Wann lohnt es sich, ein Los zu kaufen?

5 Antworten

Der Begriff, den du hier suchst, ist der Erwartungswert: Gewinnwahrscheinlichkeit × Gewinnhöhe

Wenn der Erwartungswert größer als dein Lospreis ist, wirst du auf lange Sicht oder wenn du alle Lose kaufst gewinnen.

Aber wie der Kollege vor mir schon geschrieben hat: Kein Glücksspielbetreiber wird ein Glücksspiel anbieten, bei dem der Erwartungswert größer als der Lospreis ist, denn dann wird der Betreiber dabei verlieren. Und da der Betreiber die Regeln definiert, kann er das Spiel immer so gestalten, dass er dabei gewinnt.

indiachinacook  19.08.2018, 20:32

Lotterien mit positivem Erwartungswert für den Spieler sind historisch schon vorgekommen. Vgl. meine Antwort.

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(Leider hatte ich gerade einen 12stündigen Stromausfall, daher geht diese schon lange getippte Antwort verspätet online)

Deine Rechnung geht davon aus, daß sowohl Gesamtgewinnsumme als auch Ge­winn­­wahr­­schein­­lich­­keit beim Kauf be­kannt sind. Im Regelfall ist das nicht so, da man ja nicht weiß, wieviele andere Leute Lose kaufen. Die Abschätzungen über die Wahr­schein­lich­keiten werden also kom­pli­zier­ter. Es gibt aber einen anderen Weg zum Re­sul­tat, der oft ein­facher zu be­schrei­ten ist: Man schätzt ab, wieviel die Spieler ins­gesamt aus­geben (also Zahl der ver­kauf­ten Lose mal Preis) und die Lotto­gesell­schaft ins­gesamt aus­schüt­tet, und teilt die Dif­fe­renz auf die ein­zel­nen Spieler bzw. Lose auf.

Dabei ist es ziemlich offensichtlich, daß die Summe der ein­gezahl­ten Beträge aller Mit­spie­ler größer ist als die Summe aller Spieler­gewin­ne, sonst blie­be ja kein Geld, um den Ma­na­ger, den Vize­manager, die Geschäfts­führer, das Berater­gremi­um, den Aufsichtsrat und die Werbekampagne zu bezahlen.

Da nichts davon billig ist, besteht bei einer Lotteriegesellschaft offenbar grund­sätz­lich eine große Differenz zwischen Einnahmen und Ausschüttungen, und für jeden Mit­spieler ergibt sich ein negativer Erwartungswert. Deshalb nennt man diese Unter­nehmun­gen im Volksmund auch oft „Deppensteuer“. Es gibt also nur drei mög­liche Grün­de, mit­zu­spie­len: Ent­weder man glaubt ir­riger­wei­se an die eige­ne Ex­zep­tio­nali­tät, die es mög­lich macht zu ge­win­nen, wäh­rend die an­de­ren ver­lie­ren. Oder man will Geld loswerden („Der Arzt hat mir empfohlen, keine schweren Geldbörsen zu tragen“). Oder man kann nicht rechnen.

Letzteres, der sogenannte Zahlenanalphabetismus, wird von vielen, darunter so­gar ein paar Philosophen, für den gesunden Normal­zustand des H. sapiens ge­hal­ten. Man­che gegen sogar so weit, in jedem, der rechnen kann, eine Art Un­mensch zu sehen, der sich dem Zyklus von Trial, Error und Desperation entzieht, niemals den Wert der conditio humana erkennt und damit zu einer Art sozial privi­legier­ter aber emo­tio­nal ver­küm­mer­ter Elite gehört. Da­bei wird aller­dings über­se­hen, daß Mathe­matik­kennt­nisse das genaue Gegen­­teil von „elitär“ sind, kann sie doch jeder un­abhän­gig von Ge­schlecht, so­zia­­ler Her­­kunft, sexu­el­ler Orien­tie­rung und Körb­chen­größe zu den­sel­ben Be­din­gun­gen wie alle an­de­ren er­ler­nen, nämlich in der Schule zum Null­tarif und zur großen Freu­de der ten­den­ziell frus­trier­ten Mathematiklehrer.

Ein „berechnender Charakter“ ist das Gegenteil eines „trotteligen Charakters“ und daher ein wünschenswertes Attribut. Traditionelle Ethik sieht das anders (wahr­schein­lich, weil Trottel eine ganze Menge leichter zu regieren sind), und dazu will ich den Kreis schließend ein historisches Beispiel geben.

