Wie kann Abitur 1,0 möglich sein?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Man kriegt ja auch oft schlechte Noten, obwohl man perfekt vorbereitet ist und alles zum Thema weiß.

Nein. Wenn du perfekt vorbereitet bist und alles weißt, ist die volle Punktzahl absolut sicher. Wenn du diese nicht erreichst, heißt das schlicht und ergreifend, dass du nicht perfekt vorbereitet warst.

In manchen Klausuren muss man z.B. erahnen, was der Lehrer hören will

Ja, ganz genau. Das gehört mit zur Vorbereitung dazu. Im Extremfall fährst du besser, eine vom Lehrer favorisierte Falschaussage in der Klausur wiederzugeben, als die vom Lehrer abgelehnte richtige Antwort zu lernen.

wobei man nicht ahnen kann, was der Erwartungshorizont ist
Eigentlich gehen in fast jeder Prüfung mindestens 2 Punkte dadurch verloren, dass man eine Sache nicht hinschreibt, die Teil des Erwarungshorizonts ist und die man weiß, man jedoch nicht gewusst hat, dass man es hinschreiben muss.

Tja, dann hast du schonmal einen Grund gefunden, weshalb du keine super Noten schreibst, aber andere sehr wohl: Die schaffen es offenbar (ob bewusst oder zufällig, sei mal dahingestellt), den Erwartungshorizont besser zu treffen als du.

weil wie gesagt die Lehrer unklare Aufgabenstellungen formulieren, jedoch erwarten, dass man exakt den Erwartungshorizont bringt

Schonmal daran gedacht, dass es zur Oberstufe, die ja auch als Vorbereitung zum Studium dienen soll, die Schüler von Erwartungshorizonten entwöhnt werden sollen?

Nur so: Im Studium sagt der Dozent gar nicht, was ihm besonders wichtig ist. Sondern der Student muss sich das selbst erschließen, indem er z.B. ältere Studenten fragt, die im fraglichen Modul schonmal eine Klausur mitgeschrieben haben. Oder indem er mal schaut, zu welchem Thema der Dozent in letzter Zeit was veröffentlicht hat.

Und damit man da im Studium keinen kompletten Kulturschock erlebt, geht das eben in der Oberstufe schonmal los. Du bist nicht mehr in der 5. Klasse.

Auf die anderen Ungerechtigkeiten an der Schule will ich garnicht erst eingehen.

Wenn du es schon als Ungerechtigkeit bezeichnest, dass die Lehrer einem erwachsen werdenden Schüler nicht mehr exakt sagen was er auswendig aufs Papier schreiben soll, will ich ehrlich gesagt auch gar nicht wissen was du sonst noch alles als Ungerechtigkeit bezeichnest.

5. Klasse: Ich 1,3; Notendurchschnitt 3,5; 12. Klasse: Ich 2,7; Notendurchschnitt 2,4.

Offenbar kommen deine Mitschüler besser damit zurecht als du, dass die Bewertungskriterien in der 12. Klasse anders sind als in der 5. Klasse.

Und warum braucht man den Durchschnitt 1,0, um Medizin zu studieren?

Weil die Studienplätze auf eine machbare Zahl begrenzt sind (es macht z.B. keinen Sinn, wenn 200 Studenten an einer Leiche herumpräparieren sollen) und man nunmal festgelegt hat, dass diese Plätze an jene Bewerber mit den besten Abiturnoten vergeben werden sollen. Und es gibt eben schon so viele Bewerber mit super Abiturnoten, dass für diejenigen mit weniger guten Abiturnoten keine Plätze mehr übrig bleiben.

In etwa so, wie bei einer Auktion auch diejenigen Bieter zum Zug kommen, die am meisten Geld bieten.

Das würde heißen, jeder der nicht den geheimen Erwartungshorizont seines Geschichtslehrers in der 11. Klasse erahnen kann, ist unfähig, Arzt zu werden?!?!

