Wie kann im kapitalistische System Fortschritt geschehen ohne Patente?

5 Antworten

Wie kann im kapitalistische System Fortschritt geschehen ohne Patente?

Beim Kapitalismus handelt es sich um eine Kreislaufwirtschaft. Ein sehr wichtiges Schlüsselmoment im Kapitalismus ist der technische Fortschritt. Vereinfacht dargestellt funktioniert der Kapitalismus wie folgt:

Investition -> Forschung/Entwicklung -> (Massen-)Produktion -> Umsatz -> Gewinn -> Reinvestition -> neue Forschung/Entwicklung -> und so weiter und so fort.

Durch dieses System werden auch Preissteigerungen gerechtfertigt, denn man muss unter anderem neues Personal für Forschung/Entwicklung und Massenproduktion akquirieren bzw. aus ihrem gemachten Nest entreißen, dieses Personal für die neue Produktion und für das neue Produkt ausbilden und die Forschung/Entwicklung für ein neues Produkt verschlingt vor allem Zeit und damit verbundene Geldkosten. Tatsächlich handelt es sich bei der Aus- und Weiterbildung von Menschen auch um technischen Fortschritt.

Durch Patente, zumindest in der aktuellen Ausgestaltung mit einer Laufzeit von 20 Jahren sowie Sonderregelungen für bestimmte andere Produkte für weitere 5 Jahre, wird der Anreiz zum technischen Fortschritt ausgebremst, weil man sich salopp gesagt bis zu 25 Jahre auf seinem Patent ausruhen und abkassieren kann. Man kann auf Grundlage des Patents eine Monopolstellung einnehmen oder die Nutzungsrechte für Lizenzgebühren herausgeben, wobei der Patentinhaber auch hier über die alleinige Preismacht verfügt. Monopolstellungen und der Handel mit Nutzungsrechten führen in der Regel zu langfristigem leistungslosen Einkommen, weil dasselbe Produkt bzw. dasselbe Patent über die Dauer unverhältnismäßig hoch im Preis ansteigt (Kosten dürften weitergegeben werden, der Gewinnanteil der Ursprungskalkulation dürfte jedoch nicht ansteigen. Tatsächlich müsste unter realen Konkurrenzbedingungen ein Produkt im Preis mit der Zeit immer sinken). Der mangelnde Konkurrenzdruck ermöglicht es.

Meiner Meinung nach ist die aktuelle Ausgestaltung des Patentrechts ein eklatanter Markteingriff zugunsten der Unternehmen. Das Patentrecht zeigt mal wieder die Doppelmoral im Umgang mit der "freien Marktwirtschaft" auf. Weiterhin steht das Patentrecht vor allem auf der Seite der Großkonzerne. Ein Patentrechtsstreit gewinnt in der Regel die Partei mit dem größeren Geldbeutel und nicht der tatsächliche geistige Erstkömmling. Grundsätzlich bin ich kein Fan vom Konzept des geistigen Eigentums - zumindest in der vorliegenden Ausgestaltung.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

DerGrafDuckula  15.05.2025, 09:08

Hallo FinisTerrae,

deine Ausführungen zu Patenten sind so m.E.n. nicht ganz richtig.

Speziell in der Medizin (und praktisch gibt es ergänzende Schutzzertifikate nur dort) ist es oft nicht sicher ob der Punkt an dem die Kosten wieder eingespielt sind, vor dem Ablauf der regulären Schutzdauer liegt. Warum ist das so? Weil die Patentanmeldung vor der ersten (!) Veröffentlichung der Erfindung liegen muss – also vor der ersten Studie die rausgeht. Zu diesem Zeitpunkt weiß man aber oft nicht welche Entwicklung überhaupt marktreif wird. Also meldet man für ein Medikament oft gute hundert Wirkstoffverbindungen an – von denen bleiben da drei oder vielleicht nur eine übrig und das oft zehn oder fünfzehn Jahre nach der ersten Anmeldung und dann geht das Produkt erst in den Markt.

Gleichzeitig kennt aber jeder Marktteilnehmer die Zusammensetzung und Herstellung des Wirkstoffes, kann also schon seit Jahren an Folge- und Weiterentwicklungen arbeiten.

Praktisch gesehen kann sich auch kein Unternehmen auf seinen Patenten ausruhen, dafür sind diese einfach zu teuer und werden irgendwann auch einfach durch Folge- oder Parallelentwicklungen uninteressant.

Außerhalb der Medizinbranche ist es eher unüblich Patente länger als 15 oder 16 Jahre zu halten.

Zumindest in Deutschland gewinnen Patentstreitigkeiten auch nicht automatisch die Großkonzerne. Zum einen sind deutsche Verfahren verhältnismäßig günstig, zum anderen werden sie nicht von einer Jury, sondern sachkundigen Personal beurteilt. 

Das aktuelle Patentrecht ist eigentlich ziemlich gut. Du kannst zumindest in Deutschland eine neuartige technische Erfindung, die nicht Stand der Technik ist, für maximal 20 Jahre schützen. Jedes Jahr muss das Patent erneuert werden und die Kosten des patentachutes erhöhen sich.

Danach ist die Innovation "Stand der Technik" und darf von jedem beliebig verwendet werden.


DerGrafDuckula  15.05.2025, 07:55

Ein Patent läuft in Deutschland bis zu zwanzig Jahre ab dem Tag der Anmeldung

Deshalb gibt es ja Patente und Schutz geistigen Eigentums, damit es sich eben lohnt. Essentielle Patente müssen anderen Unternehmen aber gegen eine angemessene Gebühr zur Verfügung gestellt werden, wenn sonst der Wettbewerb behindert würde.

Das ist halt so. Geistiges Eigentum ist ebenfalls Eigentum, dafür gibt's ja patente, damit das geschützt wird.


APPLE854 
Beitragsersteller
 14.05.2025, 18:01

die Frage bezieht sich auf Leute die dagegen sind

Kapitalismus ist nicht das Problem. Korporatismus. Kapitalismus bedeutet einfach Unabhängigkeit von Maßnahmen der Regierung.