Was haltet ihr von der Aussage, dass Hitler insofern ein Linker war, da er ja Sozialist war?
Bzw. in einer sozialistischen Partei war.
14 Antworten
Das Ding ist, dass die klare Abgrenzung zwischen Links und Rechts nur in unseren Köpfen besteht. "Nationalsozialismus" ist eine Wahllüge. In den 20er Jahern gab es sehr viele Arbeiter. Die Arbeiterschicht war da eine tragende Kraft, weswegen auch gerade in der Anfangszeit der Weimarer Republik, die SPD sehr stark war. Und die Nazis haben den "-sozialimus" genommen A) um den Arbeitern zu suggerieren, dass die Nazis auch was für die Arbeiterschicht wären. Und zweitens beinhaltete der NS ja auch den "Alle sind gleich"-Gedanken. Aber halt in einer vollkommen anderen Art und Weise, wie es bspw. der Kommunismus/Sozialismus forderte. Der Kommunismus stand für den Klassenkampf und die Auflösung dieser Klassen, sprich: Bauer, Arbeiter, Bürger, Adeliger sind alles Dinge, die es dann nicht mehr geben sollte ... nur noch Weltbürger. Lenin sprach von der Weltrevolution. Für den Kommunismus waren auch Nationen überholte Konstrukte, die es abzuschaffen galt.
Der Nationalsozialismus hat eben nicht gesagt alle sind gleich. Sondern nur ein "Wir" - also eine ausgewählte Elitegruppe (in der NS-Ideologie die sog. "Arische Herrenrasse") - sind alle gleich, die "Volksgemeinschaft", da sind alle gleich und jeder muss sich der Gemeinschaft unterordnen. Ein Nationaler Sozialismus. Ein Sozialismus innerhalb einer Nation, einer "Rasse" - der NS dachte nämlich nicht in Klassen wie der Kommunismus, sondern in Rassen. Und nach außen zu anderen Nationen und anderen "Rassen" war der NS eben keineswegs auf Gleichheit aus, Stichwort. Sog. "Bolschewistischer Untermensch".
Und das ist der Unterschied, den man eben immer machen muss und wesegen der Satz "Hitler war Kommunist" absoluter Quatsch ist. Aber weder Kommunismus, noch der demokraische Liberalismus noch der Nationalsozialismus waren in den 1920ern Bewegungen, die im Luftleeren Raum existiert haben und von der jeweils anderen Bewegung nichts gewusst habe. Die haben in den 20ern genauso ihren Wahlkapf gemacht, von einander abgeschrieben, Positionen der Gegenseite kopiert, instrumentalisiert, usw. m Grunde ja en Stückweit so, wie es Parteien bis heute tun.
Historisch ist die Behauptung nicht zu halten.
Ja, das Wahlprogramm der Nationalsozialisten hat wirtschaftspolitisch, wie der Parteiname es schon naheliegt, viele sozialistische Ideen aufgegriffen. Leztendlich ist umstritten ob das jemals wirklich ernst gemeint war, oder einfach nur zum Stimmenfang eingesetzt wurde - denn umgestezt wurden die sozialistischen Forderungen nie.
Ich finde die ganze Diskusison aber irgendwo völlig sinnlos weil: Wenn wir schon mal bei Hitler sind, können wir ja mal in die sozialistische Sowjetunion unter Stalin blicken und stellen fest, völlig egal ob linksextrem oder rechtsextrem, Stalin oder Hitler, beiden haben sich in ihrer Grausamkeit, ihrer Menschenverachtung, ihrer Aggressivität einfach mal so überhaupt nichts geschenkt. Beide haben Millionen von Menschen getötet. Daher ist es doch am Ende irgendwo völlig egal ob linke oder rechte Diktatur, ob Hitler oder Stalin, die Geschichte zeigt doch, am Ende unterscheiden sich beide kaum. Für die Menschen die ermordet werden ist es völlig egal ob sie nun von einer links- oder rechts-extremistischen Diktatur ermordet werden...
Es gilt jede Diktatur, jedne Extremismus zu verhindern, ob links oder rechts ist am Ende völlig wurst, denn es ist der genau der gleiche menschenverachtende Mist.
Sozialistisch war da nur der Name. Ansonsten stand Hitler gegen alles wofür Sozialismus steht.
Nur weil Weidel diese Lüge in die Welt posaunt hat muss hier nicht ständig versucht werden, die Realität zu verändern.
Das war für Aufmerksamkeit würde mich wundern wenn weidel selbst daran glaubt
Polit-Ideologisch war die NSDAP zweifelsfrei eine rechtsextreme, nationalistische, antisemitische und faschistische Partei, die eine autoritäre Diktatur aufgebaut hat.