Wenn einem der Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht bewusst wäre, könnte man das meinen. Aber wenn es eine Korrelation gibt, heißt das eben nicht zwangsweise auch, dass es eine Kausalität gibt. Es gibt da ein lustiges Beispiel mit Geburtenraten und Storchennestern.

In diesem Fall liegt dein Denkfehler an der Stelle, dass niemand überhaupt danach fragt, ob ein angehender Medizinstudent für den Arztberuf geeignet ist. Das ist kein Vergabekriterium für die Studienplätze. Die Studienplätze werden nach Abiturnote vergeben und warum du genau diese Abiturnote erreicht hast, interessiert niemanden.

Ich kenne z.B. genug, die einen Abitur-Durchschnitt von ca. 3,0 hatten und jetzt sehr erfolgreich und selbständig und reich sind.

Hat irgend jemand behauptet, dass das nicht ginge?

Solange es so viele Bewerber mit super Abiturnoten gibt, bekommst du nur keinen Platz für ein Medizinstudium. Niemand verbietet dir, genau das zu machen was deine Bekannten gemacht haben.

Das zeigt halt, dass Noten nichts mit den tatsächlichen Fähigkeiten zu tun haben

Nein. Es zeigt, dass für erfolgreiches Unternehmertum andere Fähigkeiten gefordert sind als für gute Schulnoten.

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Insgesamt betrachtet:

Ich verstehe nicht, wie es manche schaffen, 1,0 im Abitur zu bekommen

Das glaube ich dir sofort. In deinem Pamphlet sind ganz viele Aussagen und falsche Annahmen, die genau erklären warum du es nicht verstehst.

Bananapeel321  01.04.2022, 22:37

Boah Klasse, die reinste Freude Deinen Text zu lesen!

Warum findet man nur so wenige wie Dich auf dieser Plattform? :)

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Tadokiarika  02.04.2022, 22:57

"Nein. Wenn du perfekt vorbereitet bist und alles weißt, ist die volle Punktzahl absolut sicher."

Nein, da viele Fächer sehr subjektiv bewertet werden können (beispielsweise Deutsch und Englisch) und es dabei dann ganz oft darauf ankommt, wie der Lehrer so drauf ist.

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RedPanther  03.04.2022, 18:19
@Tadokiarika

Genau so ist das gemeint. Zur Vorbereitung gehört eben auch, zu verstehen was der Lehrer gut findet und was nicht.

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Tadokiarika  03.04.2022, 22:58
@RedPanther

Das Problem ist doch aber auch, dass ein Lehrer auch schlechter bewerten kann, wenn er dich nicht mag. Da ist dann egal, wie man sich auf den eingestellt hat, wenn er einigen grundsätzlich schlechtere Noten gibt 🤷🏾‍♀️

Wir hatten zum Beispiel auch eine dsutschlehrerin, die meinte "ein perfekter aufsatz" sind 10 punkte. 14 & 15 punkte vergibt sie laut eigenen Aussagen grundsätzlich nicht 🤷🏾‍♀️

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Bereits ab 823/900 Punkten gibt es die Note 1,0. Das entspricht im Gesamtdurchschnitt 13,72 Punkten. Wobei einige erbrachte Kurse Streichergebnisse sind.

Augen auf bei der Kurswahl: Wenn man weniger von der Erwartung des Lehrers abhängig sein möchte, nimmt man Fächer wie Mathematik und Physik, in denen harte Fakten zählen. Die sind aber auch aus anderen Gründen hart...

Ansonsten muss man realistisch sein: Etwa ein Drittel schafft ein 1er Abitur (zwischen 1,0 und 1,9), was aber auch heißt, dass es zwei Drittel nicht schaffen.

Wechselfreund  31.03.2022, 18:07

Augen auf bei der Kurswahl: Wenn man weniger von der Erwartung des Lehrers abhängig sein möchte, nimmt man Fächer wie Mathematik und Physik, in denen harte Fakten zählen.

Wenn man möchte, dass Fakten zählen, muss das nicht für jeden von Vorteil sein...

