Was ist so negativ an gendern?

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Die oft fehlende Barrierefreiheit. Durch Gendern wird die Lesbarkeit von Texten erschwert und damit Teile der Bevölkerung ausgeschlossen.

https://www.netz-barrierefrei.de/wordpress/gender-gerechte-sprache-und-barrierefreiheit/

https://www.dbsv.org/gendern.html

Dazu kommt, dass es indirekt aufgezwungen wird. Man bekommt schon stellenweise vermittelt, dass man rückständig ist und auf der falschen Seite steht, wenn man Gendern kritisiert.

Es fängt damit an, dass es ein Problem lösen soll, dass es so oder zumindest in diesem Ausmaß gar nicht gibt. Die Behauptung, dass Sprache Realität formen könne ist bereits mehr als fragwürdig. Ja, es gibt eine Tendenz, in bestimmten Kontexten eher an Männer zu denken, die gibt es aber völlig unabhängig von der Sprache. Auch in Sprachen die keinen Genus kennen, wird oft eher an Männer gedacht, etwa im Englischen. Realität formt Sprache und Denken, nicht umgekehrt. Darüberhinaus ist dieser Bias auch eher gering. Es gibt Untersuchungen, dass das generische Maskulinum gerade im Plural sehr gut generisch verstanden wird (>97%). In den psycholinguistischen Studien, die anderes beweisen sollen, wird oft unsauber gerbeitet, entweder indem dort Formulierungen gewählt wurden, die gar kein generisches Maskulinum sind oder in dem es so verwendet wurde, wie es im Sprachgebrauch niemand verwendet und verwenden würde. Denn natürlich wissen auch Autoren und Sprechende um die Ambivalenz des Maskulinums und formulieren gezielt so, dass es nicht zu Missverständnissen kommt, denn niemand möchte missverstanden werden. Und es ist nunmal so, dass niemand bei "Die Schüler haben heute hitzefrei" denkt, dass die Mädchen weiter die Schulbank drücken müssten. Das gibt der Kontext einfach nicht her. Wären es doch ungewöhnlicherweise nur die Jungen die frei hätten (warum auch immer), hätte man dies mit "die männlichen Schüler haben heute hitzefrei" zum Ausdruck gebracht. Sprache findet immer im Kontext statt und im Kontext hat das generische Maskulinum stets gut funktioniert. Wäre es anders, wäre es ja vor 20 Jahren dauernd zu Missverständissen gekommen.

Insgesamt muss man also feststellen, dass das Problem, dass das Gendern lösen soll, allenfalls gering nahe der Grenze zur Nichtexistenz ist.

Dafür kostet es uns aber unendlich viel:

  • es ist sexistisch, weil es das Geschlecht immer und in jedem Kontext betont, auch wo es überhaupt keine Rolle spielt. Wenn angeblich Sprache das Denken beeinflussen würde, dann würde das Gendern dazu führen, dass Männer und Frauen stets und überall nur in disjunkten Kategorien gedacht werden. Wo Frauen nur noch die beste Malerin aber nicht der beste Maler sein kann, wird die Diskriminierung allenfalls größer als kleiner.
  • Es ist gleich welche Form des Genderns man wählt unelegant, ineffizient und ineffektiv. Doppelformen blähen jeden Text mit den immer selben sich wiederholenden Buchstabenfolgen auf, bis auch der letzte in die Tischkante beißt, weil er sich denkt, ja, ich weiß dass es Autorinnen und Autoren gibt. Sonderzeichen in Wortmitte stören beim lesen, lassen sich kaum und nur unschön sprechen. Die Partizipformen funktionieren fast nie ("sitzende Laufende"), überschreiten oft die Grenze der Lächerlichkeit.
  • Es spaltet Gesellschaft und Geschlechter. Wir sehen eine AfD inzwischen als stärkste Kraft und das Gendern hat meines Erachtens auch dazu beigetragen. Wer nicht meine Sprache spricht, zu dem gehöre ich nicht, von dem entfremde ich mich. Für die Krise der Medien und der Politik war das Gendern Brandbeschleuniger.
  • Man hat es versucht mit Zwang den Menschen aufdrücken, von oben, über die Institutionen, über Leitfäden mit Zuckerbrot und Peitsche. Wer das nicht mitgemacht hat, wurde als rückständig diffamiert und ausgegrenzt. Die Menschen fanden das Gendern scheiße, haben sich aber nicht getraut, das zu sagen, weil sie danach zur Gleichstellungsbeauftragen zitiert wurden.

