Warum funktioniert das Uhrenmacher Argument nicht?

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Das Argument funktioniert nicht, weil es einen ewigen Gott als Schöfper ausschließt.

Es basiert auf 2 Annahmen; (Das Universum ist komplex, nicht völlig zufällig und

(2) Komplexität und nicht zufällige Anordnunh sind Zustände, die erst hergestellt werden müssen.

Daraus ergibt sich: Das Universum wurde von einem "kosmischen Uhrmacher) (=Gott) erschaffen. Aber wenn Annahme 2 korrekt ist, muss Gott, der ja nicht zufällig, sondern komplex ist, ebenfalls geschaffen worden sein. Und sein Schöpfer ebenfalls... es fehlt also die Letztbegründung.

Nun wird mancher Gläubige behaupten, dass Gott ewig ist und keinen Schöpfer braucht. Das entkräftet aber Argument 2: Wenn es etwas gibt, das trotz Komplexität nicht hergestellt werden muss, so ist das Argument nicht mehr universell gültig und das Universum könnte auch ohne Gott komplex sein.

Das Uhrmacherargument scheitert also letztendlich an seiner Zirkularität. Man versucht nämlich, die Komplexität des Universums mit der Komplexität eines Schöpfers zu begründen. Nur hat der ja das gleiche Problem wie das Universum.

Neben den schon geäußerten Problemen mir dem Uhrmacher-Argument für Gott gibt es noch weitere. Die wird weniger häufig erwähnt, was ich erstaunlich finde.

Das Argument von William Paley beginnt in etwa so: »Stell‹ Dir vor, Du gehst am Strand spazieren und findest dort eine Uhr. Du bückst Dich und hebst die Uhr auf ...«

Die Frage ist: Warum hebt man die Uhr auf, und nicht die Muschel, die daneben liegt? Oder den toten Seestern? Beide sind auch komplex!

Der Grund ist einfach: Die Uhr ist so ungewöhnlich, dass sie einem am Strand sofort auffällt – selbst wenn man noch nie zuvor eine gesehen hat! Sie passt nicht dahin. Da sie von Menschen gemacht wurde, fällt sie auf. Selbst ein Fünfjähriger kann menschengemachtes von natürlichen Dingen unterscheiden. Das Argument behauptet aber, »eine Uhr sei analog so wie das Universum«. Aber das Universum ist natürlich, die Uhr wurde künstlich hergestellt. Falls der Mensch nicht die Natur imitiert – etwa bei Kunstblumen – kann man klar zwischen »natürlich« und »künstlich« unterscheiden. Wir können diese Unterscheidung so treffsicher machen, weil beides eben sehr unterschiedlich ist. Daher besteht die Analogie nicht, die Grundlage des Arguments ist falsch.

Es gibt aber eine Analogie in anderer Hinsicht, und die ist bezeichnend. Im Argument wird behauptet, dass die Uhr einen Designer habe. Das ist falsch. Es gibt nicht einen, es gibt tausende Designer von Uhren. Jeder Uhrendesigner geht so vor: Er nimmt ein bereits vorhandenes Design und ändert dieses ab, in der Hoffnung, für seine Vorstellung Käufer zu finden. Manchmal klappt das, meist jedoch nicht. So gab es mal Uhren, die die Zeit auf Knopfdruck digital anzeigten, oder in Form von Farben. Beides hat sich nicht durchgesetzt, dieses Design ist »ausgestorben«. Man könnte von den ersten Sonnenuhren bis zu den heutigen Smartwatches einen Entwicklungsstammbaum zeichnen, mitsamt den »toten Enden« der Gestaltung.

Alle Uhrendesigns sind in kleinen, oft winzigen Schritten, entstanden, auf der Basis von »Versuch und Irrtum«. Es lässt sich im Vorhinein oft schlecht abschätzen, welche Form auf dem Markt sich durchsetzen kann gegen die Konkurrenz. Werden sich Uhren mit 24-Stunden-Analog-Anzeige durchsetzen oder nicht? Man kann das schlecht vorhersagen.

Ganz gleich, was wir uns ansehen, was Menschen jemals produziert haben: Wir haben eine Entwicklungsgeschichte vor uns, bei der vorhandenes Design in kleinen Schritten, nach Versuch und Irrtum, verändert wurde.

Auch Autos sind so entstanden: Die ersten Autos sahen noch aus wie Pferdedroschken ohne Pferde. Man vergleiche dies mit der heutigen Form. Wir können nehmen was wir wollen – alles künstliche Design entstand in einer Geschichte, die sehr an die Evolution erinnert. Es gibt sogar verschiedene Nischen – ein Laster unterscheidet sich von einem Geländewagen, beide von einem Personenwagen, alle von einem Formel-1-Rennwagen etc. pp. Es gibt verschiedene Nischen. Niemand hat je »das Design des Autos« entworfen. Es gibt Generationen von Designern, die viel Arbeit in ihre Gestaltung investiert haben.

In der Natur finden wir dasselbe Bild: Kleinschrittige Änderungen an einem bestehenden Design, einiges setzt sich gegen die Konkurrenz durch, anderes nicht. Das gilt für die belebte Natur, wir finden es in etwas anderer Form auch bei unbelebten Dingen: Aus einer Wasserstoffwolke entwickeln sich Sterne, dann Galaxien, schließlich Planeten. Alles geschieht in teils gigantisch großen Zeiträumen.

Für alles gilt: Was existiert, ist Teil eines gigantischen, evolutiven Prozesses.

Für das Universum soll dann – so lautet das Argument – etwas vollkommen anderes gelten: Es soll von EINEM Designer in EINEM Guss gemacht worden sein. Das widerspricht zwar allem, was wir wissen, aber das stört die Gläubigen nicht. Sie haben noch nie über Design nachgedacht, wissen aber genau, wie das Design des Universums zustande kam! Glauben sie.

Woher kommt das »göttliche Design«, und wieso entstand ALLES in einem Entwicklungsprozess? Gäbe es diesen einen »Superdesigner«, so müsste er alles fertig so erschaffen haben, wie es heute ist.

Erschwerend kommt noch hinzu: Gott soll allwissend sein, behaupten die Gläubigen. War er das schon immer? Ja, Gott soll »SCHON IMMER« so gewesen sein. Er hat nie etwas dazugelernt. Er hat nie wirklich nachgedacht, jeder Gedanke, den er hat, muss er »schon immer« gewusst haben.

Woher kommt dann das Design? Gott hat es sich nicht ausgedacht, sondern es existierte – in allen Details – seit Ewigkeit. Es kann keinen Entwicklungsprozess geben, dieser widerspricht den grundlegenden Annahmen über Gott. Das Design kommt zu 100% »rein zufällig« aus dem Nichts. Wenn etwas keinen Ursprung hat, kommt es aus dem Nichts. Wenn es keine Entwicklung gibt, keine Änderung, und keinen Ursprung, so gibt es keine Ursache dafür. Das bezeichnen wir als »Zufall« im engeren Sinn: ein Geschehen ohne Ursache.

Gläubige werfen Atheisten gerne fälschlich vor, sie glaubten an eine »Entstehung des Universums durch Zufall aus dem Nichts«. Das stimmt zwar nicht, aber es trifft in Gänze für ihren Glauben an die Herkunft Gottes zu. Nur fehlt bei ihnen, was wir überall beobachten: Es gibt keinen Prozess. Es gibt nur fertige Endprodukte ohne Entwicklung. Woher kommt das Wissen, die Informationen, die in diesem Prozess stecken? Sie kommen aus dem Nichts, waren schon immer da, ohne Ursache, ohne Ursprung.

Das ist ein extrem starkes Argument GEGEN Gott.

Wie bei jedem Argument FÜR Gott: Denkt man eine Weile darüber nach, analysiert es genau, dann wird daraus ein Argument GEGEN Gott – immer. Gläubige sind zwar ebenso intelligent wie Nichtgläubige, sie nutzen ihre Intelligenz nur nicht, um über die Dinge tiefgreifend nachzudenken. Gott ist mehr so eine Art »verbales Stoppsignal«: Ab hier bitte nicht mehr weiterdenken! 

Alle kausalen Entwicklungen sollen letztlich auf ein »Etwas« ohne Ursprung, ohne Ursache, ohne Entwicklung, beruhen. Das ist ein Verstoß gegen das Kausalprinzip, das sie so gerne anführen.

Man muss nicht nur über die Konsequenzen, sondern auch über die Voraussetzungen des eigenen Denkens reflektieren. Das tun Gläubige nicht, wenn sie das Uhrmacher-Argument akzeptieren, statt es abzulehnen. Der Unterschied liegt nicht an der Intelligenz, sondern an der Denkweise, die unhinterfragbare Voraussetzungen an den Anfang stellt, statt darüber nachzudenken. Es ist ein Mangel an Willen, kein Mangel an Intelligenz.

Es gibt psychologische Gründe dafür, so zu denken. Es führt zu weit, dies hier auszuführen. Schmeichelhaft sind diese Gründe jedoch nicht, so viel sei gesagt.

