebe nur wenig zu tun, sondern ist das meist Abhängigkeit aus innerer Angst.

Wenn wirklich jeder Mensch alle seine Handlungen aus echter Liebe (im Sinn von Annahme, Reife und Freiheit) führen würde:

→ Es gäbe keine Gewalt,

keine Manipulation,

kein Missbrauch,

keine Ausgrenzung.

Denn alles, was wir als „Böses“ oder „schädlich“ erleben, hat seinen Ursprung nicht in Liebe, sondern im Ego: Angst, Gier, Kontrolle, Unsicherheit.

Deshalb IST Liebe das Allheilmittel.

Aber nicht die romantisierte Disney-Liebe, sondern das, was übrig bleibt, wenn das Ego weggelassen wird:

Reine Liebe = reines Bewusstsein = reife Verantwortung.