Warum haben Tiere einen (komplett) einziehbaren Penis, Menschen jedoch nicht?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Bei den meisten Säugetieren ist der Penis nicht komplett einziehbar. Er wird meist von der Vorhaut, dem Praeputium, verdeckt, in den Körper selbst kann er aber nicht eingezogen werden. Das ist bei den Hoden übrigens ganz anders. Nicht alle Säugetier-Männchen haben ein Scrotum, also einen Hodensack. Bei vielen verbleiben die Hoden die meiste Zeit im Bauchraum und sind dann nur bei sexueller Aktivität außerhalb der Bauchhöhle.

Beim Menschen geschieht genau das gleiche wie bei den anderen Säugetieren auch, im unerregten Zustand wird die empfindliche Eichel durch das Praeputium geschützt, sofern die Vorhaut nicht beschnitten wurde. Dass andere Säugetiere ihren Penis nicht einziehen, sondern der Penis insbesondere im unerregten Zustand einfach sehr viel kleiner ist, kannst du z. B. bei männlichen Süd-Grünmeerkatzen (Chlorocebus pygerthyrus) erkennen, weil bei dieser Art das Scrotum auffällig blau, der Penis dagegen tiefrot gefärbt ist. (Siehe hierzu im Vergleich der Link im Anhang).
Trotzdem ist der menschliche Penis durchaus ein Kuriosum, denn er ist abnorm groß. Kaum in anderes Säugetier hat, in Relation zur Körpergröße, einen so verschwenderisch großen Penis wie ein Mann. Der durchschnittliche menschliche Penis ist 13.12 cm lang (Veale et al., 2015). Das ist geradezu verschwenderisch viel, denn alle anderen Primaten kommen mit deutlich weniger aus. Im Vergleich haben Menschen unter den Primaten den längsten Penis - und zwar sowohl absolut als auch in Relation zu ihrer Körpergröße (Parker & Jaffe, 2008). Zum Vergleich: bei Schimpansen ist ein Penis nur etwa 8 cm lang, beim Gorilla sind es sogar nur 4 cm. Für die Fortpflanzung würde auch uns Menschen ein Penis in dieser Größenordnung völlig ausreichen, trotzdem "leisten" wir uns den Luxus von vielen unnötigen Zentimetern. Warum ist das so?

Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass der menschliche Penis ganz einfach eine Signalfunktion erfüllt ganz ähnlich wie das Geweih eines Hirschs. Hirsche senden mit ihrem Geweih ein deutliches Signal an ihre männlichen Konkurrenten als auch an die Hirschkühe. Den Kontrahenten wird durch die Größe des Geweihs signalisiert: "Fordere mich lieber nicht heraus, ich bin stärker als du." Tatsächlich riskiert ein Herausforderer einen Kampf mit dem Platzhirsch nur dann, wenn er mindestens ein gleich großes Geweih hat und lässt sich besser nicht auf einen Kampf ein. Auch dem stärkeren Hirsch ist an der Vermeidung eines Kampfes gelegen, denn bei einem bereits im Voraus entschiedenen Kampf würden beide Seiten verlieren. Der Unterlegene, weil er sowieso nicht gewinnt und der Sieger, weil er wertvolle Energie in einen sinnlosen Kampf gesteckt hat, die beispielsweise in die Produktion von noch mehr Spermien hätte stecken können. Außerdem könnten sich beide beim Kampf verletzen. Den Weibchen signalisiert ein Hirsch mit seinem Geweih gleichzeitig, dass er gute Qualitäten als Vater hat und es sich lohnt, sich mit ihm zu paaren und keinem anderen Hirschbullen. Das alles funktioniert aber nur, solange das Signal ein ehrliches Signal (honest signal) ist. Es darf also keinen "betrügerischen" Hirsch geben, der sich ein viel zu großes Geweih zulegt und damit so tut als hätte er gute Qualitäten, die er in Wahrheit gar nicht besitzt. Genau so ein ehrliches Signal ist das Hirschgeweih, denn die Produktion eines Geweihs verlangt dem Hirsch jedes Jahr eine Menge an Ressourcen und Energie ab. Nur ein körperlich gesunder Hirsch in einem optimalen Ernährungszustand kann sich die Produktion eines Top-Geweihs leisten, ein kränkelnder und abgemagerter Hirsch mit einem schlechten Immunsystem kann sich dagegen nur die Produktion eines kleinen Geweihs leisten. Man braucht nun nicht viel Fantasie zu haben, um sich vorzustellen, dass die sexuelle Selektion dafür sorgen wird, dass Hirschkühe immer wieder Hirsche mit einem größeren Geweih bevorzugen werden, also wird das Geweih mit jeder Generation ein bisschen größer - bis der Hirsch irgendwann an die Grenze des physiologisch Möglichen gelangt und sein vermeintlicher Vorteil durch ein großes Geweih ins Gegenteil umschlägt. Ab einem gewissen Punkt müsste ein Hirsch schlicht zu viel Energie in ein noch größeres Geweih stecken und außerdem behindert ein zu großes Geweih, denn es wiegt viel und man kann damit überall hängen bleiben. Ab einem gewissen Schwellenwert sorgt also die natürliche Selektion dafür, dass das Geweih nicht noch größer wird.
Es ist denkbar, dass der Penis des Mannes genau die gleiche Schauwirkung besitzt wie das Hirschgeweih. Den anderen Männern signalisiert der große Penis: "Lass dich bloß nicht auf einen Wettkampf mit mir ein, du wirst sowieso buchstäblich den Kürzeren ziehen." Und den Frauen signalisiert ein großer Penis: "Schau nur, ich kann es mir leisten, einen großen Penis zu haben, also habe ich gute Gene und du solltest dich mit mir paaren." Abgesehen von dieser Schaufunktion bringt der Penis dem Mann aber keinen wirklichen Nutzen, genauso wie das Geweih des Hirsches im Grunde genommen ansonsten völlig nutzlos ist. Und genau wie beim Geweih stieße der Mann irgendwann an die Grenzen des physiologisch Machbaren. Ab einem gewissen Wert wäre der Penis schlichweg zu groß, er könnte gar nicht mehr in ausreichendem Maß mit Blut gefüllt werden und das verhinderte, dass der Penis in der Evolution nicht noch größer wurde.
Wie sieht es aber mit Belegen für diese Hypothese aus? Gorillas haben jedenfalls keinen so großen Penis. Erinnern wir uns, mit gerade einmal 4 cm ist er aus menschlicher Sicht lächerlich klein, dabei wiegt ein ausgewachsener Silberrücken gut und gerne 150 kg bis 160 kg. Aber ein Gorilla braucht auch gar keinen so großen Penis zu haben, denn Gorillas leben in Harems, in denen sich ohnehin fast nur der dominante Silberrücken mit "seinen" Weibchen paart. Konkurrenz mit anderen Gorilla-Männchen muss er nur insofern fürchten, dass er irgendwann physisch nicht mehr in der Lage ist, seinen Harem gegen andere Männchen zu verteidigen, er muss aber nie mit so großer Konkurrenz rechnen wie ein Hirsch oder wie ein früher Vertreter der menschlichen Entwicklungslinie. Höchstwahrscheinlich lebten die ersten Menschen in promiskuitiven Gesellschaften, in denen die Männer zueinander in große Konkurrenz traten. Erst später entwickelten sich dann die Monogamie (die allerdings auch nur in etwa 16 % der menschlichen Kulturen üblich ist) und Haremsgesellschaften (die immerhin in 83 % der menschlichen Gesellschaften vorherrschend ist, nur ein Prozent entfällt auf polyandrische Gesellschaften, d. h. eine Frau hat mehrere Männer).
Wenn der Penis wirklich eine Signalfunktion haben sollte, dann müsste man erwarten können, dass Frauen einen größeren Penis bevorzugen. Wollen wir die oben aufgestellte Hypothese testen, müssten wir deshalb herauszufinden versuchen, ob Frauen eine Präferenz für eine bestimmte Penisgröße haben und es wäre zu erwarten, dass Frauen dabei einen Penis bevorzugen, der größer als der Durchschnitt ist. Genau dies hat eine Studie untersucht, indem 75 Frauen aus 33 verschiedenen 3D-Modellen welchen Penis sie einerseits für ein kurzes Abenteuer über Nacht (einen One Night Stand) und andererseits für eine langjährige Partnerschaft bevorzugen würden. Das Ergebnis: sowohl für ein kurzess Abenteuer als auch in einer längeren Partnerschaft bevorzugten die Frauen einen Penis, der überdurchschnittlich proportioniert war (Prause et al., 2015). Diejenigen Männer, die von der Natur jedoch nicht mit einem besonders großen Penis gesegnet wurden, seien aber getröstet. In der Studie bevorzugten die Frauen nämlich Penes, die nur leicht über dem Durchschnitt lagen und glücklicherweise spielt bei der Partnerwahl viel mehr als nur die Penisgröße eine Rolle. Da der Mensch heute üblicherweise bekleidet ist und wir Partnerschaften eingehen, bevor die Frau das beste Stück des Mannes überhaupt zu Gesicht bekommt, ist die Penisgröße heutzutage sowieso ein völlig vernachlässigbares Kriterium.

