Wie soll Non-Binary Sinn ergeben?

5 Antworten

Ok, ich versuche mich mal. Aus deiner Frage und deinen Kommentaren gewinne ich den Eindruck, dass du dir die Geschlechtsidentität wie einen Schalter im Gehirn vorstellst, der entweder in der Position weiblich oder männlich steht. Bei Transpersonen steht er dann einfach in der falschen Stellung. Natürlich kann man das so vereinfachen, aber dann kann man die Welt der non-binären Geschlechtsidentitäten auch in der Tat nicht verstehen.

Daher ein etwas komplexerer Blick auf die Dinge. Die Geschlechtsidentität basiert nicht auf einem einzigen Faktor, sondern setzt sich wie ein Mosaik aus ganz verschiedenen Faktoren zusammen, die letztlich unser Verhalten und unser Empfinden prägen. Wie Luna bereits zitiert hat, ist die aktuelle Theorie dazu, dass sich die verschiedenen Faktoren für die Geschlechtsidentität durch schwankende Hormonlevel schon während der Schwangerschaft bei der Ausbildung verschiedener Gehirnareale unterschiedlich entwickeln.

Bild zum Beitrag

Jedes dieser Mosaiksteinchen kann man sich als zwei-dimensionales Spektrum vorstellen. In der einen Richtung haben wir einen Wert, der sich zwischen weiblich und männlich bewegt (mal ganz klischeehaft durch pink und blau dargestellt), in der anderen Richtung haben wir so etwas wie eine Stärke der Ausprägung. Jeder Mensch hat seinen individuellen Punkt in diesem Spektrum für jeden Faktor. Zusammengesetzt zu einem Mosaik aus ganz vielen Faktoren ergibt sich für jeden Menschen genau genommen eine ganz individuelle und einzigartige Geschlechtsidentität.

Auch zwei Personen, die sich als männlich empfinden, empfinden ihr Geschlecht anders und verhalten sich in bestimmten Punkten anders. Wenn jemand sagt, dass Männer sich eher wettbewerbsorientiert verhalten und jemand anderes meint, er hat einen Freund, der vom ständigen Kräftemessen total genervt ist, dann ist das kein Widerspruch. Auch eine männliche Geschlechtsidentität kann Anteile haben, die eher ins Weibliche tendieren und eine weibliche solche, die ins Männliche tendieren.

Die Label, wie weiblich, männlich oder nonbinär, die wir verwenden, ist ein Versuch zurückzutreten, aus der Ferne das Mosaik zu betrachten und zu sagen: „Ich sehe bei mir vor allem Blautöne, ich würde meine Geschlechtsidentität als männlich bezeichnen.“

Sobald man aber dieses Bild bemüht, gibt es da zwangsläufig Menschen, die bei sich nicht mehrheitlich überwiegend eine der beiden Farben blau oder pink sehen. Sie sehen eine Mischung aus Blau- und Pinktönen oder sie sehen vor allem Violetttöne oder sie sehen überwiegend Grau oder Schwarztöne. Das fasst man unter dem Label nonbinär zusammen. Aber auch hier gilt: zwei nonbinäre Personen können ein ganz anderes Geschlechtsempfinden haben.

Hoffe, ich konnte das Konzept halbwegs anschaulich und verständlich vermitteln.

 - (Liebe, Psychologie, Sexualität)
Weltfriede 
Fragesteller
 15.10.2023, 00:04

Interessante Darstellung. Jedoch ist man doch nicht gleich ein komplett anderes Geschlecht, nur weil man nicht den Geschlechtsstereotypen entspricht. Es gibt ja auch z.B. Männern, die das Geschlechtsstereotyp Frau sind, aber trotzdem sind sie immer noch männlich und identifizieren sich auch so.

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Ich bin zwar 1,60 groß, jedoch fühle ich mich in meiner Größe nicht wohl, weswegen ich mich als 1,80 identifiziere“,

Bei so einer Identifizierung wird die biologische Größe nicht verleugnet. Aber die soziale und psychische Größe kann eine ganz andere sein.

