Braucht das Kind (11) nur Disziplin oder etwas anderes?
Ich war heut Zeugin bei den Hausaufgaben von meinem Neffen. Was Schule angeht ist er unglaublich faul. Mit 1000en von Ausreden. Dabei haben sie maximal 1 Hausi pro Tag auf. Sogar sehr kurze. Er geht auf eine normale Schule, 5. Klasse. Ist im mittleren Bereich 2-3er. Mit wenig lernen kommt er meistens auf ne 2. Es scheitert lediglich am Willen und der Konzentration.
Flächenberechnung: axb= usw.
Vorgegeben waren z. B. a=12cm b=4cm aber auch a=160mm b=30cm
Er hatte nach der Schule eine Ruhezeit von einigen Stunden.
Bereits bei der 3. Aufgabe (von insg. 10) war er so genervt und lustlos. Wurde pampig, "ich weiß es nicht" war seine Standardaussage beim Ergebnis. Er ignorierte jede Erklärung und Frage. Bis er den Stift dann wegschmiss und bockig dasaß.
Erst als die Nachhilfe mit der Stimme autoritärer wurde, riss er sich kurzfristig am Riemen. Das war ein Kampf sag ich euch. Gefühlt 1 Stunde. Tatsächlich war es ein Spektakel von 15 Min.
Ich merke schon, dass es etwas mit Reizüberflutung zu tun hatte. Aber auch unglaublich viel mit bockig und faul sein. Die Nachhilfe war so geduldig und nett beim erklären. Aber erst der "es reicht jetzt"-Tonfall, schien ihn wachzurütteln. :-/
Wie würdet ihr die Situation einstufen? Wie geht ihr mit solchem Verhalten um? Denn wenn es nach ihm ginge, würde er jeder Anstrengung aus dem Weg gehen und Zocken. (Ich würd ihm ja das zocken generell entfernen wollen, aber das ist nicht meine Verantwortung)
8 Antworten
Er hatte nach der Schule eine Ruhezeit von einigen Stunden.
Und genau da liegt der Fehler. Wenn die Aufgabe nur 15 Minuten dauerte hätte er sie gleich im Anschluss machen können. Nun hat er einige Stunden Ruhe. Also Zeit um etwas anderes zu beginnen. Nun weiß er, da lauern irgendwo noch die Hausaufgaben. Die Zeit geht ins Land und die Hausaufgaben rücken immer näher. Dabei ist doch das was er grade jetzt macht so spannend.
Wenn ihm klar wäre, dass er dieses ganze Theater nicht hat, wenn er die Aufgaben gleich macht, dann hätte er einen kompletten Nachmittag zum Zocken, Musik hören oder einfach nur rum gammeln. Er könnte von da aus gleich in den Abend gehen und den Tag entspannt ausklingen lassen.
Aber so sind da noch Stunden nach der Schule dazwischen und da hakt es dann halt. Ich weiß nicht wie es bei dir ist. Du gehst sicherlich auch schon arbeiten. Bei mir ist es so, wenn ich nach Hause komme habe ich schon 8-10 Stunden auf dem Buckel. Wenn ich mich jetzt hinsetzen würde, passiert danach nicht mehr viel. Ich schäle mich Abends dann aus dem Sessel um mir was zum Essen zu machen. Und die Hausarbeit bleibt liegen. Weil ich kaputt bin und die Müdigkeit eingesetzt hat. Mache ich aber gleich nach der Arbeit meinen Krams, dann ist es nicht hinten raus entspannter. Ich habe den Batzen Arbeit nicht mehr sichtbar vor mir und kann entspannt bleiben.
Versucht es doch mal so zu legen, dass er die Hausaufgaben gleich macht.
ich sehe daran, dass auch im 21. jahrhundert immer noch abstrakter frontalunterricht gemacht wird.
was dumm ist.
entweder hat der bub das durchschaut oder er kann einfach kein mathe und findet es deshalb scheisse.
mit 11 jahren kann es sich ausserdem auch schon um vorpubertäres verhalten handeln.
mein tipp für in zukunft:
der nachhilfelehrer wird dafür bezahlt. offenbar kommt er mit dem jungen auch zurecht - also halt dich raus, verlasse das zimmer und lass die zwei in ruhe arbeiten. ohne den hals langzumachen, zu lauschen oder gar einzumischen. einfach tür zu.
nicht dein kind, nicht dein problem.
"Nur" Probleme mit der Konzentration, die zudem zu so einem stark von Frustration geprägten Verhalten führen, sind oft keineswegs "Nur"-Probleme, sondern echt große!
Das, was du als "bockig" und "pampig" bezeichnet, ist ein Ausdruck hochgradiger Frustration. Ein Gefühl, was wir doch alle kennen, oder? Wenn wir merken, dass wir etwas machen müssen, was uns komplett gegen den Strich geht, was uns Angst macht, uns schwer fällt bis zum Punkt der Überforderung, wogegen sich jede Faser unseres Körpers sträubt - dieses Gefühl. Und das ist doch kein "Nur"-Problem, sondern eine wirklich sehr schwer zu ertragende, extremst unangenehme Situation, oder?
Genau dieses Gefühl scheint dein Neffe in dieser Situation gehabt zu haben. Da sollte er einem doch eigentlich extrem leid tun, oder? Und regt sich da nicht eher das Gefühl in dir, ihn zu beschützen und ihm zu helfen, anstatt ihn dafür zu schimpfen? Würde mir zumindest so gehen...
