War früher vieles besser?
Viele sagen „Früher war alles besser“ im Bezug auf die 80-90er
Wie seht ihr das? Wenn ich meinen Opa erzählen hör hab ich das Gefühl das er Recht hat.
Mich interessiert vor allem was die User dazu sagen die damals schon gelebt haben und einen Vergleich ziehen können (unabhängig vom persönlichen Wohlbefinden). Es geht um die Gesellschaft generell im Ganzen
Das Ergebnis basiert auf 29 Abstimmungen
15 Antworten
Das wichtigste hier ist ein psychologisches Phänomen. Viele Menschen glauben, früher sei es besser gewesen. Sie denken an ihre Jugend zurück als alles so leicht und problemlos war. Und heute? Die Kinder, der Job, die Rechnungen, Klimakrise, Krieg- wo steht einem der Kopf?
Doch es war früher nicht besser. Sie waren besser. Jünger. Naiver. Idealistischer. Gesünder.
Sie hatten keine Kinder um die sie sich kümmern mussten, keine Rechnungen, keinen Job. Sie brauchten noch keine Brille, hatten nicht Rücken. Sie haben sich nicht so stark für Politik interessiert.
Einige der ersten schriftlichen Dokumente der Menschheit sind von Leuten die sich darüber beschweren, dass es früher besser war.
Ich sage es nochmal: Es war nicht früher besser, die alte Leute waren früher besser- als sie noch jung waren.
Ich möchte nicht in der Welt der 1990'er leben. Ich möchte nicht Mal in der Welt von letzter Woche leben. Wir alle haben es in der Hand unser Leben und das unserer Mitmenschen zu verbessern. Sich in mythisch vergangene Zeiten zu träumen in denen das Leben besser gewesen sein soll ist da falsch und sinnlos.
Ich liebe den Schlusssatz aus "Sonnenallee". Der Erzähler und Protagonist sagt da: "Es gab ein Land (die DDR) und ich habe darin gelebt. Und wenn mich jemand fragt wie es war sage ich es war die schönste Zeit meines Lebens. Denn ich war jung und ich war verliebt."
Rein objektiv geht es den bei weitem meisten Menschen besser und der Trend weist seit Jahrhunderten (!) in die Richtung, dass es uns auch weiterhin besser gehen wird.
Wenn dich das Thema interessiert kann ich dir folgende Bücher empfehlen in dieser Reihenfolge zu lesen:
Zuerst:
Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist - Fang damit an wenn du alle lesen willst oder lies nur das wenn du nur eins von der Liste lesen möchtest
Von Steven Pinker- sehr ausführlich:
Gewalt- eine neue Geschichte der Menschheit
Aufklärung Jetzt!
Wenn du beide lesen möchtest lies "Gewalt" als erstes. Wenn du nur eins lesen möchtest lies "Aufklärung"
Mittelweg:
Wenn Ideen Sex haben - Ist detaillierter als Factfulness aber kurzweiliger als Steven Pinker
Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stimmung war positiver, die Bevölkerung noch etwas homogener, es gab gefühlt noch etwas mehr Anstand und Zusammenhalt. Es gab auch damals Hetzer und Idioten, aber sie hatten nicht soviel Macht, weil sie ihre Meinung nicht quer über die ganze Welt via Reddit, Twitter, Instagram, Tiktok und Co verbreiten konnten. Man führte noch mehr Unterhaltungen mit einander, auch mit spontanen Bekanntschaften und Fremden in der Öffentlichkeit, während heute jeder nur versucht, sich mit seinem Smartphone und Kopfhörern so gut wie möglich von der Außenwelt abzukapseln. Innerhalb der Familie saß man noch gemeinsam an einem Tisch zum Abendessen und gegessen wurde, was auf den Tisch kommt. Heute ist die Mama laktose-intolerant, der Vater braucht glutenfreie Nahrung, die Tochter isst nur vegan und der Sohnemann isst nicht bei Tisch, weil er sonst sein Fortnite für 10 Minuten verlassen müsste. Es war früher noch okay, fremden Frauen Komplimente zu machen und mal einen politisch inkorrekten Witz zu reißen, ohne dass jemand gleich "Diskriminierung" schrie. Es war noch nicht alles so extrem reguliert, man traute den Menschen noch mehr Eigenverantwortung zu. Heute braucht ja gefühlt jeder eine Anleitung dafür, wie man sich korrekt, rechtlich unbedenklich und ökologisch nachhaltig nach dem Kacken den Hintern putzt. Wenn man damals wo angerufen hat, dann wurde einem geholfen, heute musst du froh sein, wenn der Telefonsupport überhaupt einen deutschen Satz verstehen kann. Früher gab es einmalige Sportler, Kommentatoren, Fernseh- und Radiomoderatoren, die Ecken und Kanten und schrullige Charaktere hatten. Heute muss alles der selbe glatt gebügelte, nur-ja-nirgends-aneckende Einheitsbrei sein, weil sonst die vollkommen verweichlichten Zuseher einen Herzinfarkt bekommen, weil ihr Safe Space verletzt wurde. Früher waren sehr viele Jugendliche in alternativen Jugendkulturen wie Hippie, Punk, Grunge, Gothic, Rock und Metal und kämpften gegen den Kapitalismus und die Konsumgesellschaft, heute laufen die jungen Leute mit Klamotten von Gucci und Louis Vuitton rum, fressen den Großkonzernen aus der Hand und würden fürs neueste Smartphone ihre Seele verkaufen.
Also ich denke man liest es eh schon raus, es ist vor allem die weiter zugenommene Globalisierung, der weiter ausufernde Kapitalismus und die Digitalisierung, die ich im Vergleich zu früher traurig finde.
Ich hab mit meinen Freunden noch Staudämme im Bach gebaut an einem sommerlichen Wochenende, die Kids heute wollen am Wochenende mit dem Geld der Eltern shoppen gehen oder suchen sich Locations für ihr Fotoshooting, um sich anschließend von gesichtslosen Menschen aus der halben Welt Instagram-Likes als Ersatz für echte Gefühle abzuholen.
Kann den jungen Leuten nur wünschen, dass sie diese Tendenz irgendwann umkehren können. Denn sonst sieht das Leben der nächsten Generationen noch trostloser aus.
Ja, es war besser, die Menschen waren verbindlicher, zugewandter, weniger übergriffig, sie interessierten sich füreinander und nicht nur für das Handy, das heute zur Sucht geworden ist.
Die Musik war toll und vielseitig, handgemacht und die Kleidung individuell und nicht so 0815 wie sie es jetzt ist.
Die Zeiten waren weniger gehetzt und stressig.
Früher war es auch nicht besser. Es war anders und bestimmte Probleme gab es nicht. Dafür gab es aber andere Probleme, die damals aber auch nicht einfacher waren.
Früher war vieles anders. Was allerdings gleich geblieben ist ist das Gemaule darüber wie schlecht alles geworden ist und wie schrecklich die jungen Leute sind.
Die Herausforderungen heute sind andere als früher. In ein paar Jahrzehnten wird vielleicht 2023 für das goldene Zeitalter gehalten.
Ja, deswegen habe ich geschrieben „unabhängig von persönlichen Wohlergehen“, damit waren eben Sachen wie „früher war man gesund, heute hat man Rückenbeschwerden oder sitzt im Rollstuhl“ oder auch „früher hatte man mehr Freunde, heute ist man alleine“ gemeint. Die meisten können das aber vermutlich nicht ganz ausblenden und ziehen es in ihre Wertung mit ein und das ist finde ich auch verständlich