Non binary Personen haben kein medizinisches Problem

können sie aber haben

Non Binaries keine Geschlechtsumwandlung,

können sie aber haben

Zudem sollte Non Binary auch nicht als Trans klassifiziert werden

Wissenschaft sieht das anders

 biologisch gesehen kein Non Binary in der menschlichen Spezies gibt,

das ist wie "biologisch gibt es keine Homosexualität".

sehe ich das Ganze relativ kritisch

Bist halt ein kritischer Bürger.

Weltfriede 
Fragesteller
 15.10.2023, 00:08

Und was genau ist da jetzt bei Non binary Personen anders als bei Personen die sich (rein theoretisch) als eine andere Größe identifizieren?

Und mit biologisch meinte ich, dass es keine körperlichen Attribute gibt, die der Geschlechtsidentität Non Binary entsprechen. Intersex ist natürlich ein anderer Fall

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Mayahuel  15.10.2023, 08:37
@Weltfriede

Binäres System: manche sagen "ich bin groß" und manche sagen "ich bin klein".

In einem nonbinary System gibt es auch "ich bin mittelgroß"

keine körperlichen Attribute gibt,

Doch, kann es geben.

Manche Nonbinaries lassen sich ihren Busen entfernen. Andere nicht.

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Zudem sollte Non Binary auch nicht als Trans klassifiziert werden, da ihre Erfahrungen sich wesentlich der eines Trans Mannes oder einer Trans Frau unterscheiden.

Natürlich unterscheiden sich die Erfahrungen, aber die Erfahrungen von trans Männern und trans Frauen ja auch. Ist also kein wirkliches Argument dagegen.

Für mich und viele andere ist die Definition von trans einfach: "Die Geschlechtsidentität stimmt nicht mit dem Geburtsgeschlecht überein". Stimmt bei non binary ja genauso wie bei trans Männern/Frauen.

Schließlich wollen die meisten Non Binaries keine Geschlechtsumwandlung, weswegen sie es oftmals leichter haben, da es keine Geldprobleme gibt.

Viele trans Männer/Frauen wollen auch keine komplette Geschlechtsumwandlung oder wollen nicht mal Hormone nehmen. Das ist vollkommen legitim und macht einen nicht "weniger trans". Viele non binary Leute die Ich kenne wollen übrigens eine medizinische Transition.

Ob es für dich jetzt Sinn ergibt oder nicht ist doch eigentlich vollkommen egal. Es gibt vieles was wir nicht verstehen aber einfach hinnehmen und akzeptieren können. Vor allem wenn es Leute glücklich macht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin selbst trans (mtf)
zwar respektiere ich die Entscheidung eines jeden Menschen

Es ist keine Entscheidung, non-binary zu sein. Die Geschlechtsidentität entsteht bereits im Mutterleib, nur mal so.

aber es ergibt doch keinen Sinn.

Also respektierst du es nicht. Sonst gäbe es kein "aber".

Zudem sollte Bin Binary auch nicht als Trans klassifiziert werden, da ihre Erfahrungen sich wesentlich der eines Trans Mannes oder eine Trans Frau unterscheiden.

Non-binary fällt per Definition aber unter das trans* Spektrum. Das beinhaltet nun mal Geschlechtsidentitäten, die nicht cis sind. Das ist Fakt. Trans* heißt nur, dass man sich nicht mit seinem biologischem Geschlecht identifizieren kann. Niemand behauptet, dass non-binary und transgender das gleiche ist, denn das ist es natürlich nicht.

Aber nicht-binäre Menschen können sich ebenso nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren. Übrigens gibt es durchaus nicht-binäre Menschen, die Geschlechtsdysphorie haben. Genau wie transgender. Du solltest also nicht pauschalisieren und dich erst Mal informieren, bevor du sowas behauptest.

Es heißt nicht umsonst "trans* Spektrum". Denn die Erfahrungen von jedem trans* Menschen sind unterschiedlich und sehr individuell!