Es wäre schön, wenn die Protgonisten dieses Sprachunfalls endlich zur Vernunft kämen und einsehen, dass auch jahrelange Indoktrination in allen Medien und auf allen Kanälen nicht dazu geführt hat, dass die Menschen das Gendern akzeptiert hätten. Es hat die Grüne, Linke und SPD einfach soviel Sympathien gekostet.

Wenn man ewig mit Stimmungsmache gegen ein Thema bombardiert wird, übernimmt man schonmal diese Stimmung. Insbesondere dann, wenn man vom Thema keine große Ahnung hat. Da bilden sich Leute dann irgendwelche Zwänge oder Verurteilungen ein, die es so gar nicht gibt. Warum es diese Stimmungsmache gibt? Das wird wohl eine Mischung aus Konservatismus, Rechtspopulismus, Sprachpurismus, politischem Kalkül und Ablenkungsmanöver sein.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – forsche als promovierter Linguist zum Thema Gender & Sprache

bablbrabl123  27.04.2025, 09:33

Das stimmt sicher in vielen Fällen – aber ich glaube, der Kern des Problems liegt noch tiefer.

Viele Menschen reagieren auf das Thema Gendern nicht (nur), weil sie „konservativ“ oder „ungebildet“ wären, sondern weil sie spüren, dass es oft nicht aus echter Liebe, sondern aus Zwang, Schuldzuweisung oder politischem Druck heraus gefordert wird.

Wenn ich aus dem Herzen spreche, aus Liebe und Präsenz, dann ist mein Anliegen:

„Ich möchte, dass du dich gesehen fühlst.“

Nicht:

„Ich zwinge dich, so zu sprechen, sonst bist du ein schlechter Mensch.“

Das Ego streitet um Rechthaben, um Besser-Sein, um Kontrolle.

Das Sein fragt:

„Wie kann ich Verbindung schaffen?“

„Wie kann ich respektvoll sein, ohne den anderen zu bekämpfen?“

Ich glaube, die starke Ablehnung gegen das Gendern entsteht oft da, wo Menschen das Gefühl haben:„Hier wird nicht um Verständnis geworben, sondern mit moralischer Keule geschwungen.“Und Zwang erzeugt immer Gegendruck – selbst dann, wenn das Ziel eigentlich ein gutes wäre.

Liebe sieht den Menschen.

Ego will den Menschen „formen“.

Wenn Gendern aus echter Achtung kommt, berührt es das Herz.

Wenn es aus Ego, Machtspiel oder Schuldgefühl kommt, verschließt es die Herzen.

Das Problem ist also nicht das Gendern an sich – das Problem ist oft die Haltung, aus der heraus es geschieht.

Iino19986  27.04.2025, 08:46

Du verdienst durch deine Forschung damit ein haufen Geld deshalb dein pro dazu.

Adomox  27.04.2025, 08:47
@Iino19986

Was ein Unsinn. Erstens verdiene ich keinen "Haufen Geld" und zweitens werde ich für meine Tätigkeit in der Genderlinguistik überhaupt nicht bezahlt.

Iino19986  27.04.2025, 08:49
@Adomox

Es heißt ja alle Berufe sind wichtig. Aber bei diesem sehe ich den Sinn überhaupt nicht. Was ist da der Nutzen für die Gesellschaft? Da ist ein Dachdecker 1000 mal wichtiger.

Adomox  27.04.2025, 09:02
@Iino19986

Unsere tägliche Wissenschaftsfeindlichkeit gib uns heute. Aber ganz ehrlich: Wieso sollte man als Menschheit schon wissen wollen, wie Sprache funktioniert? Die ist ja völlig unwichtig, benutzt ja niemand.

