Was ist Neoliberalismus?

8 Antworten

Man muss differenzieren.

Neoliberale im ursprünglichen Sinne waren Menschen, die Laissez-faire-Liberalismus des 19. Jahrhunderts ablehnten. Also zu viel Marktanarchie, Monopole und soziale Spaltung kritisierten. Das waren im Wesentlichen auch Ordoliberale wie Walter Eucken oder Wilhelm Röpke. Kurz: Die Wirtschaft braucht staatliche Leitplanken.

Vor etwa 50 Jahren hat sich "Neoliberaler" als abwertender Begriff etabliert und adressiert Menschen, die Deregulierung und neoklassische Wirtschaftsmodelle bevorzugen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Theoretische und praktische Erfahrungen in diesem Feld.

Moin,

Der Begriff des >Liberalismus< ist in seiner Anwendungsrealität insofern immer strittig gewesen, als dass er als politisches Stilmittel bürgerlicher Eliten die Idee der Freiheit / der Menschenrechte als Naturrecht niemals als auszusteuerndes Allgemeingut, also durch eingrenzendes, konditionierendes Recht herzustellenden Zustand gedacht und verfolgt hat und dadurch den Freiheitsbegriff benutzt hat um gegebenen Ungleichheiten einen quasi naturrechtlichen Zustand zu verleihen.

Insofern ist die Ursprungsidee des >Liberalismus< eher als Emanzipationsvehikel des elitären Bürgertums gegenüber feudal-aristokratisch-klerikalen Herrschaftssystemen zu sehen, ohne dessen Ungleichheitsprinzipien zu verändern. Es wurde nur die Erzählung ausgetauscht.

Die französische Revolution war nur als Folklore die Befreiung der Massen aus der Unterdrückung. Schon relativ früh entwickelte sich, z. B. bei der Festlegung der Wahlrechtskriterien zur Nationalversammlung ein Übergewicht politischer Macht zu Gunsten des Besitzbürgertums heraus.

Egal - wie auch immer: das Hauptargument gegen die "gottgewollte" feudal-absolutistischen Herrschaftsansprüche war die reale ökonomisch staatstragende Potenz des >Dritten Standes< (Bürgertum).

Und genau hieraus ergibt sich heute die Verengung des Begriffs >Liberalismus< auf die ökonomische Perspektive des Freiheitsbegriffes und den Missbrauch des Begriffes durch dijenigen, die eine Klärung, wie sie durch gesellschaftlich komplexe Zuarbeit zu ihrem ökonomischen Status gekommen sind als "sozialistische" Freiheitsbeschränkung diskreditieren.

Der Rest ist sehr einfach erzählt: auch unter bürgerlichen Herrschaftssystemen ist der Feudalismus nie ganz verschwunden. Radikale gibt es für jede Idee und so auch hier.

Es wird behauptet: Wenn die Freiheit des Einzelnen dazu führt, dass Einzelne sehr viel Vermögen erwirtschaften dann bleibt auch mehr und genügend für die breite Masse übrig. man könnte auch mit den Worten meiner Oma sagen: mach die Kuh fett, wenn sie dann mehr sch....ßt hast du Dünger um dir einen Garten anzulegen.

das ist eigentlich der Kern der ideologie neoliberaler Radikalökonomen wie Friedman.

Bevor wir über den Neoliberalismus sprechen, müssen wir erst über den Liberalismus sprechen. Aus meiner Sicht sieht das so aus:

Traditionell war der Liberalismus vor allem an Menschenrechten und sozialem Liberalismus orientiert. So beispielsweise dem Schutz des Individuums vor marktwirtschaftlicher Monopolisierung und dem Schutz von individuellen Menschenrechten vor Staat und Wirtschaft. Ebenso wie die Verteidigung der Gewaltenteilung und andere Themen wie Datenschutz und Bürgerrechte. Der klassische Liberalismus war kapitalismuskritisch und sozial geprägt. Er betonte zwar die Freiheit des Einzelnen vor dem staatlichen Monopol, stellte jedoch gleichzeitig eine soziale Frage, da der Liberalismus im klassischen Sinne in erster Linie an der Gesamtgesellschaft orientiert ist und nicht zwangsläufig an der wohlhabenden Elite.

Davon ist aber spätestens seit Ronald Reagan und Margaret Thatcher nicht mehr viel übrig.

Durch den Aufschwung des Neoliberalismus in England und später in anderen westlichen Ländern verschob sich der Liberalismus vom Sozialliberalismus zum Wirtschaftsliberalismus. Und ab da ging es zunehmend um die Autonomie der Unternehmen, die Vorherrschaft des Kapitals und die Verstrickung der Lobby mit politischen Machtpolitikern. Politiker wie Thatcher und Reagan ließen die politische Landschaft zunehmend privatisieren und fokussierten sich vornehmlich auf die Steuersenkung der Konzerne und den Abbau des Sozialstaates. 

Gerechtfertigt wurde und wird dieses Vorgehen bis heute durch die TINA-Argumentation (There Is No Alternative), die vermeintliche Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität (die seit jeher vermeintlich durch den Sozialstaat zersetzt und zerstört wird) und zuletzt der amerikanischen Doktrin des Tellerwäschers, der durch genug harte Arbeit zum Millionär werden kann.

Der Neoliberalismus wälzt erschaffene systematische Ungleichheiten auf das Individuum ab und stellt die individuelle Verantwortung für finanzielle Sicherheit und Erfolg in den absoluten Vordergrund, um die systematische Ausbeutung der Bevölkerung damit zu rechtfertigen, dass es für den Erfolg lediglich das richtige „Mindset“ braucht und jeder Mensch es zum Millionär schaffen könne, wenn er nur hart genug arbeitet.

Damit schafft die herrschende Politik zum einen den Schutz der Superreichen Privateigentümer und zum anderen die systematische Manipulation der Gesellschaft, in dem permanente Konkurrenz und Materialismus in die Köpfe eingetrichtert wird. Und diese Konkurrenz innerhalb der arbeitenden Bevölkerung verdrängt Solidarität und Klassenbewusstsein, wodurch die Masse wirtschaftlich und sozial kontrollierbarer wird und zum „nach unten schauen“ bewegt wird statt zum „nach oben schauen“.

Woher ich das weiß:Hobby – Antifaschismus, Nihilismus, Sarkasmus, Apfelmus

Der Neoliberalismus ist eine neue Art vom Liberalismus. Wurde in den 70er Jahren vor allem durch Ronald Reagan und Margeret Thatcher bekannt. Es steht für Steuersenkungen, Abbau von Sozialleistungen und Privatisierung staatlicher Unternehmen.

Das ist ein Schimpfwort gegen unvollständigen Liberalismus. Für mich bedeutet Liberalismus Eintreten für die Freiheit nicht nur der Unternehmen, sondern auch des einzelnen Menschen, vor allem wenn er einer Minderheit angehört: Migranten, sexuelle Minderheiten, Raucher, Individualisten aller Art. Die Freiheit des Einzelnen wird vom Neoliberalismus nicht verteidigt, deswegen ist er nicht liberal. Die Vorsilbe Neo ist irreführend und Blödsinn, das hat mit alt und neu nichts zu tun, die Rechte und Interessen andersartiger Menschen sind nicht veraltet. Um zu untersuchen ob die FDP liberal oder neoliberal ist müsste man mal checken inwiewiet sie dafür eintritt, dass in NRW, wo sie noch im Landtag sitzt, Raucherkneipen wieder erlaubt werden.