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RedPanther  01.04.2022, 18:59
Augen auf bei der Kurswahl: Wenn man weniger von der Erwartung des Lehrers abhängig sein möchte, nimmt man Fächer wie Mathematik und Physik, in denen harte Fakten zählen.

Witzig. Ich habe den Physik-LK allein deshalb gewählt, weil ich wusste dass er von einem Lehrer unterrichtet wird, der gerne gute Noten verschenkt...

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RedPanther  02.04.2022, 18:50
@Wechselfreund

Ich hatte nie vor, eine Abiturprüfung in Physik zu schreiben. Da war schon zum Zeitpunkt der Kurswahl klar, dass ich meine Prüfungen in den anderen LKs schreibe.

Im Übrigen ist mein Abitur schon 10 Jahre her ;)

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RedPanther  02.04.2022, 20:16
@Wechselfreund

In Ba-Wü hat man damals 5 LKs gewählt (Deutsch und Mathe verpflichtend, mind. eine Fremdsprache) und in vier davon schriftliche Prüfungen geschrieben (die drei genannten Fächer plus 4. oder 5. LK). Die fünfte Prüfung, die mündliche, konnte auch in einem Fach abgelegt werden, das man als Grundkurs belegt hatte.

Da ich mit Chemie und Physik als 4. und 5. LK nicht den "gesellschaftswissenschaftlichen Fachbereich" abgedeckt hatte (was aber mit mindestens einer Abiturprüfung geschehen musste), hätte ich nichtmal in beiden Fächern Abiturprüfungen ablegen dürfen, wenn ich das gewollt hätte.

Ich habe mich aber mittlerweile auch schon durch Vorlesungen in Quantenmechanik und Quantenchemie gequält, da hätte ich stattdessen gerne den Physik-Abiturstoff nochmal gemacht ;)

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Wechselfreund  03.04.2022, 11:08
@RedPanther

Danke für die ausführliche Info. Schon interessant, wie stark sich die Abiturbedingungen in den Bundeskländern unterscheiden. In NRW hat man zwei Lks (5 Wochenstunden, automatisch schriftliches Abitur) und in einem der gewählten Gks schriftliche und in einem mündliche Prüfung. Welche Dinge bei der Kurswahl berücksichtigt werden müssen hab ich nicht präsent. Zumindest darf Mathe im Unterricht nicht abgewählt werden, muss aber kein Fach der Abi-Prüfungen sein.

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Es geht beim Abitur weniger um Intelligenz (außer vielleicht in Mathe und den Naturwissenschaften), als um die Fähigkeit sich an ein System anzupassen und möglichst normal (in diesem System) zu sein. Dann kommt noch hinzu, dass die Lehrer manche mögen und manche eben nicht.

Noten sind halt in gewisser Weise Schwachsinn - die spiegeln nur bedingt das eigentliche Wissen wieder. Das Schulsystem ist nunmal unfassbar uneinheitlich und veraltet

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Kevin20041 
Fragesteller
 01.04.2022, 18:30

Kann ich nur bestätigen

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RedPanther  01.04.2022, 19:36

a) das Schulsystem ist was anderes als die Benotungskriterien. Das Schulsystem ist, dass wir die Kinder nach der 4. Klasse in drei unterschiedliche Schularten trennen und dass der untere und der mittlere Schulabschluss für betriebliche Ausbildungen und der höhere Schulabschluss für akademische Ausbildungen vorgesehen sind.

Kleine Proble: Würde es etwas am Schulsystem ändern, wenn wir z.B. das Benotungssystem radikal ändern und alle Noten per Los zuteilen? Nö. Dann wird die Klasse immer noch nach der 4. Klasse getrennt.

b) es geht gerade in der Oberstufe eben nicht um pures Wissen. Sondern darum, aus diesem Wissen auch etwas zu machen. Zum Beispiel Vergleiche anzustellen, Zusammenhänge zu erkennen, Aussagen zu interpretieren.

Der Fragesteller zeigt in seinem Text sehr deutlich, dass er damit nicht zurecht kommt.

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