Was bedeutet Stolz für euch?

5 Antworten

Anknüpfend an die Antwort von OliverKrieger möchte ich zum Begriff des Thymos noch etwas ergänzen:

Peter Sloterdijk hat ein hervorragendes Buch zum Thymos geschrieben, Zorn und Zeit, wo er, soweit ich mich erinnere, auch für die positiven Seiten des Thymos plädiert, also der Lebenskraft, die im Zorn, dem Stolz, dem Streben nach Anerkennung und Überlegenheit, steckt. Sigmund Freuds Konzept von der Libido scheint mir damit verwandt.

Das ist die objektive Seite des Stolzes.

Subjektiv zeigt sich Stolz bei mir z.B. beim Stolz auf meine Kinder. Das ist ein Gefühl von Rührung, Freude und Bestätigung, dass man in der Erziehung doch nicht alles falsch gemacht hat.

lena1815 
Fragesteller
 01.01.2023, 22:00

Ah das Buch klingt interessant, werde ich mir merken. Danke :)

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Einmal war ich auf meinen Sohn stolz.

Als er mir von selbst ein Bier aus dem Keller geholt hatte.

Ich fühle sonst eigentlich wenig Stolz.

lena1815 
Fragesteller
 01.01.2023, 01:00

Wieso hast wenig stolz?

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Die antike griechische Philosophie vom Menschen unterschied zwischen Psyche/Seele (Psukhe), Vernunft/Geist (Noûs) und Stolz/Ehre/Wille (Thymos).

Diese Dreiheit von Gemüt, Wille und Intelligenz ist an sich nicht falsch, obwohl man sie weiter ausdifferenzieren könnte. Wenigstens ist hiermit aber bereits das Wichtigste gesagt :

Wir sind thymotische, also stolze, willensbeseelte, ehrende Lebewesen. Würde, Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit, Einwilligungsbedingungen, Verträge, Titel, sind allesamt Konzepte, die mit Stolz zusammenhängen.

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Dass wir thymotische Lebewesen sind, bedeutet, dass wir mit unserem Stolz umgehen können müssen. Wir müssen den thymotischen Exzess vermeiden, also den aggressiven, auf morbidem, wahnhaften Stolz beruhenden Nationalismus, Rassismus und Sexismus, sowie den naheliegenden Klassenkampf aus demselben Motiv. Außerdem müssen wir unser Leben würdevoll, und würdigend verbringen, d.h. wir dürfen nicht ins andere Extrem fallen, und zu Defätisten werden, also Stolz und Ehre verneinen, oder ignorieren.

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Stolz kann man auf alles sein, was ein gewisses Maß an Willens- und Handlungsfreiheit hat, d.h. man kann nicht nur stolz sein auf den Menschen, sondern auch stolz sein, auf ein Tier. Allerdings halte ich persönlich es für besser, würde der Mensch öfter stolz sein auf die Menschheit - nicht, weil der Mensch bisweilen kein Tier wäre, sondern, weil der Mensch sich nur auf diese Weise fortentwickeln kann.

Stolz ist bei mir auch immer mit Dankbarkeit vermischt, denn ohne die Hilfe anderer hätte ich meine Ziele nicht erreichen können.

Z.B. stolz darauf, zu ihren Lebzeiten die besten Eltern der Welt gehabt zu haben.

Oder trotz aller widrigen Umstände habe ich es geschafft, nach Israel auszuwandern und mich zu integrieren.

lena1815 
Fragesteller
 01.01.2023, 10:52

Was war für dich der Grund, nach Israel auszuwandern bzw wie konntest du das konsequent so wollen? Also hast du zwischendurch gezweifelt?

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AriRosh  01.01.2023, 13:03
@lena1815

Der Grund des Mamutumzuges war, zu viel nerviger Terror durch musl. Antisemiten. Es war ein Flucht-Umzug, der sich schnell als weise Entscheidung erwies.

Mich zu integrieren war zwar für mich Schwerstarbeit, aber durch Hilfe vieler Freunde konnte ich auch das -angeblich Unmögliche- realisieren.

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Stolz bin ich wenn, dann auf eigene Leistung.

Vielleicht noch auf Menschen, an deren Leistung ich irgendwie Anteil hatte.

Stolz bin ich definitiv nicht auf irgendeine Herkunft, die reinem Zufall unterlag.

Und nein, das habe ich eigentlich schon immer so gesehen.

Mein Alter kannst du an meinem Nick ersehen.