Ist Jette Nietzards Kritik an Gregor Gysi gerechtfertigt?
Jette Nietzard hat kürzlich ein TikTok gepostet und Gregor Gysis Selbstbild als "Anwalt der Oppositionellen" in Frage gestellt: https://www.tiktok.com/@jetteniz/video/7501370456864312598
Sie nimmt Bezug auf Bahro-Prozess, der mit der Ausbürgerung Biermanns einer der bedeutsamsten Schläge des SED-Regimes gegen regime-kritische Intelektuelle war.
Nietzard geht auf die in diesem Zusammenhang aufgetauchten Tonband-Aufnahmen ein, aus denen klar hervorgeht, dass Gysi sich - als Bahros Verteidiger - im Prozess scharf von ihm distanziert hat, Anklagepunkte gänzlich anerkannt hat und das DDR-Rechtssystem gelobt hat. Er hat in einem inszenierten Prozess eine Rolle gespielt, die genau in das Narrativ der DDR-Regierung gepasst hat.
Gysi taucht auch positiv in Stasi-Akten auf, weshalb ihm vorgeworfen wird, IM der Stasi gewesen zu sein. Das erwähnt Nietzard auch in ihrem TikTok. Gregor Gysi selbst bestreitet das bis heute, hilft allerdings selbst wenig dabei seine SED-Vergangenheit öffentlich aufzuarbeiten und Fragen zu ihr zu klären.
3 Antworten
... die Dame stellt so viele Dinge in provozierender Art und Weise in Frage ;
zuweilen schwer erträglich. Gregor Gysi ist nun wirklich unverdächtig , ein "schlechter Mensch" zu sein ; Stasi Hin- oder Her. Da gibt es ganz andere,
deren Vergangenheit man deutlicher hinterfragen könnte.
Danke für deine Antwort :)
Hätte Gysi in seiner Vergangenheit als DDR-Anwalt tatsächlich Mandanten als IM an die Stasi verraten, würde das ihn menschlich schon in Frage stellen meiner Meinung nach.
Nichtsdestotrotz stimme ich zu, dass der Ton des Videos unnötig zynisch ist und dort ein paar Sachen durcheinander geworfen werden. Die Frau muss ein bisschen an ihrer Social Media-Präsenz arbeiten und an ihrem Framing bei solchen Themen.
Ja, kann ich mir gut vorstellen.
Die "DDR" war ein totalitärer Staat und seine Anwälte, ob Staatsanwalt oder Rechtsanwalt, hatten systemkonform zu sein. Die radioelektronische Überwachung wurde geheim u. illegal praktiziert von der Stasi und ihren Helfershelfern unter anderem, um das Aktenmaterial justiziabel zu gestalten. Aber die Stasi-Leute durften aufgrund ihrer Geheimhaltungsdoktrinen, die sie übrigens mit allen Geheimdiensten der Welt teilen, ihre technischen Quellen und die damit horchenden Personen nicht in den personenbezogenen Unterlagen benennen, so dass sie gezwungen waren, das Material zu verfälschen, so dass hier z.B. Gysi in Verdacht gerät, Mandantenverrat begangen zu haben. Die Stasi-Akten waren ohnehin nicht zu historiographischen Zwecken angelegt worden, sondern hatten eine rein operative Aufgabenstellung, die nicht etwa der Wahrheitsfindung diente. Wer heute Akteneinsicht nimmt, wird enttäuscht sein darüber, wie wenig das Aktenmaterial mit dem zu tun hat, was man selbst erlebt hat damals ...
Gysi hat öfter behauptet, nicht mit der Stasi kooperiert zu haben, und versucht sich dadurch zu entlasten, indem er freimütig einräumt, gleich mit den zuständigen Genossen im SED-Politbüro geredet zu haben, also mit den Leuten, die das Kommando über den Stasi-Apparat innehatten und höchst selbst ihre vermeintlichen und wirklichen Feinde abhörten. Dass gegen ihn berechtigte Verdachtsmomente vorliegen, scheint ihn allerdings nicht sonderlich zu stören, denn sonst hätte er sich längst gerechtfertigt oder zumindest Erklärungsversuche gemacht. Deshalb muss sich auch der Verdacht erhärten, dass Gysi von der illegalen und geheimen Abhörpraxis weiss und auch ein Interesse haben muß, dass diese Praxis ungestört fortgesetzt werden kann.