Was würdet ihr tun wenn ihr euer Leben noch einmal leben könntet?

20 Antworten

Hallo!

Borges und Du, wenn ich Dein Posting richtig deute, ihr seid bestimmt ganz unterschiedliche Menschen. Da wo Borges darauf geachtet hat, perfekt zu sein, gesund zu leben und keine Fehler zu machen, da hast du über die Strenge geschlagen. Wo er sich beherrscht und kontrolliert hat, da hast Du es vielleicht bisher locker gelassen. Was wir tun oder getan haben, bereuen wir meistens, weil wir es uns fragen, ob wir anders glücklicher geworden wären. Es ist das Dilemma des Lebens. Das ist es, was ich bei Borges lese. Es geht also nicht wirklich um die Frage, ob wir gesund oder nicht gesund leben sollten.

Borges hat mich sehr geprägt: ich bin dem gefolgt, was er gesagt hat. Ich habe mehr Mut gehabt, mehr Fehler gemacht, mehr Musik gehört und mehr Kindern beim Lachen zugehört. Ich habe einen Gang runter geschaltet, um aufmerksamer zu leben. Befreit und erfüllter sozusagen. Dazu habe ich mich von ihm anregen lassen. Jedes Mal, wenn ich irgendwo ein Kind lachen höre, freue ich mich. Weil ich Borges gelesen habe. Er hat mir sehr die Augen geöffnet.

Was ich in meinem Leben anders gemacht hätte? Im Grunde habe ich mein Leben gut gelebt: ich bin viel herumgekommen, ich habe viel gelernt, ein spannendes Fach studiert und noch eines, das auch sehr sehr interessant ist, ein schönes und spannendes Land für länger erlebt, ungeahnte Fähigkeiten und Talente erprobt und erfahren, mir im Beruf etwas bewiesen, habe laut gelacht, viel getanzt, mal Mut gehabt und mal auch nicht. Ich habe privat und beruflich sehr unterschiedliche Welten und Menschen kennengelernt, ich hatte ein sehr buntes Leben bis jetzt. Darüber bin ich sehr froh. Ich bin vor allem froh, dass es mir besser gelingt zufrieden zu sein, mit dem was ich mit und aus meinem Leben gemacht habe. Ich habe lange Zeit sehr gehadert mit manchen Entscheidungen - viele wichtige Träume haben sich nicht erfüllt und ich wusste nicht, wie ich es anstellen muss, damit sie sich erfüllen - und deshalb sehr an meinem Weg gelitten. Ich komme so langsam ins Reine mit mir. Das kann ich nur, weil es mir besser gelingt, meinen Weg wertzuschätzen. Also eben nicht in die Borges-Falle zu treten. 

Manchmal bin ich neugierig, wo, wer und wie ich wäre, wenn ich andere Entscheidungen getroffen hätte. Genau da auch, wo ich heute bin bestimmt: unzufrieden über die verpassten Gelegenheiten - so wie Borges eben  - und langsam mit mir selber ins Reine kommend. Dabei ist es nie leicht, seinen Weg zu finden oder zu gehen. Eben weil wir immer nur ins Ungewisse hinein entscheiden können, weil wir inneren und äußeren Zwängen unterliegen, weil wir ja auch Verantwortung für uns tragen, Grenzen haben auch. Es ist immer ein schmaler Grad, das ist es, was bei Borges nicht so deutlich wird. Dass es ein schmaler Grand ist, dass manches im Leben auch wirklich richtig schief laufen kann, das verkennt Borges, hier irrt er aus meiner Sicht. Es geht nicht um den richtigen Weg, es geht um das rechte Maß in dem, was wir tun und wie wir es tun.

Da wo ich ihn ganz toll finde, das ist dass er mir die Augen geöffnet hat, bei den Dingen, die dem Leben seine Farbe geben. Wie die Musik, das Lachen der Kinder oder die Lust, einfach mal befreit und leichtsinnig zu sein, einfach mal loszulassen, sich gehen zu lassen, sich schöne Momente schenken. Das einzige, das ich wirklich anders machen würde, ist Borges' Monolog viel viel früher zu lesen und - aber das ist zu früh viel zu viel verlangt - besser zu verstehen.

LG LaToulousaine

Ich würde nichts anders machen. Genau das, was ich bis heute erreicht oder eben versaut habe, hat mich im positiven Sinne weitergebracht. Keiner ist so wie ich, niemand hat dieselben Narben wie ich, und das ist auch gut so. Jeder Mensch ist toll, so wie er ist. Klar, jeder macht Fehler, vielleicht auch sehr gravierende, aber ist das ein Grund zu sagen: „Ich will mein Leben neu beginnen!" ? - Nein, das finde ich nicht, schließlich wächst man an den Herausforderungen, die sich einem in den Weg stellen.

Ich würde im Prinzip fast alles genauso machen wie bisher - höchstens eventuell mit der Ausnahme, dass ich NICHT mehr auf die Realschule gehen würde, weil mir die Realschulzeit nicht sehr gefiel. Ansonsten aber fand & finde ich dass mein Leben bisher eigentlich ganz schön war, ich mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden sein kann (was ich auch bin!) & es daher ruhig nochmal exakt so verlaufen könnte ;)

Also aus meiner Sicht zumindest..

Was der meint ist, dass ihn genau seine Fehler dahin gebracht haben, wo er ist und er scheint dort nicht unglücklich zu sein.

Oftmals sind es die Fehler, die einen weiterbringen.

Bis auf den Leichtsinn, den man sich nicht erlaubt hat und man hinterher bereut.

Ein kleines Beispiel.

Als ist gerade mit der Ausbildung begonnen habe, hat sich mir die Chance geboten, einen 1968 er Ford Mustang - rot, Cabrio, weißes Innenleder, zu erwerben.

Für ein Appel und ein Ei eigentlich aber damals war das schon eine Stange Geld, ich hätte es aber gehabt, gerade so.

Was habe ich gemacht? Die Vernunft hat gesiegt. 6,3 Liter Maschine mit Scoop..... der braucht eine eigene Tankstelle. Also habe ich das nicht gemacht.

Und heute könnte ich mich in den Hintern beißen (nebenbei, da wäre eine gute gymnastische Übung), dass ich das nicht gemacht habe. Wenigstens für 6 Monate das Ding über den Sommer fahren und dann wieder verhökern. Sch..... auf die Vernunft.

Es wäre ein Fehler gewesen, glasklar, aber was solls denn auch, das Erlebnis hätte ich als erlebt verbuchten können.

Und genauso meint der das.

Es gibt ja den hübschen Spruch für's Poesie-Album:

Es kommst nicht drauf an, dem Leben mehr Jahre zu geben,
sondern den Jahren mehr Leben

Ich frag mich rein praktisch, was geschehen wäre, wenn ich manches im Leben anders gemacht hätte. Das Leben ist von kleinen Zufällen geprägt, die mich zusammen erst an meinen jetzigen Wohnort verschlagen haben.

Und ich komme zu dem Schluss, dass mein Leben bei jeder anderen Entscheidung wahrscheinlich komplett anders verlaufen wäre. Wahrscheinlich hätte ich nicht dieselben Kinder und Freunde.

Da ist es kein Trost, dass ich dann vielleicht andere Kinder oder Freunde hätte. Ich will meine niemals verlieren! Daher bringen solche Fragen wenig. Viel wichtiger ist doch, was ich in Zukunft anders machen will.

Im Grunde hat man doch ein zweites Leben, das genau jetzt beginnt. DIe Zukunft.

Und ich hab noch einen hübschen Spruch:

Am Ende des Lebens bedauert man weniger das, was man getan hat
als vielmehr das, was man unterlassen hat

So, jetzt tue ich erst mal einkaufen gehen, ohne Nährwerttabelle,