Quellen

Parker, S. T., Jaffe, K. E. (2008). Darwin's Legacy: Scenarios in Human Evolution, AltaMira Press, Lanham

Prause, N., Park, J., Leung, S., Miller, G. (2015). Women's Preferences for Penis Size: A New Research Method Using Selection among 3D Models, PLoS One, 10(9): e0133079.

Veale, D., Miles, S., Bramley, S., Muir, G. and Hodsoll, J. (2015). Am I normal? A systematic review and construction of nomograms for flaccid and erect penis length and circumference in up to 15 521 men, BJU International, 115: S. 978–986.

Anhang

Geschlechtsorgane männlicher Südlicher Grünmeerkatzen:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/02/Chlorocebus_pygerythrus_3812.jpg

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/48/Black_faced_vervet_monkey.jpg

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a8/Chlorocebus-pygerythrus-private-parts.JPG

(alle Bilder von Wikimedia Commons, abgerufen am 19.12.2019)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

halten wir es kurz:
Willst du deinen Penis es wort wörtlich einziehen können?

Was meinst du denn mit einziehbar? Oder hab ich im Biologie unterricht wieder was verpasst? :D

Ich weiß nur, dass Menschen die einzigen Lebewesen sind, die für ihre Größe einen zu großen Penis haben und zu lange Sex haben. Genauso sind wir Frauen mit unseren regelmäßigen Blutungen besonders.

Was das alles für Vorteile bringt, weiß ich aber auch nicht genau. Vermutlich ist es Evolutionstechnisch einfach nicht von Nöten gewesen, den Penis einzuziehen, zumal dieser ja sowieso klein ist, wenn er nicht erregt ist.

Hackbaellchen99 
Fragesteller
 17.12.2019, 09:42
Was meinst du denn mit einziehbar?

Schau dir mal den Penis eines Schimpansen an.... Genau, nichts zu sehen, wenn er nicht erregt ist.

1
SweetDreamsAMOT  17.12.2019, 11:52
@Hackbaellchen99

Die Vorhaut gehört doch zum Penis, du meinst man sieht nicht die Eichel. Aber das ist doch bei den meisten Männern auch so.

2

Menschen kämpfen nicht um den Rang in der Herde oder um ihr Revier, daher ist die Verletzungsgefahr nicht gegeben.

Da diese bei Tieren gegeben ist, wird der Penis zum Schutz "eingefahren".