Die Frage ist halt, was es genau ist, was in ihm dieses starke Gefühl ausgelöst hat. Dahinter kann durchaus etwas in Richtung ADHS stecken - weil die Kinder sich eigentlich gern konzentrieren wollen, es aber eben einfach nicht schaffen. Wenn du den Eindruck einer Reizüberflutung bei ihm hattest, könnte das durchaus auch ein weiterer Anhaltspunkt dafür sein! Das neurodivergente ADHS-Gehirn ist nämlich auch dadurch gekennzeichnet, dass es keine "Filter" kennt und somit alle Sinnesreize gleichzeitig und gleich stark auf- und wahrgenommen werden, wodurch bereits der Mix aus dem zwitschernden Vogel, dem hellen Sonnenstrahl und dem Kratzen vom Stift auf dem Papier ausreichen kann, um zu so einer Reizüberflutung zu führen...
Ebenfalls kann es, wenn es vor allem in Verbindung mit Mathe und Zahlen dazu kommt, ein Hinweis auf Dyskalkulie sein. Der Zeitpunkt - 5. Klasse - wäre auch recht typisch, da selbst bei den klügsten Kindern mit Dyskalkulie hier allmählich die Kompensationsstrategien versagen, da die Themen zu komplex werden. Und dann haben wir es mit Frustration durch Überforderung und Versagensangst zu tun...
Und es kann natürlich auch sein, dass die aktuellen Abläufe in seinem Leben nicht gut zu ihm passen. Vielleicht ist er eher ein Kind, dem es gut tut, die Hausaufgaben direkt nach der Schule zu erledigen und dann wirklich bis zum nächsten Morgen richtig und vollständig frei zu haben? Vielleicht gibt es auch einfach zu hohe Erwartungshaltungen seitens der Eltern? Dazu würde passen, dass man ein Kind mit Noten im 2er- und 3er-Bereich zur Nachhilfe schickt...
Ich denke, es wäre gut, wenn hier die Eltern deines Neffen mal mit den Lehrkräften sprechen und deren Beobachtungen erfragen, ob es in Richtung Lernschwäche oder Neurodivergenz gehen könnte. Wenn ja, wäre es sinnvoll und notwendig, über den Kinderarzt eine Diagnostik anzuleiern. Wenn nicht, dann wäre es wiederum notwendig, dass die Eltern sich erst mal gründlich selbst reflektieren und dann auch mit ihrem Kind sprechen, was es braucht, um nicht mehr diese negativen Gefühle bei den Hausaufgaben zu haben.
ich glaube eher an zuviel druck von oben und ungerechtfertigte erwartungen. ein kind, das in D kein abi macht ist ja schon mal pauschal auf der beruflichen resterampe gelandet.
und dann helikoptert nicht nur die mutter, sondern auch noch die tante drumherum.
Denken ist eine der anstrengendsten Tätigkeiten überhaupt. Wenn Menschen sagen, dass man bei Kindern nur die Neugier wecken muss, dann gilt das nur für das initiale Lernen eines neuen Themas. Das heißt aber nicht, dass man das Thema beherrscht. Die meisten Menschen mit normaler Intelligenz müssen die Themen wiederholen oder noch zusätzlich mit verschiedenen Erklärungsansätzen versuchen, um es wirklich zu verstehen und damit es länger im Kopf bleibt. Das ist pure Arbeit, die auch nicht gleich zu einer Belohnung führt.
Ich habe meinen Nachhilfeschülern die Aufgaben oft im Zusammenhang mit einer Geschichte oder mit Rollenspiel schmackhaft gemacht. Am liebsten habe ich ihnen gesagt, dass sie Wissenschaftler sind und sie diese Aufgaben berechnen müssen, um einen Meteor von der Erde abzulenken. Interessanter Weise musste ich das nur bei Jungs anwenden.
Mädchen haben meist, das gemacht, was man ihnen gesagt hat. Dafür konnte ich aber mit verschiedenen Methoden es immer irgendwie schaffen, dass die Jungs motiviert waren, selbst wenn sie sich am Anfang verweigert hatten.
Das war bei Mädchen nicht so. Wenn diese sich verweigert hatten, konnte ich mich auf den Kopf stellen. Nichts hat geholfen. Keine Rollenspiele, keine Verbindungen mit deren Hobbys, keine Anwendungsbeispiele aus dem Alltag, kein Rausgehen in die Natur, um zu zeigen, wo man diese Dinge findet, NICHTS.
Wenn er gerne zockt, soll er z.B. historische 4X Games zocken. Da trainiert man sein Zahlenverständnis und es ist sinnvoll die historischen Zusammenhänge zu verstehen, um besser zu werden.
Oder er soll in Minecraft mit Redstone Logikaufgaben lösen.
Oder er soll programmieren lernen, um sein eigenes Spiel zu programmieren.
Es gibt viele Dinge Wissen zu erlangen und praktisch zu nutzen.
Und ja, auch Disziplin kann helfen. Dies muss aber ab einem gewissen Punkt Selbstdisziplin sein, da er sonst sein ganzes Leben auf den externen Druck angewiesen ist oder sich einfach dagegen verwehrt.
Tja ich mach ehrlich gesagt auch keine Aufgaben die man mir aufzwingt wenn ich sie ned machen will, warum muss man es Kindern aufzwingen und jetzt mal ehrlich selbst beim rumbasteln mit Holz rechne ich ned dauernd Quadrate aus...
und ja Pubertiere haben nen anderen Hormon und Gehirnzustand. Eben Entwicklung.
die meisten mädchen interessieren sich merkwürdigerweise nicht für weltuntergangsszenarien.