Iino19986  27.04.2025, 09:05
@Adomox

Was ist der Nutzen für die Gesellschaft? Es gibt wichtigere Dinge wo geforscht werden muss.

Adomox  27.04.2025, 09:08
@Iino19986

Nun stell dir vor, dass Ergebnisse aus der Grundlagenforschung der Linguistik z.B. in der Logopädie, Sprach- und Sprechtherapie, bei der Diagnose verschiedener neurologischer Erkrankungen, beim Sprachunterricht, in der KI-Forschung, beim Bau von Sprachassistenzsystem, etc. Anwendung finden. Braucht das alles niemand?

Das Problem beim Thema „Gendern“ ist oft, dass es auf der Ebene des Egos diskutiert wird, nicht auf der Ebene des Seins.

Das Ego fragt: „Wer hat recht?“

„Wer darf bestimmen, wie gesprochen wird?“

„Was muss ich tun, um politisch korrekt zu sein oder um nicht angegriffen zu werden?“

Aber das Sein fragt:

„Wie kann ich sprachlich ausdrücken, dass jeder Mensch gesehen und gemeint ist – ohne Zwang, ohne Kampf, sondern aus Liebe und Respekt?“

Viele Menschen reagieren auf das Gendern so emotional, weil es oft nicht aus echter Liebe kommt, sondern aus Druck, Schuldzuweisungen, politischer Korrektheit.

Es geht dann nicht mehr um das Herz der Sache – nämlich Würde und Sichtbarkeit für alle –, sondern um Rechtfertigung, Rechthaberei und Kontrolle.

Wenn ich aber aus Liebe spreche, aus echtem Interesse am Menschen, dann muss ich nicht kämpfen. Dann sehe ich den anderen – egal, ob männlich, weiblich, divers – weil ich den Menschen sehe, nicht nur das Etikett.

Sprache kann hier ein Ausdruck der Liebe sein, wenn sie aus dem Sein kommt:

„Ich möchte, dass du dich gesehen fühlst.“

Aber Sprache wird zur Waffe, wenn sie aus dem Ego kommt:

„Ich bin der bessere Mensch, weil ich gendergerecht spreche, und du bist schlecht, wenn du es nicht tust.“

Die Ablehnung gegen das Gendern kommt also oft nicht, weil Menschen „böse“ sind oder niemanden respektieren wollen, sondern weil sie spüren:

„Hier wird etwas aufgezwungen – nicht aus Liebe, sondern aus Angst, Schuld oder Machtspielchen.“

Wahrheit aber ist nie Zwang. Liebe ist nie Druck.

Das gilt auch für Sprache.

Der Weg wäre also: Nicht kämpfen, nicht verordnen, sondern das Herz berühren.

Nicht sagen: „Du musst gendern, sonst bist du schlecht.“ Sondern: „Ich wünsche mir, dass alle sich angesprochen fühlen.“

Das Ego will gewinnen.

Das Sein will verbinden.

Es wird als ein Aufzwingen gesehen, dabei ist es das gar nicht. Das Thema wurde nicht von der Politik groß gemacht, sondern durch Social Media selbst. Wenn es kein Social Media gäbe, hätte ich von dem Thema Gendern in den Medien kaum etwas mitbekommen.

Es wurde ja schon immer gegendert, die meisten denken aber offensichtlich, dass Gendern nur die Schreibweise mit dem * oder : ist. Diese Schreibweisen sind aber nur eine verkürzte Schreibweise, um nicht beide Geschlechter explizit ansprechen zu müssen.

Selbstverständlich kann jeder weiterhin anstatt "Liebe Kund:innen" auch weiterhin "Liebe Kundinnen und Kunden" (Das ist ebenfalls Gendern) schreiben. Kein Arbeitgeber, der das Gendern vorschreibt, wird dies dann reklamieren. Zumal die Arbeitgeber das Gendern auch nicht vorschreiben, sondern nur empfehlen.