Was ist ein Sozialberuf?
Eine Bekannte (67) von mir hat lückenlos 50 Jahre als ausgebildete Kinderkrankenschwester mitunter in der stationären Betreuung behinderter Kinder und später in der Altenpflege gearbeitet. Immer Schicht, immer Vollzeit.
Sie ist religiös und vertritt sehr linke Ansichten: Es handele sich erst dann um einen Sozialberuf, wenn er schlechte Bezahlung sowie geringe spätere Rentenansprüche mit schlechten Arbeitsbedingungen, Schichtarbeit und eher geringer Wertschätzung verbinde.
Die Arbeit müsse anstrengend, hierarchisch, spassbefreit und verantwortungsvoll sein. Sie dürfe zwar ein Stückweit persönlich befriedigen, aber müsse Demut, Opferbereitschaft, Unterwürfigkeit, Überwindung und Entbehrungen erfordern und auf Dauer ein gewisses körperliches und seelisches Leid beim Dienstleistenden verursachen.
Zudem müsse die Dienstleistung direkt an einer stark hilfsbedürftigen Person vollbracht werden, wobei von keiner Seite Dank zu erwarten sei.
Deshalb seien Ärzte, Feuerwehrleute, Streetworker, Kindererzieherinnen, ehrenamtliche Helfer, Verwalter und Techniker in Sozialbereichen und viele andere alles keine Sozialberufler, weil sie ein oder meist gleich mehrere dieser harten Kriterien nicht erfüllen.
Wie ist eure Sichtweise?
1 Antwort
Die von deiner Bekannten geschilderten Arbeitsbedingungen in Sozialen Berufen, sind noch relativ häufig vertreten. Es gibt aber auch schon genug Gegenbeispiele und mittlerweile arbeitnehmerfreundlichere Gesetze, die man geltend machen darf.
Diese Berufe erfordern in ihrer Ausübung oft ein sehr hohes Maß an Sensibilität, emotionaler Belastbarkeit und Durchhaltevermögen. Es ist daher wichtig sich von den ernsthaften Themen, mit denen man als Fachkraft täglich konfrontiert wird, immer wieder abgrenzen zu können und die Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen.
Darüber hinaus darf und soll die Arbeit natürlich auch Freude bereiten. Beruf kommt ja von Berufung und wenn man im besten Fall etwas macht zu dem man sich berufen fühlt, hat man auch Spaß bei der Arbeit.
Was meinst du denn selbst? Denkst du, dass man in einem Beruf leiden sollte?
Ich bin seit vielen Jahren bei meinem Mann Vollzeit im Büro angestellt, der als gewerblicher Makler Kapitalanlagen, Finanzierungen, Versicherungen und Altersvorsorgeprodukte vermittelt. Ich habe dafür auch eine Ausbildung und einen Studienabschluss.
Ich würde nie aus reinem Pflichtbewusstsein wie meine Bekannte einen Beruf ausüben, sondern nur aus Spaß und wegen dem Geld. Sie ist der Meinung, dass Spaß und Geld keine Rolle spielen dürfen, sondern nur die Berufung von „höherer Stelle“.
Wobei meine Bekannte es so sieht, dass Büßen und Leiden zum Sozialberuf zwingend dazu gehöre. Mit guten Arbeitsbedingungen und opulenter Bezahlung wäre es kein Sozialberuf mehr. Nur das Arbeiten direkt am Menschen würde nicht ausreichen.