Mit diesen beiden Gründen alleine ist das Argument komplett vernichtet. Nicht nur das, es erweist sich als Argument GEGEN Gott.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Hallo Tim826 :

die ganze Argumentation basiert aus meiner Sicht auf einem "rethorischen Gaukelspiel (Fake)", welches auf Seiten der (Hardcore-) Gläubigen, wie z.B. den "Kreationisten" bereits mit einer Unterstellung beginnt und deshalb mit dem Beweis dieser Unterstellung, also einem Selbstbeweis (Tautologie) versucht, den Eindruck von Schlüssigkeit zu erzeugen.

Diese Unterstellung besagt: Alles ist dem Grund seiner Wirkung nach deterministisch also ist auch der Grund seiner Existenz deterministisch.

Dabei wird - ganz im Sinne deterministischer Sichtweisen - dieser Determinismus als universelles Modell behauptet und die Grenze verwischt, die zwischen der Auswirkung eines konkreten "Etwas/Existierenden" (Entität/Dasein) in seinem Wirkungsgefüge mit anderen Entitäten und der Frage nach der Ursache bzw. dem Ursprung seiner Entstehung besteht (Unterschied von >Seiendem< und >Sein< in der Philosophie).

Und so erhält man, mir nix dir nix, mit stammtischmäßig generalisierender Lässigkeit ein Komplettmodell eines (deterministischen) Uhrwerks, frei nach dem Motto: "Wenn die Welt also ein Uhrwerk ist, dann muß die ein Uhrmacher gemacht haben. Wo sollen denn sonst die ganzen Zahnräder herkommen - die muß dann ja auch einer gemacht haben." :-D

Warum ist das so: Wir leben in einer Welt, in welcher Kausalität, also der Satz: "Keine Wirkung ohne Ursache" so eng zu unserer Alltagserfahrung gehört, dass dies auf dem Weg unserer evolutionären Geschichte zu einem fest verankerten psychologischen Filterparameter unserer Wahrnehmungsorganisation geworden ist.

Das sitzt so fest, dass selbst jemand wie Einstein Probleme hatte, die Gedanken der Quantenmechanik in deren in- / nicht-deterministische Implikationen auch nur ansatzweise an sich heran zu lassen. Sein entrüsteter Ausruf "Gott würfelt nicht" ist Legende.

Im Kern geht es eigentlich nur um die Frage, wie die Verteilung zwischen Determinismus und Indeterminismus, - also zwischen Kausalmechanik und zufallsgesteuerter Optionsoffenheit, beim unserem Verständnis der Organisationsformen und -ursachen unserer erfahrbaren und verstehbaren Welt mit wissenschaftlicher Qualität erfaßbar ist.

Also: Ja, unsere Welt ist in ihren - ich nenne es mal "Subroutinen" ihrer materiell basierten Organisation ein kausal, also deterministisch organisiertes Feedback-System von Ursache - Wirkung - Rückwirkung,- manchmal weniger, manchmal mehr komplex - bis hin zu chaotischen Systemphasen.

Die Frage nach dem Ursprung der Systemelemente vor der Ausformung ihrer Wirkungssysteme ist aber davon gar nicht berührt und auch heute noch ein Grenzbereich, der viele Grundlagenwissenschaftler in vielen wissenschaftlichen Bereichen Kopfzerbrechen bereitet und ein Ende dieses Kopfzerbrechens ist auch nicht abzusehen. Da muß man dann mal eine Wissensgrenze auch einfach mal hinnehmen und als solche stehen lassen. - Insbesondere unsicherheitsgeprägte Psychologien diverser Individuen scheinen diesen Zustand nur sehr schwer aushalten zu können und konstruieren sich in der Folge lieber eine "tröstliche Spekulation" mit rethorischen Taschenspielertricks. - Nun gut - wenn es sie beruhigt - ich gönne es Ihnen - solange sie sich nicht zu "Glaubenskriegern" entwickeln. - Der Rest der Menschheit muß sich im gelassenen Umgang mit dem Unbekannten trainieren und den einen oder anderen "Glaubenskrieger" dabei auf (geistiger) Distanz halten. Er hat die besseren Argumente auf seiner Seite. Denn da, wo Wissen zur Vernunft wird erkennt das Wissen in seiner selbstbezogenen Rationalität auch seine Grenzen und damit auch den Unterschied zwischen Wissen und Glauben. - Der >Vernünftige< muß sich nicht über die Grenze des Wissens in den Zustand der Gewißheit hinweglügen, nur damit es ihm besser geht - er kann auch mit Nicht-Wissen leben.

Gruß

Hallo Tim, von der Uhrmacher-Analogie gibt es viele Abwandlungen, mit vielen Kritikpunkten in Bezug auf den verwendeten Inhalt, daher werde ich die zwei offensichtlichsten Kritikpunkte beleuchten!