Aus rein ökonomischer Perspektive waren sie jedoch näher am Sozialismus als am freien Markt (Kapitalismus) - also umgangssprachlich eher "links" als libertär.
Sie etablierten eine Kriegs- und Planwirtschaft, die zentral aus Berlin und den Gauen organisiert war und die Freiheit der Unternehmen im größeren Umfang einschränkte. Göring hat sogar einen 4-Jahresplan für die Wirtschaft aufgestellt, was z.B. auch üblich in der Sowjetunion war. Es wurden Produktmonopole errichtet, Lebensmittelmarken wurden ausgegeben usw. Nichtsdestotrotz gewährten die Nazis weiterhin Privateigentum an Produktionsmitteln - nicht jedoch die komplett freie Verfügung darüber.
Diese Diskussion ist in meinen Augen überflüssiger Quatsch, die eine politische Partei mehr als nur eindimensional eingeordnet werden kann. Es gibt mehr als links vs. rechts auf einer Achse.
Ich würde beim wirtschaftlichen noch hinzufügen, dass es durchaus kapitalistische Elemente gab. So zum Beispiel die Stärkung der Arbeitnehmerrechte und den Gewinn, den große Rüstungskonzerne machten. Zudem haben sie kein Privateigentum enteignet, was im Sozialismus üblich wäre. Den Aussagen bezüglich Planwirtschaft würde ich jedoch zustimmen.
Mit dem Privateigentum habe ich ja bereits genannt, entscheidend sind aber die eingeschränkten Verfügungsrechte über Produktionskapazitäten. Das Angebot wurde nicht auf Basis von Marktsignalen ausgestaltet, sondern in vielen Sektoren zentral vorgegeben.
Das mit den Gewinnen ist auch so eine Sache, die deutlich komplexer ist. Es gab einige wenige Profiteure, (vor allem Rüstungsindustrie), aber viele "Gewinne" waren oft staatlich veranlasste Scheinbeträge. Ein wesentlicher Faktor war das durch die Nationalsozialisten völlig verzerrte Geldsystem, das sog. MEFO-Wechselsystem. Die Führung hat faktisch nichts anderes gemacht, als eine versteckte Staatsfinanzierung über einen Schattenhaushalt mit Scheinfirmen zu betreiben: Die MEFO-Wechsel waren daher nur ungedeckte Schuldscheine, die als Zahlungsmittel auferzwungen wurden, aber nicht durch reale Werte gedeckt waren. Die Aufrüstung wurde so über eine Mischung aus verdeckter Inflation und zukünftiger Schuldenaufnahme finanziert. Selbst wenn der Krieg gewonnen worden wäre, wäre das den Nazis spätestens Ende der 40er Jahre um die Ohren geflogen...
In einer reinen Marktwirtschaft hätten sich viele dieser Unternehmen ohne die staatlichen Eingriffe und verzerrten Anreizstrukturen gar nicht gehalten.
Die MEFO - Wechsel sind eine spannende Sache. Ich habe erstmals davon erfahren, als ich mich mit Hjalmar Schacht, der sie ja einführte, auseinandergesetzt habe. Schlussendlich würde ich sagen, dass das Wirtschaftssystem zur NS - Zeit komplex war und sowohl sozialistische, als auch kapitalistische, Elemente beinhaltete.
Ich würde dir in allem Recht geben, nur mit dem Begriff Faschismus wäre ich vorsichtig - gerade in der damaligen Zeit. Ich weiß, dass das Wort heute sehr frei umdefiniert wird als eine zerstörerische Ideologie etc. Aber zu Hitlers Zeit bedeutete Faschismus Italien und Mussolini. Und der italienische Faschismus stand dem Kommunismus inhaltlich deutlich näher als dem Nationalsozialismus. Mussolini wurde ja auch sozialistisch geprägt. Dem ursprünglichen Faschismus fehlten gerade die nationalistischen und antisemitischen Elemente. Er hatte den internationalen Anspruch des Sozialismus, richtete sich gezielt an die Arbeiterklasse und sah sich selbst als "modernster aller Staaten". Hitler übernahm daraus ein paar Ideen: den Führerkult und die militärische Gesellschaftsordnung mit konsequenter, gewaltsamer Strafverfolgung. Aber solche Elemente gab es zum Teil bei Stalin auch - letzten Endes sind alle totalitären Regimes Kopien von ein und derselben Idee.
Weidel als knallharte Libertäre glaubt tatsächlich daran. Sie war früher Mitglied der Hayek-Gesellschaft und deren Vordenker Hayek hat dieses wirre Meme überhaupt erst in die Landschaft gesetzt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Weg_zur_Knechtschaft