Veganismus: muss ich Angst vor Mobbing haben?
Ich bin Veganer (seit 10 Jahren) und rede nicht darüber. Ich habe Angst vor Mobbing, weil ich das schon erlebt habe. Meine Geschichte dazu:
Vor zweieinhalb Jahren habe ich eine neue Stelle bekommen. Die Karten standen schlecht, weil ich nicht offiziell dafür qualifiziert war. Ich tat mir schon beim Arbeiten schwer, weshalb mich viele nicht mochten.
Während der mittagspause erzählte mir ein Kollege, dass er mit seiner Frau regelmäßig Tansania fährt und Antilopen schießt. Ich meinte dann, dass ich damit nichts anfangen kann & ich Tiere sehr liebe. So sehr, dass ich sogar vegan lebe. Der Kollege stellte mir dann von sich aus einige Fragen und wir haben uns 5 bis wirklich maximal 10 Minuten darüber unterhalten, ohne dass ich irgendwie unhöflich war. Am nächsten Tag hat mich dann mein Chef zu sich aufs Büro gerufen & meinte, dass ich nicht während der Arbeit so viel über Ernährung reden soll. Auf meine Frage hin, wann ich denn noch über das Thema geredet habe, meinte er: jetzt redest du gerade viel!
In den folgewochen erzählte besagter Kollege allen möglichen Leuten, dass ich vegan lebe. Die Leute stellten mir schikanierende Fragen um mich zu dem Thema zu zwingen. Man gab mir sogar diffamierende Spitznamen. Ich kündigte!
Klugerweise beschloss ich nie wieder das irgendjemanden zu erzählen, es sei denn er gehört zu meinem engsten freundes- oder familienkreis. Mittlerweile habe ich auch eine neue Arbeit, wo ich mich wirklich gut fühle. Meine Kollegen sind auch sehr nett und meine Arbeit läuft, sogar mit einem Lob von meiner Chefin. Das Thema Veganismus konnte ich bis jetzt immer umschiffen, selbst wenn ich mal mit Kollegen weggegangen bin.
Jetzt folgende Situation: mir ist neulich rausgerutscht vor einem Kollegen, dass ich Veganer bin. Wir hatten betriebsfest und es gab Kuchen. Er wollte wissen, warum ich kaum etwas von irgendeinem Kuchen probiere. Ich hätte sagen sollen, dass ich mich speziell ernähre oder einfach keinen Hunger habe. Oder einfach daran anknüpfen, dass ich die Woche vorher krank war. Ich wollte es nur kurz erwähnen, aber er hat das Thema interessiert aufgegriffen. Wobei er höflich war und meinen Lebensstil gelobt hat.
Trotzdem fühle ich mich schon den ganzen Tag mulmig. Ich habe sehr große Angst, dass wieder das Mobbing losgeht. Muss ich mich fürchten? Was kann ich tun? Und wie geht ihr anderen veganen damit um? habt ihr auch schon Mobbing erlebt deswegen?
10 Antworten
Hallo,
Das ist keine Entschuldigung, aber vielleicht eine Erklärung: es gibt Menschen, die irgendwelche schlechten Erfahrungen gemacht haben mit anderen, die vielleicht einer anderen Ethnie angehören, eine andere sexuelle Orientierung haben, oder auch sich anders ernähren. Manche sind dann nicht in der Lage, zu differenzieren und projizieren diese schlechten Erfahrungen auf alle, die zu der, wie auch immer "anders" gearteten Gruppe gehören.
Dann gibt es bei den Menschen immer solche und solche - und zwar auf allen Seiten! Leider sind die solchen halt die, die mit unendlichen Selbstbewusstsein die eigene Gruppe für die alleinseligmachende halten, und glauben, alle anderen entweder zu missionieren und überzeugen, oder auszugrenzen, zu diffamieren und beschimpfen zu müssen. Vielleicht finden sich ja auch in den Antworten auf deine Frage Beispiele solcher Typen auf der einen oder anderen Seite. Sie sind zum Glück nicht die Mehrheit, aber halt sehr lautstark und oft die Ursache der anfangs erwähnten schlechten Erfahrungen.
Bitte versuche, es besser zu machen und zu differenzieren, trotz der schlechten Erfahrungen an deiner vorherigen Arbeitsstelle! Nein, wir Fleischesser sind durchaus nicht alle so, und umgekehrt scheint es für dich ja auch nicht ausgeschlossen, mit Menschen einen ganz normalen Umgang zu pflegen, auch wenn diese gelegentlich tierische Produkte zu sich nehmen.