Die Verwender der Uhrmacher-Analogie gehen im großen und ganzen davon aus, dass eine Uhr/Smartphone/etc dem Universum oder vllt einer lebenden Zelle ähnlich sind, daher sei auch auszugehen, dass diese geschaffen sein müssten, da zB eine Uhr einen Uhrmacher braucht und ein Smartphone einen unterbezahlten chinesischen Mitarbeiter xD!

Der Fehler hier ist, dass wir Uhren alle von Geburt an kennen, das Universum kennen wir nicht, wir können also keinesfalls wissen, ob sich das Universum analog zur Uhr verhält, es wird von den Befürwortern der Analogie einfach behauptet!

Hier ein Beispiel, unter Löwen und Hauskatzen gibt es eine große Ähnlichkeit, eine der Eigenschaften des Löwen ist es laut brüllen zu können, nach der Logik der Uhrmacher-Analogie müsste also auch die Hauskatze brüllen können, ich als Katzenhalter kann dir eins mit Sicherheit sagen, Hauskatzen können sehr vieles was einem das Fragezeichen auf die Stirn treibt, das Brüllen können sie glücklicherweise nicht :D

Wie du siehst wird eine Eigenschaft des Löwen auf eine Katze übertragen, jedoch muss diese Übertragung keinesfalls zutreffend sein, genauso muss die Eigenschaft der Uhr (Entstehung durch einen Uhrmacher) keinesfalls für das Universum (Entstehung durch einen Gott) zutreffen!

Der weitere Kritikpunkt ist, dass Verwender des Arguments behaupten, komplexe Formen brauchen einen komplexeren Schöpfer, dadurch wird der komplexere Schöpfer selbst zu einer komplexen Form die eines noch komplexeren Schöpfers bedarf, sagen nun die Verwender des Arguments Gott brauche keinen Schöpfer, widersprechen sie ihrer Behauptung selbst, denn wenn es keinen noch komplexeren Schöpfer für den komplexeren Schöpfer braucht, bedeutet das, dass komplexe Formen auch keinen komplexeren Schöpfer brauchen!

Hier ist ein Video auf deutsch, in dem die Uhrmacher-Analogie sehr gut erklärt und widerlegt wird, indem aufgezeigt wird, dass es sich um einen Zirkelschluss handelt, du solltest zumindest die ersten 10 Minuten schauen, ich habe es noch nicht zuende gesehen!

https://youtu.be/jUn1l9NNBLE

Lg

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin atheistischer Jude.
Lazybear  24.08.2018, 13:12

ich habe das Video zuende geschaut und empfehle dir das gesamte Video, dort tauchen an weiteren Stellen Widerlege für die Uhrmacher-Analogie auf und es werden andere oft vertretene "Argumente" widerlegt, die dich interessieren könnten! Lg

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Hallo Tim,

ich habe den folgenden sehr ausfürlichen Artikel gefunden: de.m.wikipedia.org/wiki/Uhrmacher-Analogie

Die Analogie scheint ja bei einem konstruktiven Vorgang Intelligenz voauszusetzen (Bau einer Uhr). Abstrakter gesprochen: Zustandsänderungen besonders in Materie auf ein Ziel gerichtet.

Ein Uhrmacher ist selbst Materie, die organisiert fähig zur "Schöpfung" ist. Eine solche "Schöpfung" wäre motiviert - sei es, eine Uhr haben zu wollen oder so was den Menschen zu schenken.

Doch wer oder was hat den Schöpfer geschaffen? Diese Rekursion endet, wo man nicht mehr von einer Makroschöpfung (Uhr, Mensch in kreationistischer Anschauung) sprich, sondern von einem raum-, zeit- und so prozessfreien Sein ausgeht.

Diesem Sein kann man zwei Methoden zuordnen: Wirkung - engl. coming over als besserer Begriff, und Wahrnehmung - die Gegenrichtung. Inhalte seien keine übertragen.

Eine Wirkung kann die Gegenwart eines Konzepts sein, das zu einer Raumzeit gehört und dort Prozesse ermöglicht, die auf allen Ebenen schöpferisch aber auch destruktiv Zustandsänderungen bewirken. Das Konzept ließe sich physikalisch darstellen. Das Sein nicht mehr.

Die Raumzeit ist in Konsequenz eines Seins. Eine Uhr ist in Folge eines Prozesses, der ein Sein im Hintergrund haben mag oder auch nicht. Wir können ein Sein hinter dem Uhrmacher vermuten, wenn sich die Uhr jetzt als Inhalt der Methodik des Wirkens anschließt - konkret für andere Menschen ist.

Mit vielen lieben Grüßen

EarthCitizen

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Woher ich das weiß:Hobby
EarthCitizen20  24.08.2018, 06:11

Der Begriff Methode entstammt dem objektorientierten Software Design.

Der Begriff Sein erweitert das Monaden-Modell von Leibnitz.

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