Warum wird Karl May seit seiner Lebenszeit schlecht gemacht?

3 Antworten

Dass er derart angegriffen wurde, ist mir neu.

Ich habe nur seine Wüstenromane gelesen und diejenigen, die in Afrika stattfanden, aber das ist länger her.

Ich kann nur sagen, dass ich sie als stilistisch hervorragend empfand.
Ich habe einen kleinen Wettbewerb mit mir gemacht und einige Passagen aus dem Kopf niedergeschrieben um seine Schreibe mit der meinen abzugleichen.
Ich habe jedesmal klar verloren, was die Prägnanz, Eleganz und Tonalität betraf.

Mich hat gestört, dass er der große Sieger war.
Danach gabe es die Überlegenheit seiner Familie, seines Landkreises, seines Bundeslandes. Deutschlands und dann Europas gegenüber dem Nahen Osten bzw. dem heutigen Osteuropa. Das Christentum war natürlich dem Islam überlegen.

Wer diese Kröte schluckte, fand seine Fantasie überwältigend, in der sein Held immer neue Abenteuer überstehen musste. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen sind so gut dargestellt, dass ich seinesgleichen heute nicht mehr finde.

Fantasie ist eine heute unterschätzte Eigenschaft.

Hessen001 
Fragesteller
 17.04.2023, 12:19

Natürlich wirken manche Stellen heute befremdlich. Man muss allerdings immer schauen, zu welcher Zeit und für welches Publikum, er die Geschichten schrieb (Biedermeier).

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Mir ist ganz neu, dass die DDR May als Rassisten verurteilt hätte. Das musst du mir erstmal zeigen, bevor ich das glaube.

Es gibt seit eh und je eine Kritik an May, die wesentlich substantiierter ist als das woke-ideologische Gequatsche, an dem du dich so aufgeilst.

May ist niemals da gewesen, worüber er geschrieben hat. Heute gilt das als normal. Du kannst dich "ARD-Korrespondent XY-Stadt" nennen, ohne dich da aufzuhalten, weil du Informationen aus dem Internet fischst.

Bis vor etwa 20 Jahren hatte man da aber andere Ansprüche. Man erwartete, dass jemand etwas, über das er berichtet, aus eigener Anschauung kennt. Und das ist bei May definitiv nicht der Fall gewesen.

Er hat Klischees über Indianer verwurstet. Und wenn auch am Ende etwas anderes herauskam als das, was die Rassisten der Zeit produziert haben, so sind es doch ebenso nur positiv gewendete Klischees. Ja, genau, du liest richtig. Zu Mays Lebzeiten war das Indianerbild, das er verbreitete, ausgesprochen indianerfreundlich. Und diese Klischees gab es damals genauso wie die Hetzstereotypen, die insbesondere US-Amerikaner brauchten, um ihre aggressive Siedlungspolitik zu rechtfertigen.

Natürlich hat das nichts mit den Woke-Freaks zu tun. Die lassen ja ausdrücklich nur positive Klischees zu und würden in keiner anderen Weise schreiben als May, nur eben ins 21. Jahrhundert upgedatet.

Aber es bleibt eben, dass May nur Klischees verwurstet hat und keinerlei Kenntnisse über das Objekt seiner Literatur hatte. May ist deswegen zwar nichts Gefährliches, aber es ist einfach nur billiger Kitsch.

In der DDR, in den 80ern, habe ich einen Großteil der Karl-May-Bücher gelesen. Von einer derartigen Hetze ist mir nichts bekannt. In den Kinos und im Fernsehen liefen die Filme. Im Gegenteil war das Teil jener Strömung, sich mit den Indianern "solidarisch" darzustellen. Wenn ich die Bücher heute nicht mehr lese, dann aus dem Grund, daß ich keinen Bedarf mehr hab.

Ich lese heute u. a. die Bücher von Frederik Hetmann, in denen man viele Informationen zur Ausbeutung/Ausrottung der sogenannten Indianer durch die weißen Siedler finden kann, wenn man nur will. Das ist wahrer Horror ...