Würde es in meinem Fall Sinn machen, meinen Autismus im Vorstellungsgespräch zu erwähnen?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Wie du es am Ende handhaben möchtest, musst du selbst entscheiden. Ich würde es ehrlich gesagt von deinem Gefühl im Vorstellungsgespräch abhängig machen. So eine Information preiszugeben hängt ja auch davon ab, wer dir gegenüber sitzt und ob er mit Asberger überhaupt etwas anzufangen weiß. Du solltest dir die Frage stellen, ob du bei deinem Gegenüber wirklich auf mehr Verständnis für dein Verhalten triffst oder dich damit selbst nur in eine bestimmte Schublade steckst.

Im Zweifel würde ich nicht explizit darauf hinweisen, weil es häufig geschieht, dass dann alle deine Handlungen direkt in diese Richtung interpretiert werden. Nur mal so als Denkanstoß: Wenn jemand permanent nur über seine Defizite erzählt (das kann ich nicht und jenes kann ich nicht), traut ihm das Gegenüber weniger zu.

Du hast übrigens toll formuliert, warum du dich nicht in Ausbildung befindest und das kannst du auch so im Vorstellungsgespräch anbringen:

"Meine Ängste beziehen sich auch *spezifisch* auf Schule und Prüfungen und hindern mich keineswegs am praktischen Arbeiten, was ich bereits im Rahmen von unverbindlichen Praktika herausgefunden habe. Ich bin im Gegenteil wirklich sehr motiviert, einer schnelllebigen Tätigkeit nachzugehen, bei der es durchgehend etwas zu tun gibt und ich mich stets aktiv einbringen kann."

Wenn bisher kein Zeugnis gefordert wurde, würde ich das auch nicht beim Vorstellungsgespräch vorlegen.


llain 
Beitragsersteller
 07.03.2025, 18:20

Hallo,

herzlichen Dank für die ausführliche Antwort! Ich weiß deine Mühe wirklich sehr zu schätzen und nehme mir deine Ratschläge zu Herzen.

Ich wünsche dir noch einen schönen und erholsamen Abend!

Liebe Grüße

Ich kenne auch zwei Menschen, die eine autistische Prägung haben, einer davon hat ebenfalls eine Sozialphobie entwickelt.

Aus dieser Erfahrung heraus möchte ich dir einen Rat geben:

In deinem Fall wäre es erst einmal wichtig, nicht alleine zu leben, denn alltägliche Dinge wie einkaufen, kochen, Wäsche waschen oder auch Behördengänge erledigen, strapazieren und überfordern junge Menschen schnell! Dazu kommt jetzt noch deine ganz persönliche psychischen Belastungssituation.

Dazu habe ich eine Freundin, die seit Jahren bei Mc Donalds arbeitet, weshalb ich sagen kann: Die Arbeitsbedingungen dort sind auf Dauer bereits für Menschen ohne Einschränkungen sehr anstrengend und nicht auch nicht gut bezahlt.

Noch einmal zu deiner speziellen Sozialphobie:

Es gibt die Möglichkeit, in einer betreuten Wohngruppe mit gleichaltrigen Menschen zu leben, welche ähnliche Anpassungsstörungen haben und sich in einer Therapie befinden.

Solche Wohngruppen werden auch finanziell gefördert und über deinen Arzt oder deinen Psychologen vermittelt. Sie müssen dann von der Stadt genehmigt und bezuschusst werden.

Meine Meinung: Mit deinen Schul- und Prüfungsängsten solltest du wirklich therapiert werden, denn es muss dir doch langfristig geholfen werden, oder etwa nicht?🤔

Wie z.B. willst du den Führerschein machen?

Du bist dazu noch nicht einmal 18 und willst dich schon ins Berufsleben stürzen?

Das ist sehr stressig! Frag doch auch einmal bei der Berufsberatung nach, welche Alternativen es für dich als sozial eingeschränkte Person gibt.

Ein Psychologe/Psychologin kann ein Gutachten über dich schreiben, und er/sie kann dir bestimmt auch Augen dafür öffnen, wie wichtig du als Mensch bist, auch wenn du nicht vollkommen bist! (Niemand ist das sowieso...😉)

Das ist in meinen Augen erst einmal das wichtigste: Dass du dich durch und durch gut und angenommen fühlst und deine Begabungen in Ruhe weiter entwickeln kannst. Immerhin warst du doch sehr gut in der Schule!

Das ist alles viel wichtiger, als vollzeit arbeiten zu gehen und "normal" zu sein oder zu wirken.

Alles Gute für Dich, und lass dir erstens helfen und zweitens lass dich bitte nicht unterkriegen!

Weder privat, noch beruflich!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung