"Ich bin Anwalt!" - Darf ein Fahrlehrer sowas einfach gegenüber einem Polizisten behaupten, obwohl es eigentlich gar nicht stimmt?!
Die Szene beginnt ungefähr bei 33min.:50sek.
12 Stimmen
7 Antworten
Mal wieder die schönste aller Antworten eines Juristen: Es kommt darauf an.
Zwar ist Titelmissbrauch grundsätzlich eine Straftat (§ 132a StGB), allerdings könnte man sich im hier geschilderten Fall durchaus darüber streiten, ob eine Tathandlung, nämlich das Führen des Titels, vorliegt. Voraussetzung zur Verwirklichung des Tatbestands ist stets eine Tangierung der Interessen der Allgemeinheit.
Droht der Fahrlehrer bspw. dem Polizisten mit rechtlichen Konsequenzen, weil er ja Rechtsanwalt sei, wäre dies als Führen anzusehen. Behauptet er indes nur aus reinem Geltungsdrang heraus Rechtsanwalt zu sein, um bspw. nicht zugeben zu müssen, dass der Polizeibeamte mehr über Verkehrsrecht weiß als er selbst, könnte man eine Strafbarkeit durchaus auch verneinen (vgl. LK-StGB/Krauß § 132a Rn. 61; näher SSW-StGB/Jeßberger § 132a Rn. 15).
LG
Das könnte nach § 132a I S. 2 StGB strafbar sein, aber das wird hier ziemlich sicher daran scheitern, dass durch die Behauptung "die geschützten Interessen der Allgemeinheit" nicht wirklich berührt werden.
Ich wüsste zu gerne, was Leute sich von so einer Behauptung verspechen. Als ob das einen einzigen Polizisten vom Durchsetzen einer Maßnahme abhalten würde.
Viele Berufsbezeichnungen sind gesetzlich geschützt und dürfen nur verwendet werden, wenn der Träger aufgrund einer Ausbildung dazu berechtigt ist, den Titel der geschützten Berufsbezeichnung zu führen.
Das trifft auch auf den "Anwalt" zu.
Lügen ist nicht strafbar und "Anwalt" ist ein Beruf und somit auch keine Amtsanmaßung. Nur darf man nicht als fake Anwalt praktizieren und Klienten annehmen - denn "Anwalt" dürfte eine geschützte Berufsbezeichnung sein (oder?).
Zum objektiven Tatbestand gehört mehr, als bloß die Tatsache, dass eine geschützte Berufsbezeichnung gebraucht wurde; nicht jedes Ausgeben ist auch gleichzeitig ein tatbestandsmäßiges Führen.
Die Interesssen der Allgemeinheit sind nicht von belang
Doch, genau auf diese ist nach h. M. und höchstrichterlicher (vgl. BGHSt 31, 62) sowie obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. etwa BayObLG GA 1974, 151) abzustellen.
ruhrgur hat es schon sehr gut gesagt, ich möchte aber noch hinzufügen, dass insbesondere das Ausgeben als (promovierter) Anwalt zum Imponieren nicht unter den Tatbestand fallen soll (vgl. BGH v. 13.05.1982 - 3 StR 118/82)
Hier ging es auch nicht ums Imponieren, sondern darum eine Amtshandlung zu verhindern.
Da würde ich nicht unbedingt vollständig mitgehen, der Fahrlehrer verhindert ja eigentlich durch seine Argumentation die Handlung des Polizisten, das Ausgeben als Anwalt dient eher dazu, beim Polizisten einen Eindruck zu machen, sodass er der (mutmaßlich korrekten) Argumentation eher glaubt.
Aber auch wenn es nicht ums Imponieren gehen sollte, wäre immer noch fraglich, ob die Interessen der Allgemeinheit berührt werden.
Es geht hier nicht wirklich um das öffentliche Interesse wie etwa bei einem Antragsdelikt.
Es geht darum, dass das von § 132a StGB geschützte Rechtsgut, nämlich den Schutz der Allgemeinheit davor, "daß Einzelne im Vertrauen darauf, daß eine bestimmte Person eine bestimmte Stellung hat, Handlungen vornehmen könnten, die für sie oder andere schädlich sein können", hier gar nicht berührt sein könnte.
Ich führe das jetzt ga rnicht mehr weiter aus, weil das eine Sache ist, die ein Richter auf grund der Sach- und Aktenlage zu beurteilen hat. Fakt ist, die angelogene Person war Inhaber hoheitsrechtlicher Befugnisse und Beamter. Ich sehe da schon einen Berührungspunkt in Richtung öffentlichem Interesse.
Falsch, das fällt undter den Starftatbestand des Titelmißbrauchs § 132a StGB. Anwalt und Rechtsanwalt sind geschützte Titel, und dürfen nur von jemandem geführt und gebraucht werden, der die Vorraussetzungen dafür erfüllt.