1827 erkannte ein junger und eher mittelloser aber dafür denkfähiger Mathemati­ker namens La Condamine in Frankreich, daß eine staatliche Lotterie einen Fehler ent­hielt, der es den Spielern möglich machte, systematisch zu gewinnen. Zu­sam­men mit einem etwas älteren, ge­richts­bekann­ten und finan­ziell eben­so an­geschla­ge­nen, aber auch ebenso brillan­ten Typen namens Voltaire gründete er eine Spie­ler­gemein­schaft, um zu ver­­hin­­dern, daß der Staat den Braten recht­zeitig riecht und die Re­geln während des Spiels ändert. Die bei­den setz­ten ge­­liehe­­nes Geld, und ihre Rech­­nung ging auf: Beide machten ein Ver­mö­gen da­bei, das sie le­bens­­lang vom Zwang zur Er­werbs­­arbeit be­frei­te und es ih­nen er­mög­lich­te, zu tun, was sie am besten konnten: La Condamine betrieb natur­wissen­schaft­liche und geo­graphi­sche Feld­for­schung in Süd­ameri­ka, und Voltaire schrieb sehr lesens­werte Dramen und Essays.

Praktisch jedes Buch, das diesen Vorfall beschreibt, nennt die Handlungsweise un­se­rer bei­den Helden „Betrug“. Und nun die große Frage: WARUM? Was ist ver­werf­lich daran, Lotto zu genau den Bedingungen zu spielen, wie sie von der Lotto­gesell­schaft vorgegeben sind? Die Lottogesellschaft macht die Regeln mit dem Ziel, an den Spielern ins­gesamt zu ver­dienen, und das gilt als ethisch OK. Die bei­den jun­gen Herren erkannten in den von anderen geschrieben Regeln eine Mög­lich­keit, die sie zum eige­nen Vor­teil nutzen konnten, und taten das dann auch. Wen haben sie be­trogen? Die Lotto­gesell­schaft (in diesem Fall eigentlich der fran­zö­si­sche Staat), deren Ge­schäfts­modell das Ab­zocken ihrer eigenen Kunden ist und die ein­fach nur zu blöd war, dieses Ge­schäfts­­modell korrekt zu imple­men­tie­ren? Oder haben sie die Mitspieler betrogen? Nein, die spielten und gewannen oder ver­lo­ren genau zu den fest­gesetz­ten Regeln, wonach jedes Los dieselbe Ge­winn­wahr­schein­lich­keit hat.

Es würde mich wirklich interessieren, warum jemand, der rational handelt, als Be­trüger verunglimpft wird, während alle, die nichts denken, sich des Mitgefühls und der Sympathie alle Mathe­matik­analpha­beten (also, der großen Mehrheit) sicher sein kön­nen (als Arbeits­hypo­these sehe ich den soli­dari­schen Neid der Besitz- bzw. Ideenlosen).

Deshalb ist es ein Glücksspiel. Bei keinem Glücksspiel wird der Gewinn größer sein als alle Einsätze die statistisch für einen Gewinn nötig sind. Warum? Weil dann niemand (als Bank) auf lange Sicht Geld mit Glücksspiel verdienen könnte.

Warum wird trotzdem gespielt? Ich nehme jetzt dein Beispiel: Weil ich mit dem Einsatz von 1€ 100.000.000€ gewinnen kann - mein Gewinn wäre dann 99.999.999 €.

Niemand spielt Lotterie weil er sich denkt "Hey, wenn ich 100.000.000 Lose kaufe, dann gewinne ich." Sondern weil man hofft, dass man mit ein paar wenigen Losen einen Treffer landet.

Demonoschwili 
Fragesteller
 19.08.2018, 07:59

aber angenommen man täte das

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5432112345  19.08.2018, 08:04
@Demonoschwili

Man täte was? So viele Lose kaufen, dass man statistisch nur gewinnen kann? Dann würde man bei jedem Glücksspiel Geld verlieren. Ich weiß nicht worauf du eigentlich hinaus willst...

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indiachinacook  19.08.2018, 20:31

Es ist historisch schon vorgekommen (vgl. eine Antwort).

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so wird sich nichts lohnen, denn jeder lotteriebetreiber will auf lange sicht gewinnen. die mitspieler spielen mit weil sie nicht denken dass sie durchschnittlich abschneiden, sondern sie denken, sie ziehen gleich ohne großen aufwand den hauptgewinn .

Der Erwarungswert in Geld ist also normal negativ. Trotzdem spielen Leute mit :-) was für ne Überraschung.

Philosophisch musst du die Relevanz höher ansetzen als es der weltliche Wert ist. Also es ist für dich von höherer Relevanz 100 Millionen Euro zu gewinnen als für 10 Millionen Spieler je 10 Euro zu gewinnen. So in etwa könnte man es erklären.

Das hat nicht viel mit Philosophie zu tun. Vielleicht solltest du ein anderes Thema für die Arbeit nutzen. Sollte es doch für Philosophie sein, so würde ich die Rechnung auslassen:

Angenommen es gibt ein Glücksspiel, welches sich nicht lohnt, ...

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich studiere beides.