Schließlich wollen die meisten Non Binaries keine Geschlechtsumwandlung

Ebenso eine Behauptung, die so nicht stimmt. Es gibt nicht-binäre Menschen, die angelichende Maßnahmen wie Hormone oder auch Operationen in Anspruch nehmen. Übrigens lässt nicht jeder transgender geschlechtsangleichende Operationenen durchführen. Aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Non-binary ist eine Geschlechtsidentität im trans* Spektrum. Fertig.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Teil der LGBTQ+ Community
Weltfriede 
Fragesteller
 13.10.2023, 17:56

Wie sollte die Geschlechtsidentität bei Non Binary Personen schon im Mutterleib entstehen? Bei Trans Personen ist das definitiv der Fall, ohne Zweifel, aber bei Non Binary Menschen würde mich das wundern.

Nur weil es für mich keinen Sinn ergibt, heißt es nicht, dass ich es nicht respektiere. Ich würde niemals auf NB Personen losgehen und sie beleidigen, verpönen oder sonstiges. Keiner ist dazu verpflichtet, die Dinge wie du zu sehen.

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LunarEclipse  13.10.2023, 17:59
@Weltfriede

Nicht nur bei nicht-binären Menschen, bei jedem Menschen! Auch bei cis Menschen!

Sie hat ihren Anfang in der Festlegung des genetischen Geschlechts, welches bereits ab ca. der 5. Schwangerschaftswoche zur Ausdifferenzierung männlicher oder weiblicher Geschlechtsmerkmale und im nachgeburtlichen Entwicklungsverlauf zu festgelegten biol. gesteuerten Entwicklungsschritten (z. B. hormonellen Veränderungen zu Beginn und im Verlauf der Pubertät) führt. Gleichzeitig findet eine umfassende kogn. (Kognition), affektive (Affekt) und verhaltensbezogene Entwicklung der Geschlechtsidentität statt, die in ihrem Verlauf von versch. sozialen und indiv. Faktoren beeinflusst wird.

https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/entwicklung-der-geschlechtsidentitaet

Entsteht demnach bereits im Mutterleib. Auch bei nicht-binären Menschen.

Okay, dann entschuldige ich mich für die Aussage! Ich hoffe aber, dass meine Antwort ein wenig hilft.

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Weltfriede 
Fragesteller
 13.10.2023, 18:02
@LunarEclipse

Okay, werde mir den Link mal anschauen. Ich bin nicht abgeneigt davon, meine Meinung zu ändern, aber ich will dafür eben die Dinge verstehen können.

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Das ist so, als würde ich sagen „Ich bin zwar 1,60 groß, jedoch fühle ich mich in meiner Größe nicht wohl, weswegen ich mich als 1,80 identifiziere“, was natürlich Blödsinn ist. 

Ich stimme dir absolut zu. Im Grunde geht es bei dem Thema Mannsein oder Frausein eigentlich nur um bestimmte geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen und Identifikationsschablonen, mit denen man sich entweder identifiziert oder auch nicht. Diese geschlechtsspezifischen Muster lernt man im Laufe der Sozialisation. Aus meiner meiner Sicht gibt es aber gar kein spezifisches Gefühl von Mannsein oder Frausein abseits dieser gelernten Muster,, die die Gesellschaft vermittelt. Selbstidentifikation und Geschlechtsidentitätsstörungen sind psychischer Natur.

Ich kann an dieser Stelle das Interview mit dem Jugendpsychiater Alexander Korte empfehlen, der sich täglich mit jungen Menschen auseinandersetzt, die von sich vermuten transsexuell zu sein:

Jugendpsychiater über Transidentität: „Es ist hip, trans zu sein“ - taz.de

Ich finde es wirklich sehr aufschlussreich und ich kann das Interview jedem empfehlen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich kenne mich aus. 📋
Weltfriede 
Fragesteller
 13.10.2023, 18:00

Ich hab mich auch gefragt, wieso viele Männer eben das Geschlechtsstereotyp Mann sind, und Frauen das Geschlechtsstereotyp Frau. Vielen Dank!

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AuchKarma  13.10.2023, 18:02
@Weltfriede

Eben. Wenn ich eine Jeans trage, keine Lust habe mich zu schminken und dominant auftrete, bin ich trotzdem eine Frau und identifiziere mich auch so. Wieso auch nicht?

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