Ich selbst esse Fleisch, versuche das zu minimieren, und wenn, dann muss es aus für mich vertretbaren Quellen kommen. Als Förster bin ich auch Jäger und weiß, dass die Jagd hier bei uns eine Notwendigkeit ist - über die Antilopenjagd in Tansania kann ich allerdings nicht viel sagen, da kenne ich mich nicht aus! Teil meines Jobs ist auch die Ausbildung von zB Forststudent*innen, die bei mir ein Praktikum absolvieren können. Eine ehemalige Praktikantin ernährte und ernährt sich vegan. Wenn man immer zu zweit den ganzen Arbeitstag verbringt und mittags gemeinsam die jeweils mitgebrachte Brotzeit verzehrt, dann wird das schnell zum Thema. Wir hatten in dieser Zeit für mich hochinteressante Gespräche, in denen ich viel erfahren und gelernt habe: dass man beim Backen Eier teilweise durch überreife Bananen ersetzen kann, über die Notwendigkeit der Supplementierung von Vitamin B12,... Ihre Gründe für ihre Ernährungsweise kenne ich. Ich kann - und muss! - sie nicht komplett verstehen und für absolut richtig halten. Das ist so unter Freunden, dass es auch Bereiche geben kann, in denen man unterschiedliche Ansichten vertritt!
Darüber reden ist das eine, das ist normal. Als gut meinender Kollege und Chef weiss ich auch, wer wo in Urlaub ist oder krank mit Corona zuhause im Bett liegt.
Deine negative Erfahrung lässt sich somit auf Deinen Chef eingrenzen. Falls er das wirklich so gesagt hat, ist er die absolute Ausnahme. Ich hatte schon vor 30 Jahren mit veganen Kollegen zu tun und NIE ( ! ) ist jemand deswegen zum Gespräch gebeten oder ausgegrenzt worden. Du hattest mit dieser Firma einfach nur Pech.
Immer mehr Unternehmen haben Leitlinien, die auch öffentlich einsehbar sind. Es gibt das AGG ( allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ), auf das Du Dich sogar berufen kannst. Besser bekannt als Antidiskriminierungsgesetz, nach dem alle Menschen ungeachtet der Hautfarbe, des Glaubens, der sexuellen Einstellung.... und so weiter, Du kennst das bestimmt.
Wenn man gefragt wird, sollte man immer - ehrlich - die Wahrheit sagen...
Ich würde dir raten, mit besagtem Kollegen zu sprechen - lege die Karten offen und ehrlich auf den Tisch !
Ist er ein guter Kollege, wird er nicht versuchen, dich über den - sprichwörtlichen - Tisch zu ziehen...
Ich wünsche dir viel Erfolg - und Glück an deinem neuen Arbeitsplatz ! ;)
Die Leute haben die vermutlich nicht wegen deiner veganen Lebensweise gemobbt, sondern nur einen Grund gesucht, das zu tun, weil sie dich nicht mochten. Wenn deine neuen Kollegen dich mögen, musst du dir da keine großen Sorgen machen.
Bist du vielleicht einfach nur super dünnhäutig? Also so jemand, der sich beleidigt fühlt weil irgendwer seinen Nachbarn 3 Häuser weiter beleidigt hat, er das aber irgendwie auch auf sich beziehen kann?
Ansonsten kenne ich es gerne und oft von Veganern, das die über ihren (natürlich alleinseligmachenden) Lebensstil predigen wann immer sie können und auch nicht mit Verallgemeinerungen hinterm Berg halten oder damit, jeden, der gute Tierhaltung aktiv unterstützt der Lüge zu bezichtigen. Kommt auch und grade hier sowie auf fb immerwieder vor.
Durch dieses Verhalten können viele ihren Brechreiz nur noch schwer unterdrücken wenn jemand sagt, das er vegan lebt. Das ist so nicht korrekt und ziemlich traurig aber ich erwische misch auch selbst dabei.
Gründu für Mobbing finden sich immer, wenn jemand sucht! Ich wurde in meiner Schulzeit gemobbt (das Wort gabs aber noch nicht) weil ich zu weiß, zu dünn und zu flach war. Andere warenn zu dick, zu kurvig, zu dunkel, in der selben Klasse.
Während meiner langen Arbeitsjahre wurde ich häufig gefragt, warum ich denn dies und Jenes nicht esse - vorwiegend auf Festen, Feiern und Grillevents...
Warum sollte ich lügen - und "Fake-News" vorbringen ala
Ich habe eine Allergie, Unverträglichkeit etc...?
Ich käme mir schäbig vor - und als "Duckmäuser" !
Nicht einmal habe ich eine unschöne Diskussion erleben müssen - im Gegenteil werden mir meine mitgebrachten veganen Schmackos regelrecht aus den Händen gerissen (weil voll lecker) ! ;)
Ich behaupte, dass im anonymen Raum des Internets ein Großteil - quasi - durchseucht ist von antiveganer Hetze und Häme...
Es ist aber immer leichter, den Buhmann in den Reihen der "Veganisten" zu suchen - ehrlicher ist es aber nicht !